„So wird das nix“

Absurde Förderungen und die Unfähigkeit, sich eine bessere Zukunft vorzustellen: Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin des Verbands Erneuerbare Energie Österreich, erklärt im Interview, warum wir von Öl, Kohle und Gas nicht loskommen.

Luftaufnahme vom Tagebau für den Abbau von Braunkohle.
Tagebau für Braunkohle in der Nähe von Hambach, im Abbaugebiet Garzweiler. © Getty Images

Die Technologien sind da, sie sind viel billiger als Öl, Kohle oder Gas und die Zeit drängt: Eine sofortige Abkehr von fossilen Energieträgern ist notwendig, um zu verhindern, dass das Weltklima kippt. Dennoch kommt die Energiewende nirgendwo in Europa richtig vom Fleck. Warum ist das so? Martina Prechtl-Grundnig ist Geschäftsführerin des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) und erläutert im Interview, was die Wende bremst.

Wie sehen Sie den aktuellen Stand der Energiewende in Österreich?

Martina Prechtl-Grundnig: Die ständigen, lautstarken Lippenbekenntnisse übertönen die Tatsache, dass in Wahrheit viel zu wenig passiert. So wird das nix. Seit dem 24. Februar wurde auf Bundesebene kein Gesetz zur Beschleunigung der Energiewende verabschiedet. Auch wenn der Bundeskanzler und die Klimaschutzministerin die Wichtigkeit der Klimawende stets betonen, befinden sich notwendige Gesetzesvorhaben wie Energieeffizienz-Gesetz, Klimaschutz-Gesetz, Grüngas-Gesetz und UVP-Gesetz teilweise fertig in irgendwelchen Schubladen oder sind in Begutachtung. Beide Regierungspartner sind hier in der Verantwortung. Die Zeit drängt in vielerlei Hinsicht und es wird einfach viel zu wenig auf den Boden gebracht. Wenn man den Dingen auf den Grund geht, kommt man zu einem wesentlichen Problempunkt, und das sind die Länder. Der Bund hat zwar die Kompetenz der Grundsatzgesetzgebung, die Umsetzung der Ziele ist jedoch Ländersache. In Sachen Energiewende stellt der Föderalismus ein echtes Problem dar. Gerade einmal das Burgenland hat heuer ein Beschleunigungspaket beschlossen.

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Was muss sich ändern, um die Dinge zu beschleunigen?

Die Energiewende muss als großes gemeinsames Projekt betrachtet werden. Ja, es gibt Probleme und Hürden. Aber wer hätte gedacht, dass acht Jahre nach dem Versprechen Kennedys (in einer Rede im Mai 1961 kündigte der amerikanische Präsident John F. Kennedy die Mondlandung an – Anmerk.) tatsächlich der erste Mensch den Mond betritt? Wir brauchen den Geist einer nationalen, konzertierten Anstrengung. Aber davon sind wir leider derzeit weit entfernt. Die Infrastruktur ist zweifellos ein Flaschenhals in der Umsetzung. Sie muss vorausschauend auf des Ziel der Klimaneutralität geplant und errichtet werden. Und letztlich wird auch viel davon abhängen, ob genügend qualifizierte Arbeitskräfte verfügbar sind.

Können Sie erklären, warum 2022 ein Elektroauto, das Strom verbraucht, mit mehr Geld subventioniert wird, als eine PV-Anlage mit Batteriespeicher, die Strom ausreichend für ein Einfamilienhaus produziert?

In gewisser Weise hat uns die Zeit überholt, was jetzt zu Absurditäten führt. Die heutige Situation des ökonomischen Drucks hatte niemand auf dem Radar. In der Vergangenheit gab es stets Diskussionen um Erneuerbaren-Förderdeckel – bei den aktuellen Energiekosten ist die Deckeldiskussion völlig absurd. Erneuerbare sind die günstigere und preisstabilere Energie und der Ausbau der Erneuerbaren muss somit als wichtigste Maßnahme zur Stabilisierung von Energiepreisen gesehen werden. Der Ausbau ist bisher viel zu langsam passiert. Jetzt können wir die Themen gar nicht in der Geschwindigkeit abarbeiten, die eigentlich notwendig wäre.

Portrait von Martina Precht-Grundnig.
Martina Precht-Grundnig ist die Geschäftsführerin des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich. © Erneuerbare Energie Österreich

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