Das Auto wird wieder Luxus

Der Entschluss der EU, bis 2035 das Verbrenner-Aus zu forcieren, ist so unpragmatisch wie realitätsfern. Er wird sich als tragische Entscheidung für Europa erweisen. Ein Kommentar.

1958 Plymouth Belvedere neben Windkraftanlagen in den USA, 2000
Alt trifft Neu: ein 1958 Plymouth Belvedere vor Windkraftanlagen in den USA, 2000. © Getty Images

Mit dem Abgas-Skandal ist die Autoindustrie moralisch und argumentativ ins Hintertreffen geraten. Und spätestens seit damals zählen bei politischen Entscheidungen nicht technische oder ökologische Fakten, sondern pure politische Demagogie und Populismus.

Mehr im Dossier Verbrenner-Verbot

Die Statistiken besagen, dass der Einfluss des europäischen Pkw-Verkehrs auf das Weltklima verschwindend gering ist. Zusätzlich zeigen Umfragen, dass die Wähler offenbar mehr Durchblick als die Politik haben. Denn die große Mehrheit der Europäer, Amerikaner, Chinesen würden lieber weiterhin Verbrenner kaufen, wie eine weltweite Deloitte-Studie zeigt. Sich nur auf eine Technologie festzulegen, entspricht einer politischen Planwirtschaft und widerspricht allen demokratischen Regeln.

Für die meisten nicht NGO-gesteuerten Wissenschaftler lautet das Credo: Vor einer Mobilitätswende muss eine Energiewende stehen. Das ist nur logisch. Auch ohne den per Verbrenner-Verbot verursachten zusätzlichen Strombedarf gestaltet sich die Abkehr von fossilen Energieimporten und der Ausbau der Infrastruktur schwierig genug.

Im Grunde ist die Situation absurd. Wir wissen derzeit nicht, woher der zusätzliche Strom kommen soll, trotzdem fördert der Staat Elektroautos mit gewaltigen Summen, statt sich zuerst um die Infrastruktur zu kümmern. Darüber hinaus führt das Verbrenner-Aus zur massenhaften Vernichtung von hochqualifizierten Arbeitsplätzen.

Verlustrechnung E-Auto

Während die Kunden gezwungen werden aus dem Flugzeug zu springen, ohne zu wissen, ob der Fallschirm funktioniert, haben sich die Hersteller inzwischen mit der Situation arrangiert. Für sie verlagert sich nun eben ein weiterer Teil des Geschäfts nach Asien. Anfangs hielten sie noch mit den Grenzen der technischen Möglichkeiten dagegen. Aber zu groß war der Vertrauensverlust in der Politik, zu schön die Steilvorlage für alle Öko-Lobbyisten.

Die stichhaltigen Argumente, welche Probleme eine radikale Mobilitätswende für Wirtschaft, Infrastruktur und Ressourcen bedeuten, werden bis heute einfach vom Tisch gewischt. Es herrscht der politische Glaube vor, dass sich alles schon irgendwie ausgehen werde.

Jedes Elektroauto kostet den deutschen Staat mehr als 20.000 Euro – wegen der Förderung und entgangenen Steuern.

Die Kunden lassen sich nur langsam und vor allem mit massiven Fördermaßnahmen überzeugen. Die Deutsche Bank hat errechnet, dass dem deutschen Staat jedes verkaufte Elektroauto mehr als 20.000 Euro kostet – wegen der Förderung und entgangenen Steuern. In Österreich dürfte die Summe durch die entfallende Normverbrauchsabgabe (NoVA) noch deutlich höher liegen.

Verbrenner-Aus: Autofahren wird Privileg

Außerdem werden durch das EU-Regelwerk, das E-Autos prinzipiell Zero-Emissionen zuerkennt, komplexe Plug-In-Hybrid-Antriebe billiger als das gleiche Modell mit herkömmlichem Verbrennungsmotor. Durch zusätzliche Unternehmensförderungen werden Elektroautos mit viel Steuergeld in den Markt gepresst. Im Grunde wird dabei aber eine soziale Schieflage gefördert: denn vorläufig können sich nur gehobene Einkommensschichten ein Elektroauto und die dafür notwendige Infrastruktur leisten.

Rolls Royce vor einem Haus in London 1936
Mit dem Rolls Royce zum Nachmittagsempfang im Buckingham Palace. 1936 war der Automarkt schon vollständig ausdifferenziert: Ford für die Massen, Rolls Royce für die Oberschicht. © Getty Images

Auf große Preissenkungen bei Elektroautos, verursacht durch Skaleneffekte, sollte man eher nicht hoffen. Zu groß wird der Preisdruck wegen der knappen Rohstoffe sein. Durch den Wegfall neuer Modelle wird auch das generelle Preisniveau – etwa bei gebrauchten, älteren Verbrennern – steigen. Und weil auch der Strompreis deutlich anziehen muss, braucht man kein Prophet zu sein, um vorherzusagen, dass die individuelle Mobilität ganz deutlich teurer werden muss.

So würde das Verbrenner-Aus auch eine schwerwiegende soziale Komponente haben: Die Schere zwischen Arm und Reich wird noch weiter aufgehen. Wie schon vor hundert Jahren könnte das Autofahren zu einem Privileg der gesellschaftlichen Elite werden. Und die Menschen gehen heute schon bei geringeren Einschränkungen der persönlichen Freiheit auf die Straße.

Verbrenner leben weiter – außerhalb Europas

Der schnelle Einstieg der Europäer in die E-Mobilität wurde übrigens von den Chinesen durch ein trickreiches Vorgehen forciert. Die eigenen Hersteller hatten über Jahrzehnte einen massiven Rückstand in Technologie und Verarbeitungsqualität, was dazu führte, dass amerikanische, vor allem aber deutsche Marken den chinesischen Markt überschwemmten. Um diese unerwünschten Exporterfolge einzudämmen, rief die Pekinger Regierung eine Elektro-Offensive aus, was etablierte Hersteller auf die gleiche Startlinie wie chinesische Startups brachte. Im letzten Fünf-Jahres-Plan hat sich die chinesische Führung wieder für mehr Technologieoffenheit ausgesprochen, die E-Auto-Förderung wird eingestellt und das Verbrenner-Verbot auf 2060 – also 25 Jahre oder eine ganze Generation nach Europa – verschoben.

China hat flexibel reagiert und damit zur wirtschaftlichen Schwächung Europas beigetragen: Es wird eine Verlagerung der Verbrenner-Produktion – und damit auch der Wertschöpfung – in jene Länder stattfinden, die es mit dem Verbrenner-Ende nicht ganz so eilig haben. Dort findet man praktischerweise auch niedrigere Arbeitskosten und Umweltauflagen vor. Ein gestern in Europa entwickelter Verbrenner wird in Indien auch in 30 Jahren noch ein Segen für die Umwelt sein.

Auf den Weltmärkten haben Autos mit Verbrennungsmotor jedenfalls noch ein sehr, sehr langes Leben vor sich. Unter anderem, weil es sich bei einer ernsthaft angedachten globalen Energiewende gar nicht vermeiden lässt, dass der sonnenbegünstigte Süden Strom produziert, der dann im energiehungrigen Norden verbraucht wird. Und an dieser Stelle kommen E-Fuels und Wasserstoff als Speichermedien ins Spiel, weil sich Strom in dieser Form leichter speichern und auch über weite Strecken transportieren lässt. Es zeichnet sich längst ab, dass Europa auch im Zeitalter nach der Dekarbonisierung von Energieimporten aus erneuerbaren Quellen abhängig sein wird. Dann wäre es Unfug, nicht auch Pkw damit zu betreiben.