Ein leises Servus für den Huchen

Den Huchen gibt es nicht mehr. Fast. Ein einziger Fluss in Österreich ist ihm geblieben, die Mur. Ein Podcast über das Aussterben mit dem Hydrobiologen Stefan Schmutz.

Foto eines Huchen im Wasser. Das Bild illustriert einen Beitrag über Huchen, das Aussterben der Arten und den Artenschutz.
Ein Huchen braucht kalte, klare, freie Fließgewässer wie es die Drau, die Donau, der Inn oder die Mur einst waren. © Liquid Art CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org

Ausgerechnet die Studie, die nun belegt, dass der Huchen dabei ist auszusterben, brachte zutage, dass das Verbreitungsgebiet des imposanten Raubfischs vor nicht allzu langer Zeit viel größer war als man angenommen hatte. Der Huchen, auch Donaulachs genannt, war in Bayern und Österreich in 256 Flüssen zuhause.

Das Verschwinden des Huchen ist ein Indikator für die aus dem Gleichgewicht geratenen Ökosysteme der Alpenflüsse. „Was das bedeutet, können wir in seiner Tragweite gar nicht abschätzen“, sagt der Hydrobiologe Stefan Schmutz.

Der Podcast

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Der Huchen war ein Fisch der Donau und ihrer Zubringer aus den Alpen. Einst auf 4.000 Fluss-Kilometern zuhause, ist nun ein unverbauter Rest der steirischen Mur zwischen Zeltweg und Leoben einer der letzten Lebensräume für diesen Fisch, insgesamt etwa 54 Kilometer, schätzen die Initiatoren einer Petition zur Rettung des Huchen, nur noch 0,7 Prozent seines ursprünglichen Verbreitungsgebiets werden als gut eingestuft.

Achtzig Prozent der Fließgewässer in Österreich seien verbaut, meint Stefan Schmutz, der an der Universität für Bodenkultur in Wien das Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement leitet. Die restlichen zwanzig Prozent dürften es nicht werden.

Ein Mann steht in einer Schneelandschaft und hält einen großen Fisch, der fast so groß ist, wie er selbst, mit der rechten Hand. In der Lingen eine Angel. Der Fisch ist ein Huchen. Eine ausgestorbene Fischart.
Die Welt von gestern: Ein stolzer Angler 1980 mit einem 35 Kilogramm schweren Huchen. Die Aufnahme ist aus Österreich, der Fluss, aus dem dieser Huchen gefangen wurde, ist nicht bekannt. © Getty Images

Als sogenannter Salmonide wie die Lachsfische genannt werden, steht der Huchen am oberen Ende der Nahrungskette. Daher gab es die größten und meisten Huchen in Flüssen mit vielen Beutefischen, wie es zum Beispiel die Drau einmal durch besonders große Nasenbestände war.

Ein Huchen kann etwa zwanzig Jahre alt werden und ist ein Wanderfisch. Im März und April macht er sich auf den Weg flussaufwärts zu geeigneten Laichplätzen. Bereits vor wenigen Jahrzehnten gab es nur noch vier Flüsse in Österreich mit Huchenbeständen, die sich selbst erhalten konnten: in der Drau, der Gail, der Mur und der Pielach.

Das Aussterben begann bereits im 19. Jahrhundert durch die Begradigung von Flüssen und durch Verschmutzung – in der Gurk in Kärnten ist letztere heute noch der Hauptgrund für das komplette Verschwinden des Raubfischs aus diesem Gewässer. Früher wurden Huchen mit einem Gewicht bis zu 60 Kilogramm dort gefangen. Doch das Aussterben hat sich dramatisch beschleunigt, besonders ab den 1970er Jahren.

Der Huchen ist nun in der höchsten Gefährdungskategorie „vom Aussterben bedroht“ eingeordnet. Nicht nur die Verbauung durch Wasserkraftwerke und zu klein dimensionierte Fischaufstiegshilfen sind heute ein Problem, sondern auch der Klimawandel.

Während sich die globale Mitteltemperatur bisher um 1,2 Grad Celsius erhöht hat, sind es in Österreich und Deutschland bereits zwei bis drei Grad. Das ist auch bei den Flüssen zu spüren. Sie werden allmählich zu warm: Zwischen 1976 und 2018 hat sich die Durchschnittstemperatur der Huchenflüsse um 1,6 Grad erhöht. Das mag nach nicht viel klingen, allerdings ist der Huchen auf vergleichsweise kaltes Wasser angewiesen. In wärmeren Gewässern wie der March zum Beispiel war er nie heimisch.

Dabei ist der Huchen einer der temperaturtolerantesten Fischarten – ideal sind Temperaturen im Sommer nicht über 18 Grad Celsius, in kritischen Phasen der Embryonalentwicklung sollte die Temperatur 14 Grad nicht übersteigen.

Forscher wie Stefan Schmutz plädieren aufgrund des Einflusses der Temperatur dafür, bei der Anpassung an den Klimawandel auch Maßnahmen wie die Beschattung von Ufern zu ergreifen, um in den heißer werdenden Sommern die Ökosysteme der Flüsse und ihre Artenvielfalt zu bewahren. Wo immer möglich, sollten Flüsse revitalisiert werden. Der Huchen ist noch zu retten – allerdings nicht mehr in seiner einstigen Pracht.

Über Stefan Schmutz

Stefan Schmutz leitet das Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement (IHG) an der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien. Er ist auf Aquatische Systemanalyse spezialisiert.

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