Mit Brot und Spielen in den Untergang

Wenn die Politik in Bedrängnis kommt, sind Zugeständnisse an die Bürger beliebt. Doch die Geschichte lehrt: Brot und Spiele, finanziert durch höhere Steuern, haben schon oft zum Untergang geführt. Etwa des alten Roms.

Illustration des Kolosseum
Auch das alte Rom hatte mit Inflation zu kämpfen. Und ging daran unter. © Getty Images

Big Government, hohe Steuern, massive Schulden, politische Polarisierung und soziale Krisen sind in Westeuropa sowie Nordamerika zur Norm geworden. Es ist jetzt aber höchste Zeit, dass sich Politiker und Bürger mit der Geschichte befassen und die nötigen Lehren aus ihr ziehen. Nur so kann der Westen vermeiden, den selben Weg wie Rom und andere untergegangene Reiche einzuschlagen.

Sowohl die Regierung Biden als auch die Europäische Union haben noch nie da gewesene Ausgabenprogramme in der Höhe von 1,9 Billionen Dollar beziehungsweise 1,8 Billionen Euro angekündigt. Diese enormen Summen sollen helfen, die Covid-19 Pandemie zu bekämpfen und die grüne Wirtschaft anzukurbeln. Es gibt aber kein klares Konzept, wie diese Mittel ausgegeben oder finanziert werden sollen. Zudem dienen diese Ausgaben in Washington als Vorwand für Steuererhöhungen.

Auf beiden Seiten des Atlantiks macht es den Anschein, dass die Pandemie und die grüne Wirtschaft ideale Vorwände sind, um die Rolle des Staates zu stärken und eine lockere Geldpolitik fortzusetzen. Das ist alarmierend, wenn man sich die Entwicklung früherer Gesellschaften und Staaten vor Augen hält, die zu hohe Ausgaben tätigten und so den Wert ihrer Währung herabsetzten.

Brot und Spiele

Im alten Rom führten innere Unruhen in den späten Jahren des Imperiums zu einer Störung der Handelsströme. Die aufgeblähte Regierung strotzte vor Ineffizienz. Um die wachsende Unzufriedenheit innerhalb der Bevölkerung zu bekämpfen, versuchten die Herrscher, sich deren Rückhalt durch Brot und Spiele (panem et circenses) zu erkaufen – auf Kosten eines nachhaltigen Gemeinwohls. Denn die erforderlichen Mittel dafür erzielten sie aus höheren Steuern, rigorosen Steuergesetzen und der Entwertung von Silbermünzen durch das Hinzufügen von Kupfer; eine Methode, die stark an die quantitative Lockerung (Quantitative Easing) der EZB erinnert.

Mit den neuen Maßnahmen folgte ein Wirrwarr an Gesetzen, das der Korruption Tür und Tor öffnete. Die Wohlfahrtsleistungen des Staates schufen Rivalitäten zwischen verschiedenen sozialen Gruppen, die sich gegenüber anderen benachteiligt fühlten. Das vergiftete die politische Situation weiter. Das Ergebnis dieser Politik: Das gewaltige Römische Reich, einst ein effizientes und gut funktionierendes System, brach in sich zusammen. Das Prinzip der Umverteilung, bei dem die Reichen besteuert werden, um die Armen zu ernähren, blieb aber populär. Und das, obwohl es falsche Anreize schafft, die auf der einen Seite die Fleißigen bestrafen und auf der anderen Seite den Müßiggang fördern.

Das Prinzip der Umverteilung bestraft die Fleißigen und fördert den Müßiggang.

Auch Spanien war einst eine Großmacht in Europa. Im 16. Jahrhundert herrschte es nicht nur über die iberische Halbinsel, sondern auch über große Teile Italiens und der Niederlande. Die spanischen Überseegebiete erstreckten sich von der Südspitze Feuerlands bis zum heutigen Colorado und Kalifornien; dazu kamen die Philippinen in Asien sowie Gebiete in Afrika. Die starke Expansion des spanischen Staates führte jedoch dazu, dass die Steuern erhöht werden mussten, was wiederum eine Inflation verursachte. Das Silber aus den spanischen Minen in Südamerika erfüllte zusätzlich den gleichen Zweck wie die quantitativen Lockerungen heute. Die Niederlage der spanischen Armada vor den britischen Inseln wurde letztlich weniger zur Ursache als zum Symptom für den drohenden Niedergang des Spanischen Reichs.

Die Geschichte kennt noch weitere solche Fälle, wie den Zerfall des Osmanischen Reichs im 19. Jahrhundert und den Niedergang der britischen Hegemonie im späten 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Nun könnten wir bald ein weiteres Beispiel erleben.

Der Niedergang des Westens

In den letzten 20 Jahren sind auch die westlichen Demokratien in eine ähnliche Phase des Verfalls geraten. Riesige Schuldenberge lähmen die so genannten liberalen Demokratien. Die Steuersysteme sind undurchschaubar und widersprüchlich geworden und lassen der Willkür freien Lauf. Steuern werden immer vehementer eingetrieben. Das Recht auf Privatsphäre wird unter dem Vorwand der Steuergerechtigkeit ausgehöhlt. Die produktiven Bereiche der Wirtschaft gehen zurück, während der Verwaltungs- und der Kontrollsektor wächst.

Unter dem Vorwand der politischen Korrektheit wird die öffentliche Debatte stark eingeschränkt. Etablierte Politiker und Nichtregierungsorganisationen haben im Namen der Beseitigung von Ungleichheiten – von denen einige unvermeidlich sind – neue Formen der Diskriminierung geschaffen. Es ist üblich geworden, Wörter zu verbieten, Straßen umzubenennen, Denkmäler zu beseitigen, Traditionen zu beschneiden und die Rolle der Familie an den Rand zu drängen – alles aus Angst vor der „political correctness“. Dies führt zu einer verstärkten Polarisierung und macht die Bürger anfälliger für Propaganda und Manipulation.

Der beste Weg zur Betrugsbekämpfung wäre eine Vereinfachung der Steuersysteme.

Immer mehr Finanzinformationen über Privatpersonen werden zwischen den Behörden ausgetauscht – angeblich, um Steuern zu erheben und Geldwäsche und Terrorismus zu bekämpfen. Sensible Daten werden mit hochgradig korrupten Ländern ausgetauscht, darunter auch solchen, die terroristische Aktivitäten finanzieren. Es ist notwendig, Finanzkriminalität zu bekämpfen, aber es ist höchst zweifelhaft, dass die Zusammenarbeit mit korrupten, nicht vertrauenswürdigen Ländern diesem Zweck dient.

Der beste Weg zur Betrugsbekämpfung wäre eine drastische Vereinfachung der Steuersysteme und eine Reduzierung der öffentlichen Verwaltung. Aber es wird immer Stimmen geben, die das als unrealistisch bezeichnen.

Nichts gelernt

In letzter Zeit hat sich die Ausgabenwut zur Bekämpfung von Covid-19 und des Klimawandels überschlagen. Alle Ausgabenbeschränkungen wurden aufgehoben. Die quantitative Lockerung, das heißt das Drucken von Geld, hat ein noch nie da gewesenes Ausmaß erreicht – ähnlich wie bei den alten Römern, die Kupfer mit Silber mischten, um das Volk bei Laune zu halten. Und wie im alten Rom und anderen Imperien werden die Folgen dieser Strategie für kommende Generationen zur Bürde werden.

Die Bekämpfung von Covid-19 und Umweltbelastungen ist eine lobenswerte Sache. Aber es gibt keinen transparenten Plan für die Verwendung der Gelder, die jetzt für diese Zwecke vorgesehen werden. Die einzige Gewissheit ist, dass der Einfluss des Staates und der Verwaltungsapparat weiter wachsen werden. Das Streben nach Nachhaltigkeit darf nicht nur ökologische Belange berücksichtigen, sondern muss auch auf wirtschaftliche und soziale Anliegen eingehen.

In einem funktionierenden Staat werden Steuern niemals als politisches Instrument eingesetzt.

Die Vereinigten Staaten befinden sich in einer ähnlichen Situation wie Europa. Um zusätzliche Ausgaben zu ermöglichen, hob Washington die Steuern stark an und schloss sich der OECD-Kampagne für weltweite Mindeststeuersätze an. Dies bietet die Möglichkeit ein globales Kartell zu bilden und damit nach Belieben übermäßige Steuern einzuheben. Wie im Römischen Reich werden falsche Anreize gesetzt und Steuern als Mittel zur Durchsetzung von Gleichheit eingesetzt. Der wahre Gewinner ist hier die privilegierte Bürokratie.

Die Kontrolle, die Parlamente in Haushaltsfragen ausüben, wird selbst in liberalen Demokratien ausgehöhlt. Die meisten Abgeordneten sind vom Staat abhängig und folgen treu ihren Parteiführern, die in der Regierung sitzen: ein Teufelskreis.

Akzeptieren wir das Ende?

Ein Blick auf die Geschichte und das gegenwärtige Fiasko lässt den Schluss zu, dass echte Demokratien in Gefahr sind. Sie sind nicht durch die so genannten populistischen Bewegungen bedroht, sondern vielmehr durch übermäßige Ausgaben und die unverhältnismäßige Macht, die den Verwaltungen übertragen wird. Dies alles führt zu einem Wechsel von einer dezentralisierten Demokratie zu einer zentralisierten technokratischen Bürokratie. Die Vorteile der Digitalisierung werden durch ihren Missbrauch als Instrument zur Kontrolle der Bürger überschattet.

Die liberale Demokratie ist durch die individuelle Freiheit legitimiert. Und die einzige Möglichkeit, sie wiederherzustellen, wäre eine radikale Verkleinerung der Verwaltung, eine Vereinfachung der Systeme und die Rückkehr zu einer vernünftigen, pragmatischen und gerechten Besteuerung, die sich am gesunden Menschenverstand und am langfristigen Gemeinwohl orientiert. In einem funktionierenden Staat sind Steuern dazu da, die notwendigen Ausgaben der Verwaltung zu decken, und werden niemals als politisches Instrument eingesetzt. Wenn wir glauben, dass eine Verringerung der Größe der öffentlichen Verwaltung – und damit der Ausgaben – unmöglich ist, dann akzeptieren wir implizit auch das Ende echter liberaler Demokratien, die auf Freiheit und Rechtsstaatlichkeit basieren.