Warum es linke Typen gibt

Irgendwann im Mutterleib entscheiden sich Menschen, ob sie Rechtshänder bleiben oder doch lieber Linkshänder sein wollen. Wie es dazu kommt, weiß man nicht. Nur soviel: Linkshänder sind kreativer.

Linkshänder: Foto eines Kleinkindes, das mit der linken Hand auf einer Tafel zeichnet.
Linkshändigkeit scheint nicht angeboren, sondern ein spontaner Entschluss zu sein. © Getty Images

Lange Zeit vermuteten Experten, dass die dominante Hand mit dem Sprachzentrum im Gehirn zusammenhängt. Immerhin ist der Mensch das einzige Säugetier, das sprechen kann und das Linkshänder hervorbringt. Die Theorie basiert darauf, dass die rechte Gehirnhälfte, die das Sprachzentrum beherbergt, damit schon sehr viel zu tun hat. Und die rechte Hälfte des Hirns steuert die linke Hand. Darum würde die linke Gehirnhälfte, die sich nicht damit herumschlagen muss, Sätze zu formulieren, die komplexere Motorik der rechten Hand übernehmen. Die Erwartung der Wissenschaft war, dass Linkshänder zwangsläufig im Kopf andersrum gepolt sind. Das stellte sich jedoch als falsch heraus. Zwar gibt es viele Asymmetrien in unserer Hirnfunktion, aber mittlerweile steht fest: Keine davon geht eindeutig mit Linkshändigkeit einher.

Die Wissenschaft fand zahlreiche frühe Einflüsse im Leben, die zumindest statistisch damit zusammenhängen, ob jemand Linkshänder wird: Linkshänder kommen vermehrt von März bis Juli auf die Welt und etwas zu früh. Ein Zusammenhang besteht auch mit Untergewicht und damit, ob man als Säugling gestillt wurde. Außerdem sind Männer etwas häufiger Linkshänder. Eine Studie vermutet sogar einen Einfluss von Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft, eine andere das mütterliche Rauchen als Faktor.

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Zahlen & Fakten

Foto von Jimi Hendrix während eines Auftritts in der Royal Albert Hall in London 1969.
Jimi Hendrix 1969: Gitarre zu spielen lernte er mit 15 und mit links. © Getty Images

Fünf Fakten über Linkshänder

  • Den Internationalen Linkshändertag gibt es seit 1976. Er geht auf den Amerikaner Dean R. Campbell zurück und wird am 13. August begangen. Das Datum greift ironisch das Stigma auf, mit dem Linkshändigkeit teilweise immer noch behaftet ist.
  • Im Mittelalter verdächtigte man Linkshänder des Satanismus und der Hexerei.
  • Zwar sind von Aristoteles über Michelangelo und Marie Curie bis Jimi Hendrix viele Linkshänder besonders begabt, dennoch galt Linkshändigkeit lange Zeit als Problem. Bis in die 1970er Jahre hinein versuchte man linkshändige Kinder umzuerziehen.
  • Rund zehn Prozent aller Menschen sind linkshändig.
  • Linkshänder leben in einer rechtshändigen Welt, und das macht ihren Alltag kompliziert. Besteck, Werkzeug, Handys – alles ist für Rechtshänder gemacht.

Forscher beobachteten, dass Kinder bereits im Mutterleib eine Hand favorisieren. Vieles spricht dafür, dass der Mensch gemäß Blaupause Rechtshänder wird, aber schon ab der frühen Entwicklung des Nervensystems diverse Einflüsse die dominante Hand verändern können.

Dass die Zahl der Linkshänder im Lauf der Zeit gestiegen ist, dürfte daran liegen, dass man früher Kinder dazu gezwungen hatte, mit der Rechten zu schreiben oder das Messer zu halten – man machte Rechtshänder aus ihnen. Apropos Messer halten: Im Zuge der Evolution waren Linkshänder als Kämpfer im Vorteil, weil sie ungewohnt attackierten, vermuten Experten. Sie hatten damit im Überlebenskampf einen Vorteil, aber nur als kleine Gruppe. Auch heute gibt es überproportional viele Linkshänder im Kampfsport, etwa Starboxer Manny Pacquiao.

Abgesehen vom gefährlicheren linken Haken weiß man, dass Linkshänder etwas häufiger psychisch erkranken und öfter an Gehirnlähmung und Parkinson leiden. Sie gelten außerdem als kreativer und musikbegabter – man denke an Ludwig van Beethoven oder Charlie Chaplin. Wobei Studien mit großer Teilnehmerzahl keinen nennenswerten Unterschied bei der Intelligenz gefunden haben. Die Logik könnte sein: Wer sich als Linkshänder in einer Welt voller Herausforderungen vom Kugelschreiber bis zum Ringordner bewähren muss, neigt auch beim Komponieren oder Schreiben zu kreativeren Lösungen.