Geheime Mächte in unserem Darm

Sie können uns krank und gesund machen, ängstlich und forsch: Die Mikroorganismen unseres Darms. Im Podcast erklärt die Mikrobiologin Christine Moissl-Eichinger was unser Mikrobiom eigentlich macht.

Ein Mädchen sitzt an einem Tisch mit einer hellblau-weiß karierten Tischdecke und ist ein Eis, das mit einer Kirsche dekoriert ist. Das Bild illustriert einen Beitrag über das Mikrobiom im Darm, das unter anderem durch die Ernährung beeinflusst wird.
Forscher vermuten, dass unser Mikrobiom auch für die Glücksgefühle verantwortlich ist, die Zucker bei uns auslöst. © Getty Images

Antibiotika, sagt Christine Moissl-Eichinger, retten Menschenleben, doch unserem Mikrobiom versetzen sie einen herben Schlag. Gut vierzehn Tage braucht es, um sich zu regenerieren. Moissl-Eichinger ist Mikrobiologin und lehrt und forscht an der Medizinischen Universität Graz. Ihr ehrgeiziges Ziel: Alles über jeden einzelnen Mikroorganismus zu wissen, der unseren Darm besiedelt.

Der Podcast

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Es wird nicht leicht werden. Unser Darm beherbergt bis zu 60 Milliarden Exemplare der Kleinstlebewesen, darunter neben Bakterien auch Archaeen. Diese sind besonders gut an einen Lebensraum ohne Sauerstoff angepasst. Rund 10.000 unterschiedliche Arten von Mikroorganismen werden im Darm vermutet, von rund der Hälfte kennt man das Genom, also alle Gene, – allerdings nicht ihre Funktionen oder die Proteine, die sie codieren.

Unser Mikrobiom im Darm erben wir von unseren Müttern, aber unsere Ernährung entscheidet über seine Zusammensetzung mit. Was uns gut schmeckt, ist dabei nicht unbedingt das, was auch dem Mikrobiom gut tut: Ernähren wir uns von viel Zucker und kurzkettigen Fettsäuren, verhungern unsere mikrobiellen Darmbewohner und verschwinden vielleicht sogar. Durch eine industrielle Ernährung haben wir vermutlich einen Gutteil der ursprünglichen Artenvielfalt verloren. Wir können dem Mikrobiom und damit uns selbst helfen, indem wir möglichst ballaststoffreiche Nahrung zu uns nehmen.

Das Mikrobiom im Darm entschlüsseln

Die Forschung von Christine Moissl-Eichinger findet nur zu einem Teil im Labor statt: Ein Gutteil ist technische Arbeit mit dem Gensequenzierer. Next Generation Sequencing heißt die Technologie, die es Forschern wie Moissl-Eichinger ermöglicht, die unterschiedlichen Mikrobiota schnell zu identifizieren.

Ebenfalls zu identifizieren: Die Stoffwechselprodukte der Mikroorganismen. Diese sogenannten Metaboliten sind für unser Überleben ganz entscheidend, denn viele Nährstoffe wären uns gar nicht anders zugänglich als in Form von mikrobiellen Stoffwechselprodukten.

Hinzu kommen die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Mikrobiota und ihre Kommunikationsaufgaben in unserem Körper: Über chemische Signalstoffe steht das Mikrobiom des Darms zum Beispiel mit dem Gehirn in Verbindung. Das Mikrobiom signalisiert, wenn wir satt sind, wenn Gallenflüssigkeit produziert werden muss und es beeinflusst unsere Gefühle. Auf welche Weise diese Kommunikationn genau funktioniert, ist noch Gegenstand von Forschung. Bakterien und Archaeen sind die „wichtigsten Organismen der Welt“, sagt Moissl-Eichinger.

Über Christine Moissl-Eichinger

Foto von Christine Moissl-Eichinger. Die Mikrobiologin erforscht das Mikrobiom im Darm.
Christine Moissl-Eichinger im Labor an der Medizinischen Universität Graz. © Getty Images

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