So geht es besser!
Steuern und Abgaben sind in Österreich so hoch, weil der Staat besonders viel Geld ausgibt. Andere Länder haben geringere Ausgaben – bieten aber die gleichen oder sogar bessere Leistungen.
Auf den Punkt gebracht
- Hohe Abgabenquote. Österreichs Abgabenquote ist mit 43,2 Prozent des BIP eine der höchsten in der EU, deutlich über dem EU-Durchschnitt von 40,7 Prozent.
- Effizienzdefizite. In den Bereichen Verwaltung, Bildung und Gesundheit gibt es in Österreich signifikante Effizienzpotenziale, die auf hohe Kosten bei nur mäßigem Output hinweisen.
- Föderalismus und Subventionen. Komplizierte Strukturen, Doppelgleisigkeiten und Mischkompetenzen tragen zur Ineffizienz und hohen Ausgaben bei.
- Reformpotenziel. Österreich könnte durch eine stärkere Aufgaben- und Wirkungsorientierung sowie eine Ausgabenbremse seine Abgabenquote senken, ohne die Leistungen zu reduzieren.
Es ist ein teurer Spaß, in Österreich zu leben. Und gemeint ist hier ausnahmsweise nicht die hohe Inflation. Laut Prognose der EU-Kommission liegt die heimische Abgabenquote im Jahr 2024 bei 43,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das heißt: Von 100 Euro, die ein Bürger erwirtschaftet, landen 43,20 Euro umgehend beim Staat. In nur zwei EU-Ländern ist dieser Wert höher – in Frankreich mit 46,7 Prozent und in Belgien mit 46,1 Prozent. Im EU-Schnitt liegt die Abgabenquote bei 40,7 Prozent, wobei einige Länder signifikant geringere Werte ausweisen, etwa die Niederlande mit 38,7 Prozent. Die niedrigste Quote hat Irland mit 21,4 Prozent des BIP.
Wie schaffen es manche Länder, mit deutlich weniger Geld auszukommen als Österreich? Ist dafür die Qualität der staatlichen Leistungen niedriger? Oder kann es sogar gelingen, das Angebot zu verbessern, ohne den Bürgern immer noch mehr Geld abzuknöpfen? Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir uns zunächst drei große Bereiche der öffentlichen Ausgaben ansehen – Verwaltung, Bildung und Gesundheit.
Problem 1: die Bürokratie
Die öffentliche Verwaltung ist in Österreich besonders teuer. Im Jahr 2021 beliefen sich die Gesamtausgaben für diesen Bereich auf etwa 15,6 Milliarden Euro. Dies entspricht fast vier Prozent der heimischen Wirtschaftsleistung. Werden für den internationalen Vergleich ausschließlich laufende Personal- und Sachausgaben berücksichtigt, sind es in Österreich immer noch 9,4 Milliarden, pro Kopf also knapp über 1.050 Euro.
Der EU-27-Durchschnitt ist um ein Viertel niedriger. Zu berücksichtigen ist aber natürlich auch die Effektivität der Verwaltung, die die Weltbank regelmäßig überprüft. Österreich erreichte 2022 den zehntbesten Wert unter den verglichenen Ländern. Angeführt wird das Ranking von der Schweiz, es folgen Dänemark und Norwegen.
Anhand eines Vergleichs zwischen den Kosten und den damit erreichten Effektivitätswerten lässt sich für Österreich ein Effizienzpotenzial feststellen, das im Bereich der öffentlichen Verwaltung zwischen 1,9 Milliarden (Abstand zu Norwegen) und 5,1 Milliarden Euro (Abstand zu den Niederlanden) liegt.
Problem 2: die Schulen
In einer ähnlichen Weise können Effizienzpotenziale im Bereich der schulischen Bildung eruiert werden. Die öffentlichen Gesamtausgaben vom Elementarbereich bis zur oberen Sekundarstufe betrugen 2021 (das sind die aktuellsten Daten) in Österreich 14,4 Milliarden Euro beziehungsweise 3,5 Prozent des BIP. Die laufenden öffentlichen Ausgaben ohne Investitionen betrugen im selben Jahr 13,6 Milliarden Euro, das sind 9.910 Euro für jedes Schulkind.
Bei den Bildungsausgaben pro Schulkind liegen wir in der Europäischen Union auf Platz 2.
Kaufkraftbereinigt weist Österreich unter den 30 Vergleichsländern damit die vierthöchsten Ausgaben pro Schüler auf, nach Luxemburg, der Schweiz und Island. Innerhalb der Europäischen Union liegen wir bei den Ausgaben also auf Platz zwei. Der Output dieser kostspieligen Bemühungen wird regelmäßig beim PISA-Test gemessen – und ist für Österreich nicht erfreulich: Ein Vergleich mit den besten Ländern zeigt ein Effizienzpotenzial zwischen 378 Millionen (Abstand zu Dänemark) und 5,7 Milliarden Euro (Abstand zu Irland). Insbesondere die Ergebnisse von Schülern aus einem bildungsfernen Umfeld fallen in Österreich überdurchschnittlich stark ab.
Tatsächlich spielen soziostrukturelle Faktoren bei der finanziellen Ausstattung von Schulen bei uns kaum eine Rolle. Sogenannte Brennpunktschulen bekommen meist nicht mehr Geld als andere. Außerdem fehlt es an Schulautonomie. Die Steuerung des Pflichtschulwesens wird durch ein Wirrwarr an Kompetenzen und finanziellen Zuständigkeiten erschwert. Der gesamte Bildungsbereich ist zudem ideologisches Kampfgebiet; um das Wohl der Kinder geht es oft nicht so sehr wie um politische Überzeugungen.
Problem 3: die Gesundheit
Nach dem gleichen Schema können auch im Gesundheitsbereich die Ausgaben pro Person mit dem Output verglichen werden: In Österreich stiegen die Gesundheitsausgaben zuletzt besonders stark – von 10,5 Prozent des BIP im Jahr 2019 auf 12,1 Prozent des BIP im Jahr 2021. Innerhalb der EU gehört Österreich – gemeinsam mit Deutschland (12,9 Prozent) und Frankreich (12,3 Prozent) – zu den Ländern mit den höchsten Ausgaben in Relation zur Wirtschaftsleistung.
Die Kosten sind seit der Pandemie bei uns auch stärker gestiegen als in anderen Ländern. Der Nutzen ist indes bescheiden: Das Effizienzpotenzial im heimischen Gesundheitswesen liegt zwischen 1,6 Milliarden (Abstand zu den Niederlanden) und 7,9 Milliarden Euro (Abstand zu Finnland). Beide Länder haben nicht nur niedrigere Gesundheitsausgaben, sondern erzielen dabei auch noch eine höhere Versorgungskapazität. Ein Grund dafür ist der starke Fokus, den Österreich auf Versorgung im Krankenhaus legt. Kleinere Spitalsstandorte sind oftmals eher standortpolitisch begründet.
Zudem scheint es in vielen Fällen weder eine effiziente Auslastung noch eine optimale Größenstruktur zu geben. Mehr Augenmerk auf die Gesundheitsprävention wäre ebenfalls ein starker Hebel zur Steigerung der Effizienz.
Problem 4: der Föderalismus
Allein für die Bereiche Verwaltung, Bildung und Gesundheit lässt sich ein durchschnittliches Effizienzpotenzial zwischen 10,4 und 18,7 Milliarden Euro ermitteln. Um diese Summen könnte man im Prinzip die Abgabenquote in Österreich reduzieren, ohne dass Leistungen und Leistungskapazitäten zurückgefahren werden müssten.
Wesentliche Vorteile in der öffentlichen Verwaltung brächte auch eine Reform des Föderalismus. In Österreich herrscht eine ausgeprägte Ausgabenautonomie, aber keine Einnahmenautonomie auf der regionalen und lokalen Ebene. Einfacher ausgedrückt: Der Bund treibt Steuergeld ein, die Länder und Gemeinden können es ausgeben. Deshalb werden oft Ausgaben getätigt, die eigentlich nicht notwendig wären.
Komplizierte Strukturen, Doppelgleisigkeiten und Mischkompetenzen führen im Föderalismus nicht nur zu Kostenintransparenz, sondern münden oft in widersprüchliche Förderungen und Anreizstrukturen. Die einzelnen politischen Ebenen verfolgen mitunter verschiedene Ziele.
Zahlen & Fakten
Woher kommt das viele Geld und wohin fließt es?
236 Milliarden Euro verschlingt der Gesamtstaat im Jahr und liegt damit im europäischen Spitzenfeld. Sozialleistungen sind der mit Abstand größte Brocken bei den Ausgaben.
Problem 5: die Subventionen
Nicht zuletzt fehlt es auch an Kontrolle, weil die Bürger die Effizienz der Ausgaben nicht überblicken können. Das Ergebnis sind oft sehr hohe Fördervolumen, die keine nennenswerte Wirkung haben. Mit einem Volumen von 13,5 Milliarden Euro an direkten Förderungen und weiteren 24,4 Milliarden an indirekten Förderungen und Steuererleichterungen liegt Österreich deutlich über den Werten anderer Länder.
Während bei uns im Jahr 2022 rund 7,5 Prozent der Wirtschaftsleistung unter diesem Titel ausgegeben wurden, waren es in Dänemark nur 4,7 Prozent, in Schweden 5,2 und in Irland 2,0 Prozent. Auch der Durchschnitt in der Europäischen Union liegt mit 6,7 Prozent niedriger.
Das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz scheint hier einen wichtigen Hebel darzustellen. In Staaten wie der Schweiz, aber etwa auch in Dänemark und Schweden haben Bundesländer/Regionen und Gemeinden die Möglichkeit, selber Steuern einzuheben. Örtliche Entscheidungsträger sind also gezwungen, Teile der getätigten Ausgaben aus eigenen Einnahmen zu finanzieren und diese dem Volk plausibel zu machen.
Problem 6: der Sozialstaat
Ein wesentliches Element, das zur hohen Abgabenquote in Österreich führt, ist die Ausgestaltung des Sozialstaates. Es wird viel umverteilt. Mit einem Anteil von 29,4 Prozent am BIP liegen die Sozialausgaben in Österreich an der dritthöchsten Stelle in der OECD, nur Frankreich und Italien erreichen noch höhere Werte.
Wie Umverteilung gemacht wird, ist naturgemäß auch eine politische Entscheidung. Unabhängig davon bleibt die Frage, ob die jeweils angestrebten Ziele auch „wirksam“ und „effizient“ erreicht werden. Im internationalen Vergleich zeigen sich auch in diesem Bereich erhebliche Schwächen des österreichischen Systems.
Betrachten wir etwa das sogenannte „erweiterte Einkommen“, bei dem unter anderem auch Sachleistungen für Gesundheit und Bildung berücksichtigt werden: In Österreich wird im Schnitt ab dem achten Einkommensdezil netto mehr ins System einbezahlt als erhalten. Das ist der dritthöchste Wert unter 25 EU-Ländern (ohne Malta und Zypern). In nur zwei Ländern – Griechenland und Ungarn – liegt die Grenze noch höher. In Dänemark zahlen schon Durchschnittsverdiener mehr ein, als sie an Sozialleistungen erhalten, damit wird weniger nach oben umverteilt.
Mit einem Anteil der öffentlichen Leistungen von mehr als 20 Prozent am erweiterten Einkommen belegt Österreich Platz vier in der EU. Nur in Italien, Portugal und Ungarn ist dieser Anteil höher. Länder, die eine ähnliche Ineffizienz bei der Umverteilung aufweisen wie Österreich, haben eines gemeinsam: Es wird sehr viel durch das umlagefinanzierte Pensionssystem umverteilt, und zwar eben auch zugunsten von vergleichsweise einkommensstarken Gruppen. Die effizienteren Länder fokussieren sich auf Umverteilung zugunsten der Niedrigverdiener. Dabei garantiert das öffentliche Pensionssystem nur Mindeststandards. Einkommensstarke Gruppen ergänzen ihre Pensionseinkommen durch kapitalgedeckte private und betriebliche Vorsorge.
Problem 7: Zu hohe Ausgaben
Viel Geld sparen könnte Österreich auch mit einer stärkeren Aufgaben- und Wirkungsorientierung. Derzeit setzt die Politik ihre Schwerpunkte fast ausschließlich über die Dotierung von Budgets. Wenn in staatlichen Aufgaben- und Leistungsbereichen Ziele nicht erreicht werden, kommt sofort der Ruf nach einer Ausweitung von Förderungen und von budgetären Mitteln. Gerade die präsentierten Effizienzvergleiche zeigen aber, dass es in vielen Bereichen gar nicht am Geld fehlt – die Mittel werden nur falsch eingesetzt.
Ein effizienter Staat nimmt seinen Bürgern weniger Geld weg und kann seine Aufgaben dennoch erfüllen.
Mitte April präsentierte der Fiskalrat zudem eine Zusammenstellung der „Wahlzuckerl“ vor Nationalratswahlen seit 2008. Die kurz vor der Wahl beschlossenen Ausgaben belasten das öffentliche Budget im Jahr 2024 mit 4,1 Milliarden Euro. Um solche „politischen Budgetzyklen“ zu vermeiden, wäre neben einer grundlegenden Verwaltungsreform eine institutionell verankerte Ausgabenbremse sinnvoll.
Es stimmt also nicht, dass niedrigere Steuern und Abgaben automatisch zu schlechteren Leistungen führen würden. Ein effizienter Staat nimmt seinen Bürgern weniger Geld weg und kann seine Aufgaben dennoch erfüllen. Österreich sollte sich dieses Ziel setzen. Andere Länder schaffen es ja auch.
Mitarbeit: Nikolaus Graf, Leiter des Forschungsbereichs Wettbewerbsfähigkeit bei EcoAustria.
Conclusio
Mit der dritthöchsten Abgabenquote in der EU werden österreichische Steuerzahler besonders stark belastet. Ein Blick auf die Zustände in manchen Schulen oder das Gesundheitssystem zeigt, dass die hohen Ausgaben nicht mit üppigen Leistungen des Staates zu erklären sind, sondern viel Geld ineffizient eingesetzt wird. Österreich könnte im System zumindest zehn Milliarden Euro einsparen, ohne eine einzige Leistung zu kürzen. Dabei handelt es sich um eine vorsichtige Berechnung, die nur die Bereiche Verwaltung, Gesundheit und Bildung umfasst. Wenn wir uns ein Vorbild an Ländern mit schlanken Strukturen nehmen, könnte ausreichend Geld für die Entlastung der Steuerzahler sowie für Investitionen in Zukunftsbereiche zur Verfügung stehen, ohne dass die staatliche Versorgung eingeschränkt werden müsste.