Hirnschmalz for Future
Warum ein etwas weniger emotionaler Umgang mit dem Klimawandel und seinen Folgen nicht die schlechteste aller Ideen wäre.
Gäbe es einen Oscar für die hysterischste Schlagzeile des Jahres, wäre er dem ORF heuer wohl nicht mehr zu nehmen. „Die Welt brennt“ – mit diesem Satz von biblischer Wucht begann an einem heißen Augustabend 2021 der ORF seine reichweitenstärkste Nachrichtensendung, die „ZiB 1“, zum Thema „Klimawandel und Waldbrände“. Eine bis heute unübertroffene Hammermeldung, sozusagen.
Nun ist dieser Satz zwar von jeglicher Objektivität weitestgehend befreit, er charakterisiert aber die Art und Weise, wie in diesem Jahr rundum Berichterstattung über dieses Thema betrieben worden ist. An die Stelle kühler Abwägung tritt, wieder einmal, die Überzeugung, der richtigen Sache zu dienen, aus Information wird Kampagne. Und Hysterie wird zum normalen Umgangston der Medienmacher.
Hysterie hat freilich noch nie dazu beigetragen, Lösungen zu finden. Sie ermöglicht allerdings der Politik, immer mehr Maßnahmen durchzusetzen, die der Bevölkerung nur in einer Art von Ausnahmezustand oktroyiert werden können, von höheren Steuern und Abgaben bis hin zu schikanösen Verboten und Regulierungen, die in nahezu alle
Lebensbereiche eingreifen, von dem, was wir essen und wie wir wohnen, bis hin zum Reisen. Wenn es um die Rettung der Welt geht, ist alles erlaubt, oder genauer gesagt: verboten.
Wende von der Klimawende
Davon freilich wird sich der Klimawandel nicht beeindrucken und schon gar nicht aufhalten lassen. Denn seine wesentlichen menschgemachten Treiber sitzen weit weg vom Sendegebiet des ORF, nämlich in Asien, wo in den nächsten Jahren allein 600 neue Kohlekraftwerke in Betrieb gehen werden. Eine vernünftige Politik würde in Europa, das nur für knapp zehn Prozent der einschlägigen Emissionen weltweit verantwortlich ist, daher mit einer Wende von der Klimawende beginnen.
Hysterie wird zum normalen Umgangston der Medienmacher.
Das heißt: die begrenzt vorhandene Ressource Geld nicht mehr primär in eine ohnehin nur marginal mögliche Verringerung dieses geringen Beitrags zu vergeuden. Und statt in diese fehlgeleitete „Ressourcen-Allokation“, wie die Ökonomen das nennen, intelligent in die Erforschung von Methoden zu investieren, wie wir mit den steigenden Temperaturen umgehen können, ohne Lebensqualität und materiellen Wohlstand mindern zu müssen.
Die Fähigkeit, sich auch an widrige Umstände anzupassen, ist eine der herausragendsten Fähigkeiten der Spezies Mensch, und genau diese Kernkompetenz gilt es jetzt smart zu nutzen: erfinden statt verbieten. Die Holländer etwa zeigen seit Jahrhunderten, wie es gelingen kann, mittels intelligenter Technik – etwa Dämmen und Deichen – dem steigenden Meeresspiegel zu trotzen, ohne dabei unterzugehen. Und anzunehmen, dass uns in den vor uns liegenden hundert Jahren nicht völlig andere, ökologisch unbedenkliche Formen der Energiegewinnung einfallen werden, unterschätzt die menschliche Intelligenz geradezu enorm.
Nur blöd, dass man mit dieser eher banalen Erkenntnis unter den Bedingungen der Aufmerksamkeit-Ökonomie halt keinen Blumentopf gewinnt. Die Welt brennt zwar nicht, aber dies zu behaupten erzeugt zumindest jene Angstlust, nach der das Publikum seit jeher giert.