Der ganz legale Diebstahl

Wir werden gerade Opfer eines perfekten Wirtschaftsverbrechens, dessen hochbezahlte Täter leider nie bestraft werden können. Das sollte man ändern.

Geldpolitik macht Inflation zum Diebstahl: Illustration eines Mannes, der einen Geldhahn aufdreht. Aus dem Han kommen Euro.
Die EZB ist für die Geldpolitik zuständig. Sie müsste durch Zinserhöhungen Kredite teurer machen und die Wirtschaft einbremsen. Auf diese Weise werde die Inflation gestoppt, lautet eine These. © Getty Images

Wenn jemand in Ihre Wohnung einsteigt und dort Schmuck im Wert von 10.000 Euro stiehlt, dann muss der Dieb, so er geschnappt wird, mit einer saftigen Haftstrafe rechnen.

Wenn freilich die Europäische Zentralbank (EZB) eine Inflationsrate von knapp zehn Prozent verursacht und dadurch der Besitzer einer Spareinlage von 100.000 Euro innerhalb eines einzigen Jahres einen Schaden von 10.000 Euro erleidet, gehen die dafür Verantwortlichen in der EZB, allen voran deren Präsidentin Christine Lagarde, leider nicht ins Gefängnis. Sondern sie beziehen weiter ihre traumhaft hohen Gagen, dank derer es ihnen ziemlich egal sein kann, wie teuer Strom, Lebensmittel oder Klopapier geworden sind.

Die Inflation stiehlt Hunderte Milliarden Euro

Wir werden Zeugen und Opfer des schlimmsten Wirtschaftsverbrechens der letzten Jahrzehnte. Begangen durch die Spitzen der EZB. Geschädigt, und zwar in Höhe von hunderten Milliarden Euro, sind alle Sparer in der Eurozone, deren hart erarbeitete Rücklagen nun unwiederbringlich verdampfen.

Verursacht hat die EZB diesen gewaltigen Schaden, indem sie bewusst viel zu lange damit gewartet hat, die Zinsen zu erhöhen und so die Inflation abzuwürgen. Genau dazu wäre sie gesetzlich verpflichtet gewesen. Denn ihr Auftrag ist einzig und allein, für einen stabilen Euro zu sorgen, was in der Praxis nicht mehr als zwei Prozent Inflation bedeutet. 

Eine der wichtigsten Institutionen der EU macht einfach nicht ihren Job.

Doch genau diesen Auftrag hat sie nicht einmal annähernd erledigt. Die letzte Erhöhung des Leitzinses im September dieses Jahres war noch immer zu wenig, aber dafür zu spät. Um eine Inflation von fast zehn Prozent zu bekämpfen, müssten die Leitzinsen viel höher sein als etwas über ein Prozent. Es ist, als würde die städtische Müllabfuhr einfach den Müll nicht abholen, die Wasserwerke kein Wasser liefern oder der Finanzminister einfach doppelt so viel Lohnsteuer einkassieren, wie im Gesetz festgeschrieben ist. Hier macht eine der wichtigsten Institutionen der EU einfach nicht ihren Job.

Dass wir es hier eindeutig nicht mit einer Naturkatastrophe zu tun haben oder allein mit den Folgen des Ukraine-Krieges, zeigt die Schweiz. Dort betrug die Inflationsrate im Juli 3,4 Prozent, also bloß ein Drittel der in der Eurozone gemessenen Inflation. Und das, obwohl die Schweiz natürlich genauso von den Folgen der vielen Krisen der letzten Zeit betroffen ist wie der Rest Europas.

Leider wird sich dieses gewaltige Wirtschaftsverbrechen nie juristisch fassen lassen; die Täterinnen werden ungeschoren, ungestraft und mit einer Mega-Pension ausgestattet davonkommen. Das ist mehr als unbefriedigend.

Nur Haftung hilft

Es wäre daher dringend notwendig, an der Spitze der EZB so etwas wie eine persönliche Haftung der Entscheidungsträger rechtlich zu installieren. Eine Haftung, die das persönliche Einkommen aller Verantwortlichen, allen voran der Präsidentin der EZB, an die Erhaltung der Kaufkraft des Euro koppelt. Steigt die Inflation stark an, sollten die Einkommen der Ver-antwortlichen entsprechend stark sinken; bleibt der Geldwert stabil, sollen die Damen und Herren ruhig gut verdienen.

Dass hingegen die Spitzen der EZB einen Milliardenschaden verursachen können, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden, ist ein unerträglicher Zustand.