Rezession? Kein Grund zur Panik

Klar gehen wir auf wirtschaftlich schwere Zeiten zu. Doch ein ganz bestimmtes Faktum sollte uns ein wenig Entspannung verschaffen.

Illustration eines Geschäftsmannes mit Geldkoffer, der in Panik einen Abwärtspfeil hinunterrutscht
Die aktuell düsteren Inflationsprognosen sorgen bei so manchem für panikartige Zustände – verständlicherweise. © Getty Images

Sagen wir es einmal so: Die Zukunft hat auch schon einmal bessere Zeiten erlebt. Jedenfalls soweit es die für unser Wohlbefinden ja nicht ganz unwesentlichen finanziellen Verhältnisse betrifft, in denen wir in den nächsten Monaten und vielleicht auch Jahren leben werden.

Denn glauben wir dem, was wir in diesem Frühling im Wirtschaftsteil der Medien so konsumieren, auch nur annähernd, müssen wir uns auf eher winterliche ökonomische Lebensumstände einstellen, ob uns das nun gefällt oder nicht.

Bedrängt von Inflation, die unsere Ersparnisse und Einkommen schrumpfen lässt wie ein zu heißer Hauptwaschgang unseren Lieblings-Kaschmirpulli, bedroht von einer möglichen Rezession, die die Wirtschaft lähmt und Menschen um ihre Arbeit bringt, belastet schließlich mit Schulden des Staates, die nur eine einzige Richtung kennen, nämlich nach oben – so wird der wirtschaftliche Blick in die Zukunft für jeden, der halbwegs eins und eins zusammenzählen kann, zum Albtraum, der nach Antidepressiva in robuster Dosierung ruft.

Hohes Wohlstandsniveau

Doch seltsamerweise wird in der öffentlichen Erörterung dieser gewiss betrüblichen Umstände mit schöner Regelmäßigkeit ein ganz banaler Sachverhalt außer Acht gelassen, der geeignet ist, die nahenden Wohlstandsverluste – und von nichts anderem reden wir hier ja – mit einer weit größeren Gelassenheit zu akzeptieren, als dies momentan der Fall ist.

Und dieser Sachverhalt ist kein Geheimnis, er liegt offen zutage. Die uns bevorstehende Krise entfaltet sich nämlich auf einem Niveau von Wohlstand, das es bisher so noch nie gegeben hat – und von diesem Niveau allenfalls wieder ein paar Schritte nach unten zu fallen, aller Voraussicht nach ja eh nur vorübergehend, ist zwar unangenehm, aber letzten Endes verschmerzbar.

Dazu sei ausnahmsweise ein kleines Gedankenexperiment gestattet. Nehmen wir einmal an, was eher unwahrscheinlich ist, dass unser Wohlstand in der näheren Zukunft um ganze 10 Prozent zurückgeht, etwa wegen des Verzichts auf Gas von Putin, dann würde er ungefähr dort sein, wo er in Österreich im Jahr 2014 war. Und würde er um ganz unglaubliche 25 Prozent abstürzen – was nahezu undenkbar ist –, wären wir wieder dort, wo der Wohlstand im Jahre 2002 war.

Das Elend im Jahr 2002

Vielleicht irre ich mich ja, aber meiner Erinnerung nach hat sich das allgemeine Elend in unserem Teil Europas auch 2002 in eher überschaubaren Grenzen gehalten; ein Absturz auf das damalige Niveau wäre gewiss nicht erquicklich, aber durchaus zu verkraften.

Ein Absturz auf das Niveau von 2002 wäre gewiss nicht erquicklich, aber zu verkraften.

Deshalb sind auch alle düsteren Warnungen vor drohenden sozialen Verwerfungen als Folge der wirtschaftlichen Schlechtwetterlage in gewisser Weise obsolet. Denn ging es in Wirtschaftskrisen des 20. Jahrhunderts für viele Menschen oft um die existenzielle Frage, ob sie sich das Lebensnotwendigste leisten können, so geht es heute im Wesentlichen um die Frage, ob das neue Auto heuer angeschafft werden kann oder das alte noch zwei, drei Jahre durchhalten muss. 

Sich diesen doch recht wesentlichen Unterschied ab und zu vor Augen zu halten wird zwar nicht gegen Inflation und Stagnation helfen – könnte aber ein kleiner Beitrag zur allgemeinen Entspannung sein. Und die haben wir ganz schön nötig in diesen interessanten Zeiten.