Widrige Behörden, leere Baustellen
Das Bauunternehmen Porr erlebt global unterschiedliche Hürden bei der Beschäftigung von Ausländern. Kultureller Natur sind dabei die wenigsten. Vier Fragen an Karl-Heinz Strauss, Chef der Porr Group.
Viele Branchen sind auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen. Die Baubranche ist davon nicht ausgenommen und willens, auch unqualifizierte Arbeiter einzustellen. Doch wie auch bei ausländischen Fachkräften gibt es bei deren Anstellung zahllose bürokratische Hindernisse zu überwinden. Karl-Heinz Strauss, seit 2010 Generaldirektor der Porr AG, hat damit bereits persönliche Erfahrungen gemacht.
Herr Strauss, worin liegen die größten Hürden bei der Beschäftigung von Arbeitnehmern aus Drittstaaten in Österreich, bürokratisch und kulturell?
Karl-Heinz Strauss: Gerade in unserer Branche sehen wir kaum kulturelle Hürden. Für die Porr arbeiten Menschen aus circa 80 verschiedenen Nationen und diese Vielfalt betrachten wir als große Stärke. Auf den Baustellen selbst ist die Akzeptanz sehr hoch: Immerhin kommt fast ein Viertel unserer Arbeitskräfte in Österreich aus Drittstaaten.
Die größten Hürden sind tatsächlich bürokratischer Natur.
Karl-Heinz Strauss (Chef der Porr Group)
Wenn es zum Beispiel eine Sprachbarriere gibt, dann sorgen wir dafür, dass in jeder Partie zumindest eine Person ist, die übersetzen kann. Schließlich müssen ja alle die Anweisungen der Polierin oder des Poliers verstehen und befolgen können. Das läuft ganz selbstverständlich. Die größten Hürden sind tatsächlich bürokratischer Natur: Dazu zähle ich die Bearbeitungsdauer der Anträge, die Zulassungskriterien wie zum Beispiel Deutschkenntnisse und die benötigten Qualifizierungsnachweise.
Die Heimmärkte der PORR sind neben Österreich auch Deutschland, Schweiz, Tschechien, Slowakei, Polen und Rumänien. In Norwegen, Katar und UK sind ihre Projektmärkte. Im Vergleich zu Österreich: In welchen Ländern, in denen Sie tätig sind, ist es leichter, schwerer oder ähnlich, Mitarbeiter aus Drittstaaten anzustellen – und woran liegt das?
Generell kann man sagen, dass es in allen Ländern schwierig ist, in größerem Stil Mitarbeitende aus Drittstaaten anzustellen. Das liegt an bürokratischen Hindernissen: Oft sind die Behörden selbst – sowohl im Ausreiseland wie im aufnehmenden Land – überfragt, welche Zuständigkeiten es gibt. Die Prozesse dauern extrem lange. Die Schwierigkeiten sind allerdings je nach Markt und Gesetzeslage unterschiedlich.
Beispielsweise haben wir in Tschechien und der Slowakei die Erfahrung gemacht, dass es strikte lokale Beschränkungen gibt, wieviele Mitarbeitende aus Drittstaaten beschäftigt werden dürfen. Ein weiteres Beispiel ist Rumänien. Wir haben in unserem Projektmarkt in Katar sehr gute Erfahrungen mit indischen und nepalesischen Arbeitskräften gemacht und haben von vielen die Rückmeldung bekommen, dass sie auch in anderen Ländern für uns arbeiten wollen.
Wir haben daher 2021 den Entschluss gefasst, mehrere hundert indische Arbeitskräfte auf unsere Baustellen in Rumänien zu holen. Der Plan war, sie nach entsprechender Vorbereitung und Ausbildung dort zu beschäftigen.
Es hat in Rumänien mehr als ein Jahr gedauert, bis alle erforderlichen Genehmigungen da waren, da die Behörden mit diesem Ansinnen komplett überfordert waren. Wir haben dabei mehrmals urgiert. Mittlerweile arbeiten für uns in Rumänien knapp 100 Arbeitskräfte aus Indien und 140 weitere sollen bis Ende des Jahres folgen. Auch in Tschechien werden nun die ersten indischen Mitarbeitenden eingesetzt. Wir sind sehr zufrieden mit ihnen!
Erfüllt die Rot-Weiß-Rot-Karte Ihre Anforderungen?
Die Rot-Weiß-Rot-Karte in der derzeitigen Form hilft uns nur begrenzt, nämlich dort, wo es um bestimmte Fachkräfte geht. Wir suchen aber sehr viel gewerbliches Personal für unsere Baustellen. Alleine in Österreich suchen wir laufend rund 500 Arbeitskräfte. Der Erwerb der Rot-Weiß-Rot-Karte ist an Bildungsstand und Sprachkenntnisse geknüpft – viele potenziell für uns interessante Arbeitskräfte können diese Kriterien nicht erfüllen.
Hinzu kommt, dass der Umgang mit der Rot-Weiß-Rot-Karte in der Praxis umständlich ist. Zum Beispiel kann der ganze Prozess den Eintritt eines neuen Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin um bis zu 10 Wochen verzögern.
Wie könnte der Staat die Anstellung von Arbeitskräften aus Drittstaaten erleichtern?
Wir brauchen ein planvolles Vorgehen für eine gezielte Zuwanderung auch von unqualifizierten Arbeitskräften. Besonders für unsere Branche wäre das wesentlich und insbesondere sinnvoll, da Unternehmen wie unseres auch eine Qualifizierung für diese Arbeitskräfte anbieten.