Das Ende der Menschheit (II)
Seit es Menschen gibt, fürchten sie sich vor der Apokalypse. Aktuell ist das Angebot an Bedrohungen besonders groß, ob Atomkrieg, Künstliche Intelligenz oder Asteroideneinschläge.

Die potenziellen Apokalypsen sind vielfältig: In Teil 1 schrieben Pragmaticus-Experten über die Gefahren von Künstlicher Intelligenz, Klimawandel und nuklearem Winter, aber auf die Menschheit warten noch einige mehr an Gefahren:
Mögliche Apokalypsen (V): Pandemien
Von Filippa Lentzos

Krankheiten verfolgen uns seit Jahrtausenden. Pest, Pocken, Typhus, Cholera und andere haben unsere Gesellschaften immer wieder dezimiert. Man schätzt, dass die Spanische Grippe, die kurz nach dem Ersten Weltkrieg ausbrach, bis zu fünfzig Millionen Menschen tötete – viel mehr, als auf den Schlachtfeldern des Krieges starben, und in einem deutlich kürzeren Zeitraum. Millionen Menschen haben ihr Leben durch Aids und in jüngster Zeit durch Covid-19 verloren; viele weitere Millionen sind erkrankt und erlitten erhebliche soziale und wirtschaftliche Auswirkungen.
Die überwiegende Mehrheit der Viruserkrankungen wurde durch direkten oder indirekten Kontakt mit Tieren auf den Menschen übertragen. Das menschliche Immunschwächevirus (HIV), das Aids verursacht, ist beispielsweise von Schimpansen auf den Menschen übergesprungen. Zum Glück enden die meisten Infektionen durch Viren, die vom Tier auf den Menschen übergehen, in einer Sackgasse. Gelegentlich aber gelingt es einem Virus, sich unter Menschen auszubreiten und einen großen Ausbruch, eine Epidemie oder sogar eine globale Pandemie zu verursachen.
Gefahr „Gain of function“-Forschung
In den kommenden Jahren werden wir wahrscheinlich immer häufiger mit tödlichen Krankheitserregern konfrontiert werden. Der Handel mit Wildtieren, die Abholzung der Wälder und die industrielle Landwirtschaft führen dazu, dass Menschen in Gebiete vordringen, in denen sie mit Krankheitserregern von Tieren konfrontiert sind. Ironischerweise steigt das Risiko, dass wir eine Pandemie auslösen, auch deshalb, weil wir uns verstärkt darum bemühen, solche Ereignisse zu verhindern.
Ein Laborunfall könnte genügen, um eine tödliche Pandemie auszulösen.
Bei der Entwicklung von Therapeutika und Impfstoffen wird auf virologische Forschung zurückgegriffen; und ein Teil dieser Forschung züchtet nicht nur bekannte und potenzielle Erreger im Labor, sondern manipuliert sie auch, um ihr Pandemiepotenzial aktiv zu erhöhen. Diese „Gain of function“-Forschung verbessert absichtlich die Übertragbarkeit von Viren, und sie kann auch deren Virulenz erhöhen, die Erreger also gefährlicher machen.
Obwohl diese Forschung in erster Linie darauf abzielt, Therapien und Impfstoffe zu entwickeln, sind die Risiken außerordentlich hoch. Ein Laborunfall könnte genügen, um eine tödliche Pandemie auszulösen.
Risiken minimieren
Die groß angelegte Virensuche findet oft außerhalb von Laboren statt, beispielsweise in Fledermaushöhlen. Das birgt auch die Gefahr, dass sich Wissenschaftler infizieren und versehentlich einen Krankheitsausbruch auslösen könnten. Zwar ist der Ursprung von Covid-19 noch immer unklar, doch die Möglichkeit steht im Raum, dass die Pandemie durch einen Zwischenfall im Zusammenhang mit dem Forschungsinstitut im chinesischen Wuhan ausgelöst worden sein könnte.
Nicht zuletzt muss wohl auch das Risiko einer Pandemie durch vorsätzliche kriminelle, terroristische oder kriegerische Aktivitäten in Betracht gezogen werden. Krankheitserreger könnten aus einem Labor gestohlen werden oder Mitarbeiter ihr Wissen nutzen, um absichtlich Schaden anzurichten. Staaten könnten geheime Programme zur biologischen Kriegsführung entwickeln und damit gegen das Biowaffenübereinkommen verstoßen; das ist auch in der Vergangenheit bereits passiert.
Priorität sollte es daher sein, geeignete Aufsichtssysteme für die Forschung mit Viren und Pandemierisiken einzurichten. Wissenschaftler und ihre Einrichtungen müssen ermitteln, ob die Gefahren ihrer Arbeit in einem angemessenen Verhältnis zum potenziellen Nutzen stehen – und ob weniger risikoreiche Formen ebenso nützlich sein könnten.
Wie wahrscheinlich ist die nächste Pandemie? ⬤⬤⬤⬤◯
Alle haben vor einer globalen Pandemie gewarnt, und niemand wollte es glauben – dann kam Covid-19. Es wird wieder passieren.
Wie apokalyptisch ist es? ⬤⬤◯◯◯
Dass sich ein tödliches Virus auch in die entlegensten Gegenden der Welt verbreitet und wirklich alle Menschen erwischt, ist eher unwahrscheinlich.
Können wir etwas dagegen tun? ⬤⬤⬤⬤⬤
Definitiv. Lesen Sie alles darüber hier.
Zahlen & Fakten
Als die Welt doch nicht unterging: Planet X
Als Option für das Ende der Welt galt in manchen Kreisen auch die Kollision der Erde mit einem Planeten X, auch Nibiru genannt. Die von der US-Amerikanerin Nancy Lieder verbreitete Geschichte: Außerirdische hätten ihr ein Implantat ins Gehirn gepflanzt, um über sie mit der Menschheit zu kommunizieren. Eben diese Außerirdischen warnten -angeblich vor der Kollision mit X. Der Zeitpunkt für den Unfall wurde mehrfach nach hinten verschoben und zuletzt für 2012 angekündigt.
Mögliche Apokalypsen (VI): Supervulkane
Von Colin Wilson

Zugegeben: Sehr groß ist das Risiko nicht, dass uns demnächst ein Supervulkan um die Ohren fliegt. Dennoch hat diese Bedrohung in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine gewisse Konjunktur erlebt. Irgendwann wird so eine Katastrophe eintreten, das steht fest.
Kein Fahren auf der Autobahn mehr
Um offiziell als „Supervulkan“ eingestuft zu werden, muss ein Vulkan einen „Superausbruch“ erzeugen – das heißt eine Eruption, bei der mindestens 1015 (1.000.000.000.000.000 oder eine Million Milliarden) Kilogramm Magma (geschmolzenes Gestein) freigesetzt werden. Das Ausmaß eines solchen Superausbruchs entspricht etwa 450 Kubikkilometern Magma oder etwa 1.000 Kubikkilometern Bimsstein (aufgeschäumtes Magma) und Asche (zersprungene und zerbrochene kleine Magmafragmente).
Anschaulicher ausgedrückt: Ein Gebiet der Größe Deutschlands würde unter mindestens 2,8 Metern Schutt begraben werden. Nach dem Ausbruch des Toba-Vulkans vor 74.000 Jahren lag der Schutt sogar 14 Meter hoch. Mit „Wir fahren, fahren, fahren auf der Autobahn“ ist es dann für längere Zeit vorbei.
Jahre ohne Sommer?
Zum Glück sind derlei Katastrophen äußerst selten: In den vergangenen 2,6 Millionen Jahren fanden nur etwa 13 Superausbrüche statt, und aktuell finden sich keine Anzeichen, dass Nummer 14 bevorstehen könnte. Dennoch gibt es zwei wichtige Punkte, die zu beachten sind: Erstens ist die Schwelle für einen Superausbruch sehr hoch angesetzt, und selbst Eruptionen von einem Zehntel dieses Ausmaßes (wie jene des Tambora in Indonesien im Jahr 1815) hätten potenziell katastrophale Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung, das Klima und den Luftverkehr; nach dem Ausbruch des Tambora erlebte die Welt ein „Jahr ohne Sommer“.
Verhindern lassen sich Vulkanausbrüche derzeit nur in Science-Fiction-Filmen.
Zweitens ist zu bedenken, dass nichts einen Supervulkan daran hindern könnte, viele kleinere Ausbrüche zu haben. Der Taupō in Neuseeland ist ein Beispiel dafür: Hier ereignete sich vor 25.500 Jahren der jüngste Superausbruch, doch seither gab es dort 28 viel kleinere Ereignisse.
Studien über die Folgen vergangener Superausbrüche lieferten verschiedenste Erkenntnisse:
- Unterirdische Systeme, in denen solch riesige Magmamengen erzeugt werden, sind mindestens zehnmal so groß wie das Volumen des Magmas, das bei einem Ausbruch an die Oberfläche kommt. Praktisch alle Gebiete, in denen Supereruptionen aufgetreten sind oder in Zukunft auftreten könnten, sind identifiziert und werden überwacht.
- Es dauert eine gewisse Zeit, bis sich Magmakörper bilden, die tatsächlich ausbrechen können. Bei kleineren Eruptionen sind das zehn bis zwanzig Jahre, bei einem Superausbruch jedoch Hunderte bis Tausende von Jahren. Es gibt also eine Vorwarnzeit.
- Die „Magmafabriken“ sind zwischen den Eruptionen nicht untätig, sondern oft in einem gewissen Aktivitätszustand, der als „magmatische Unruhe“ erkannt werden kann. Am Taupō gab es zuletzt zwei Unruheperioden in den Jahren 2019 und 2022/23, die zu zahlreichen Erdbeben und Bodenbewegungen führten; und der Yellowstone befindet sich praktisch in einem permanenten Zustand der Unruhe.
- Nicht jede magmatische Unruhe führt zu einer Eruption. Die große Herausforderung besteht darin, den Übergang von der Unruhe zur Eruption zu erkennen. Auf den Phlegräischen Feldern in der Nähe von Neapel gibt es derzeit heftige Unruhen. Ob und wann es zu einer Eruption kommt, ist jedoch schwer vorherzusagen, und die Lage in einem dicht besiedelten Gebiet macht die Situation sehr problematisch.
Man kann sich also auf jeden Vulkanausbruch vorbereiten, weiß vorher aber nicht, wie groß die Eruption sein wird. Verhindern lassen sich Ausbrüche derzeit nur in Science-Fiction-Filmen. Aber Supervulkane sind nicht nur böse, sie haben auch ihre guten Seiten: Ihre Magmasysteme speichern enorme Wärmemengen und könnten der Nutzung von geothermischer Energie dienen. Außerdem bergen alte Supervulkansysteme viele wichtige Mineralien und sind Tourismus-Magneten.
Wie wahrscheinlich ist der Ausbruch eines Supervulkans? ⬤⬤⬤⬤◯
Es wird passieren. Das Problem ist nur, dass niemand weiß, wann.
Wie apokalyptisch ist so was? ⬤◯◯◯◯
Der Ausbruch eines Supervulkans könnte globale Folgen haben – kein Flugverkehr, keine Sonne für eine lange Zeit. Das Überleben der gesamten Menschheit steht aber eher nicht auf dem Spiel.
Können wir etwas dagegen tun? ⬤⬤⬤◯◯
Ja, wir können versuchen, den Ausbruch rechtzeitig zu erkennen und das Gebiet zu räumen. Wobei ein solches Gebiet leider so groß wie Deutschland sein könnte.
Mögliche Apokalypsen (VII): Geburtenrückgang
Von Rainer Münz

1924 lebten zwei Milliarden Menschen auf unserem Planeten. Heute sind es über acht Milliarden. Binnen 100 Jahren vervierfachte sich die Weltbevölkerung. Ein derart starkes globales Wachstum in so kurzer Zeit gab es nie zuvor in der Geschichte der Menschheit. Im späten 19. und im ersten Drittel des 20. Jahrhundert stieg zuerst die Zahl der Menschen in Europa rasant an. 1930 lebte ein Viertel der Menschheit in Europa. Nach 1945 verlagerte sich der Schwerpunkt nach Asien.
In weiten Teilen der Welt wird es nie wieder ein rasches Wachstum der Bevölkerung geben.
Heute findet der starke Anstieg der Einwohnerzahl vor allem in Afrika südlich der Sahara statt. Dort werden am Ende des 21. Jahrhunderts fast dreimal so viele Menschen leben wie heute. Doch Afrika bleibt eine Ausnahme. In weiten Teilen der Welt wird es nie wieder ein rasches Wachstum der Bevölkerung geben – im Gegenteil.
Ein Zuwachs an Todesfällen
In fünfzig bis sechzig Jahren wird die Zahl der Menschen auf unserem Planeten mit etwas über zehn Milliarden ihren höchsten Stand erreichen. Dann dürfte das Wachstum der Weltbevölkerung an sein Ende kommen und eine lange Periode der Schrumpfung einsetzen. Die Gründe dafür sind heute schon gut absehbar.
- Wichtigste Ursache der kommenden Schrumpfung sind die weltweit sinkenden Kinderzahlen. Mehr als die Hälfte aller Menschen lebt heute schon in Ländern, in denen Frauen im Schnitt weniger als zwei Kinder bekommen. Das bedeutet: In allen diesen Ländern ist die nachwachsende Generation kleiner als die ihrer Eltern. Österreich und viele andere europäische Länder sind dafür ein gutes Beispiel.
- Die Generation der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die derzeit und in den kommenden 15 Jahren auf den Arbeitsmarkt nachrückt, ist um circa 35 Prozent kleiner als die nun in Pension gehende Generation der Baby-Boomer. Dadurch entsteht eine Lücke auf dem Arbeitsmarkt. In weiterer Folge schrumpft die einheimische Bevölkerung. Und die nachrückenden jungen Erwachsenen haben (selbst bei gleichbleibender Kinderzahl pro Frau) in Summe weniger Kinder, weil es weniger potenzielle Mütter gibt.
- Die andere Ursache für den schwindenden Zuwachs der Weltbevölkerung ist die demografische Alterung. Noch leben wir in einem Zeitalter mit einer vergleichsweise jungen globalen Bevölkerung. Dies gilt vor allem für Afrika sowie für Teile Asiens. Doch diese jungen Menschen werden im Lauf des 21. Jahrhunderts altern und schließlich ins Sterbealter kommen. Das wird einen deutlichen Zuwachs an Todesfällen bewirken.
Wir schrumpfen immer weiter
Ab dem Jahr, in dem auf unserem Planeten mehr Menschen versterben, als Kinder zur Welt kommen, beginnt die Gesamtzahl der Erdenbürger zu schrumpfen. Zu erwarten ist dies für die Zeit nach 2080. In Teilen der Welt hat der Rückgang der Einwohnerzahl längst begonnen. Dies gilt insbesondere für China, das noch bis vor kurzem das bevölkerungsreichste Land der Welt war. Doch im Jahr 2100 wird China um mehr als die Hälfte weniger Einwohner haben als heute.
Schon länger schrumpft die Bevölkerung in Japan und wird dies weiter tun. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wird das Land um fünfzig Millionen Einwohner weniger haben. Ähnlich dramatisch ist die demografische Lage in Russland, wo der Krieg gegen die Ukraine den Bevölkerungsschwund noch beschleunigt. Indien – mittlerweile das Land mit der weltweit größten Einwohnerzahl – dürfte noch eine Weile wachsen. Erst ab 2060 wird auch die indische Bevölkerung wieder kleiner werden.
In Deutschland gab es 1972 zum letzten Mal mehr Geburten als Sterbefälle. In Österreich war dies 2019 zum letzten Mal der Fall. Trotzdem wächst die Bevölkerung. Ursache dafür ist die Zuwanderung aus dem Ausland. Sie kompensiert die Geburtenlücke und führt weiterhin zu einer wachsenden Einwohnerzahl. Für Länder wie China oder zukünftig auch Indien ist dies allerdings keine Lösung. Es ist kaum vorstellbar, dass in den kommenden Jahrzehnten hunderte Millionen Menschen dort einwandern.
Wie es nach dem Jahr 2100 weitergeht, hängt davon ab, wie schnell die Kinderzahl pro Familie auch in Afrika zurückgehen wird. Und dies hängt wiederum vom Tempo der Modernisierung und Urbanisierung afrikanischer Gesellschaften ab. Es ist jedenfalls denkbar, dass Ende des 22. Jahrhunderts – also in 175 Jahren – nur noch zwei bis drei Milliarden Menschen überwiegend afrikanischer Herkunft auf unserem Planeten leben – und dies zweifellos nicht nur in Afrika. Schreibt man diesen Trend fort, dann bestünde die Weltbevölkerung im Jahr 2300 nur noch aus ein paar hundert Millionen Menschen.
Das größte Risiko: zu wenig Babys
In der öffentlichen Diskussion wird die Bedrohung der Menschheit durch tödliche Viren, einen Atomkrieg, den Einschlag eines Asteroiden oder ähnliche Katastrophen diskutiert. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Zahl der Menschen auf unserem Planeten durch die sehr geringen Kinderzahlen in Europa, Nord- und Südamerika sowie in weiten Teilen Asiens dezimiert wird.
Wie wahrscheinlich ist das Schrumpfen der Menschheit? ⬤⬤⬤⬤◯
Natürlich haben Demografen nicht immer recht, der Trend ist aber eindeutig und dürfte nicht aufzuhalten sein.
Wie apokalyptisch ist sie? ⬤◯◯◯◯
Wir sprechen von einer dramatischen Reduktion der Weltbevölkerung, existieren wird die Spezies aber weiterhin.
Können wir etwas dagegen tun? ⬤⬤◯◯◯
Na ja, Kinder kriegen. Das tun Menschen aber meistens aus anderen Motiven und nicht zum Zweck der Arterhaltung.
Zahlen & Fakten
Als die Welt doch nicht unterging: Religiöse Eiferer
Mit der Apokalypse haben auch die Zeugen Jehovas Erfahrung: Sie nannten schon mehrfach konkrete Termine für das Ende der Welt. Zu den prominentesten Deadlines zählen die Jahre 1914, 1925 und 1975. Jede dieser Vorhersagen basierte auf biblischen Geschichten und wurde von der Gemeinschaft emsig verbreitet. Als die prophezeiten Katastrophen ausblieben, passten die Zeugen Jehovas ihre Interpretation an und behaupteten, dass es sich um spirituelle statt physische Ereignisse gehandelt habe.
Auf das Ende der Welt warten sie immer noch, nur eben ohne fixes Datum. Dasselbe Problem hatte der baptistische Prediger William Miller bereits im Amerika des 19. Jahrhunderts. Er kündigte die Rückkehr Jesu und eine damit einhergehende Reinigung der Erde mit Feuer für den 22. Oktober 1844 an – doch auch seine Jünger warteten vergebens auf die Erlösung.
Mögliche Apokalypsen (VIII): Asteroiden und die Supernova
Von Gregory Laughlin

Ein genauer Zeitpunkt – 23:14 Uhr am 26. September 2022 – markiert einen möglichen Wendepunkt in der 4,57 Milliarden Jahre alten Geschichte des Sonnensystems: Zu diesem Zeitpunkt schlug die NASA-Raumsonde DART erfolgreich auf dem Mond Dimorphos ein, der ungefähr die Größe eines Stadions hat, und unterbrach dessen gemächliche Umlaufbahn um den Mutter-Asteroiden Didymos auf unsanfte Weise. Die 500 Kilogramm schwere DART-Raumsonde prallte mit 6,6 Kilometern pro Sekunde auf und sorgte für eine riesige Staubwolke.
Als sich der Staub verzogen hatte, wurde schnell klar, dass die NASA-Mission zu einem erstaunlichen Ergebnis geführt hatte: Die Umlaufzeit von Dimorphos um seinen Mutterasteroiden hatte sich um beachtliche 32 Minuten verringert. Das übertraf bei weitem die Erwartungen der Mission und läutete eine Ära ein, in der die Dynamik des Sonnensystems durch gezielte Prozesse verändert werden kann.
Wenn die Ozeane verdunsten
Ziel der DART-Mission war es, Strategien zu erforschen, mit denen Asteroiden abgelenkt werden können, wenn sie die Erde bedrohen. Didymos hat einen Durchmesser von nur 780 Metern, doch der Einschlag eines Himmelskörpers von dieser Größe würde einen spektakulär schlechten Tag für die Erde bedeuten: Es entstünde ein zehn Kilometer breiter Krater, und die freigesetzte Energie würde alles übersteigen, was es auf Erden an Atomwaffenarsenalen gibt. Dass DART die Umlaufbahn von Dimorphos weiter als erwartet geändert hat, ist also ein ermutigendes Zeichen; wir wären vielleicht in der Lage, eine kosmische Katastrophe abzuwenden, falls eine solche unmittelbar bevorstehen sollte (was zum Glück sehr unwahrscheinlich ist).
Auf extrem lange Sicht ist die Erde aber einer noch größeren Bedrohung ausgesetzt als verirrten Asteroiden: Die Sonne setzt wie alle anderen Sterne Energie frei, indem sie ihren ursprünglichen Wasserstoffvorrat langsam zu Helium fusioniert. Gegenwärtig ist etwa die Hälfte des Wasserstoffs im Sonnenkern verbraucht, und als Reaktion darauf bläht sich die Sonne unmerklich auf, während ihre Leuchtkraft allmählich zunimmt.
In den Zeiträumen, die wir Menschen uns gerade noch vorstellen können, sind die zusätzlichen Energiemengen der Sonne absolut unbedeutend. Wenn man jedoch Hunderte von Millionen Jahren in die Zukunft blickt, wird die stetige Aufhellung der Sonne zum Problem. In einer Milliarde Jahren wird die Sonne mit zehn Prozent mehr Leuchtkraft strahlen als heute, und die Biosphäre wird extrem darunter leiden.
Die ultralangfristige Wettervorhersage ist miserabel für uns Erdenbürger.
Noch eine Milliarde Jahre später dürfte es den Modellen zufolge auf der Erde zu einem sogenannten „Runaway Greenhouse“ kommen: Die Ozeane verdunsten und treiben Wassermoleküle in die Stratosphäre, wo sie durch die hochenergetische Sonnenstrahlung zerstört werden. Im Laufe der Zeit wird sich das Kohlendioxid zu einer tödlichen Atmosphäre anreichern – mit Oberflächentemperaturen, die heiß genug sind, um Blei zu schmelzen.
Ein paar Milliarden Jahre mehr
Die ultralangfristige Wettervorhersage ist also miserabel für uns Erdenbürger. Angesichts der außerordentlich langen Vorlaufzeit könnte man jedoch darüber nachdenken, ob unsere Nachfahren in ferner Zukunft etwas tun können, um der Biosphäre mehr Zeit zu verschaffen. Die Antwort ist ein qualifiziertes „Ja“, und der Erfolg der DART-Mission war ein erster Beweis dafür: Man kann einen komplizierten Tanz von Gravitationswechselwirkungen inszenieren, um der Erdumlaufbahn allmählich Energie zuzuführen, sodass sie sich ein Stück weiter weg von der Sonne bewegt. Eine Umlaufbahn mit mehr Abstand würde uns Milliarden zusätzlicher Jahre mit gemäßigten Klimazonen bringen.
Im Jahr 2001 veröffentlichte ich zusammen mit zwei Kollegen eine theoretische Abhandlung, in der ich die Einzelheiten der Umsetzung einer „Move the Earth“-Strategie in die Praxis erläuterte. Die Idee besteht darin, einen großen Kometen (oder Asteroiden) mit einer Rakete allmählich auf eine Bahn zu bringen, die genauso eingestellt ist, dass sie die Erdbahn nur wenige Augenblicke vor der Erde selbst kreuzt. Bei einem solchen Beinahe-Crash zieht der Komet die Erde ganz leicht nach vorne, und die Erde zieht den Kometen ganz erheblich zurück. Ein Teil der Gravitationsenergie des Kometen wird so auf die Erde übertragen.
Eine gefährliche Idee
Mit perfektem Timing kann der Komet dann seine Energie von Jupiter und Saturn zurückgewinnen, und der ganze Vorgang lässt sich etwa alle zehntausend Jahre wiederholen. Über zehntausende solcher Begegnungen kann sich die Erde (und mit ihr der Mond) in einem Tempo entfernen, das die zunehmende Leuchtkraft der Sonne ausgleicht. Sie denken jetzt vielleicht: Das klingt gefährlich! Sie haben absolut recht. Man kann sich ohne weiteres eine Reihe von Szenarien vorstellen, die einen ausgeklügelten astronomischen Ingenieurplan entgleisen lassen und zu einem katastrophalen, möglicherweise die Erde vernichtenden Einschlag führen würden.
Kurz nachdem unsere Arbeit in einer astronomischen Fachzeitschrift veröffentlicht worden war, führte eine nicht ganz klare Aussage meinerseits während eines Zeitungsinterviews zu einer Flut von – völlig falschen – Artikeln, die nahelegten, dass ich ein Team leitete, das den Plan zur Verschiebung der Erde tatsächlich in die Tat umsetzen sollte.
Diese Erfahrung war gleichzeitig nervenaufreibend und ernüchternd. Für mich war sie eine winzige Vorahnung des Schreckens, der entsteht, wenn die Kontrolle verloren geht und ein grandioser Plan scheitert.
Wie wahrscheinlich ist die Supernova? ⬤⬤⬤⬤⬤
Nichts in dieser Welt ist sicher, außer Steuern und der Supernova. Und ein Asteroideneinschlag ist statistisch gesehen auch irgendwann zu erwarten.
Wie apokalyptisch ist das? ⬤⬤⬤⬤⬤
Apokalyptischer geht es nicht. Nach der Supernova ist nicht nur das Leben auf der Erde, sondern das ganze Sonnensystem Geschichte.
Können wir etwas dagegen tun? ⬤⬤◯◯◯
Die Erde verlassen oder ihre Umlaufbahn von der Sonne wegbewegen. Beides nicht ganz simple Aufgaben, aber wir haben ja noch zwei Milliarden Jahre Zeit.
Alle in der Vergangenheit prognostizierten Weltuntergänge und Apokalypsen sind bekanntlich ausgeblieben. Nostradamus hat sich geirrt, der Halleysche Komet ist vorbeigerauscht, die Sintflut war nur eine biblische Legende. Sehr wahrscheinlich wird auch die Zukunft viel harmloser, als wir sie uns jetzt ausmalen. Und falls nicht? Dann erleben wir wenigstens ein letztes großes Abenteuer.
Conclusio
Scheidepunkt. Die Menschheit ist an einem kritischen Punkt angekommen: Sie hat es meist selbst in der Hand, sich zu vernichten oder alle Probleme zu überwinden und noch viele Millionen Jahre zu existieren – auf der Erde oder sonst wo.
Gefahrenquelle. Die Bedrohungen für die Menschheit sind zahlreich – manche wie Klimawandel, Atomkrieg oder KI sind selbst gemacht, andere wie Asteroideneinschläge oder Supervulkane sind sozusagen schicksalhaft.
Gelassenheit. Das Ende der Welt wurde schon sehr oft prophezeit – und jedes Mal ist es dann doch nicht eingetreten. Trotzdem ist es wichtig, sich der Gefahren bewusst zu sein: Nur so kann man sich darauf vorbereiten und gewappnet sein.
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Das Ende der Menschheit (I)
Seit es Menschen gibt, fürchten sie sich vor der Apokalypse. Aktuell ist das Angebot an Bedrohungen besonders groß, ob Atomkrieg, Künstliche Intelligenz oder Asteroideneinschläge.