Meer aus Plastik

Das Plastik im Meer bleibt nicht dort. Es landet auf unseren Tellern und kehrt als Mikroplastik wieder und wieder zu uns zurück. Unsere Poly-Krise in Zahlen.

Plastikmüll auf einem Strand, darunter Styropor und eine Weltkugel aus Plastik sowie ein ausgeblichener Joghurtbecher. Das Bild illustriert einen Beitrag über Plastik im Meer und die Folgen.
Seal Beach in Kalifornien im Dezember 2022: Das Meer spült einen Teil des Plastiks regelmäßig an die Strände. Doch ein großer Teil treibt auf dem Meer oder sinkt bis in 10.000 Meter Tiefe. © Getty Images

Polyvinyl, Polyurethan, Polysterol, Polypropylen, Polyethylentherephtarat – Sie haben dies alles vermutlich schon gekostet. Plastik ist ein fester Bestandteil unserer Ernährung, es findet sich als Nano- und Mikroplastik im Gewebe von Säugetieren, in Muttermilch, im Leitungswasser, im Shampoo, sogar in Pappbechern. Plastik ist nicht nur im Meer, sondern in Flüssen und Seen, auf den Bergen, in der Erde und der Luft, in der Arktis genauso wie in der Antarktis.

8,3 Milliarden Tonnen Plastik wurden seit den 1950er Jahren produziert, mehr als die Hälfte davon seit der Jahrtausendwende. Plastik ist gesundheitsschädlich, verändert mutmaßlich unser Verhalten und ist – bis auf sehr wenige Ausnahmen – unzerstörbar. Wie also dem Problem beikommen? Vor den Lösungen zunächst ein Überblick:

1. Plastik im Meer – ein Schwergewicht

Eine Schätzung des wissenschaftlichen Dienstes des europäischen Parlaments geht davon aus, dass sich 150 Millionen Tonnen Plastik im Meer befinden; sollten wir die Produktion von Plastik in dem Tempo weiterhin so betreiben, wird das Gewicht des Plastik schon 2050 jenes aller Meeresfische übertreffen.

2. Vom Land ins Meer

Das Plastik im Meer hat seinen Ursprung auf dem Land: Der Rohstoff für Plastik ist Kohlenstoff in Form von Erdöl, das durch Polymerisation in alle möglichen chemischen Kombinationen gezwungen wird, je nach gewünschter Eigenschaft. Es gelangt über die Flüsse und den Wasserkreislauf ins Meer (und wieder zurück).

Die zwanzig Prozent des Plastikmülls, die bereits im Meer sind, kommen von der Fischerei, der Offshore-Industrie, von Öl- und Gasplattformen, aus der Aquakultur und durch den Transport von sogenannten Nurdles, das sind die Plastikpellets, aus denen Plastikprodukte gewebt, gegossen und geformt werden.

3. Aus Produkt wird Müll

Die meisten Produkte aus Plastik sind Einwegprodukte – Gummihandschuhe, Masken, Strohhalme, Tüten, Schraubverschlüsse, Essensbehälter, Folien etc. etc. Eine Plastiktüte ist weniger als 20 Minuten in Gebrauch, bevor sie zu Müll wird. Pro Minute landet ein Müllwagen voll Plastik im Meer.

4. Lieblingsplastik: Die Verpackung

Wenn wir von Plastik sprechen, ist meist ein Kunststoff aus künstlich hergestellten Molekülen gemeint. 1907 gelang es zum ersten Mal, einen solchen vollständig synthetischen Kunststoff herzustellen, das Bakelit.

Die Künstlichkeit von Plastik erklärt, warum aus Plastik überhaupt Müll werden kann: In der Natur gibt es für jede Kombination von Atomen (Moleküle) eine Verwertung, sprich Zersetzung, so dass ein Stoff immer Teil eines Kreislaufs ist und stets wiederverwertet wird. In der Natur gibt es keinen Müll, schon gar keinen Verpackungsmüll. Dieser nimmt in der Plastikwelt aber ständig zu.

5. Die ewigen Strudel

Es gibt in den Ozeanen fünf bedeutende hydrographische Wirbel, in deren Zentrum sich immense Ansammlungen von Müll, hauptsächlich Plastikmüll, gebildet haben. Berühmt ist der „Great Pacific Garbage Patch“ von der Größe Mitteleuropas, der im Nordpazifik vor der Küste Kaliforniens treibt.

6. In den tiefsten Tiefen

Die Müllstrudel sind vom All aus sichtbar, doch der Plastikmüll schafft es bis in die Tiefsee, wo man ihn erst sieht, wenn man danach taucht, wie 2019 als in 10.928 Metern Tiefe im Mariannengraben eine Plastiktüte gefunden wurde. Tatsächlich schwimmen nur etwa 15 Prozent des Plastik auf der Wasseroberfläche.

7. Winzig: Mikroplastik

Plastik, das weniger als fünf Millimeter im Durchmesser misst, ist Mikroplastik. Es entsteht schon bei der Herstellung eines Plastikprodukts und später laufend bei der Nutzung, etwa beim Waschen oder als Reifenabrieb und der (vermeintlichen) Entsorgung.

Mikroplastik wurde am Himalaya ebenso nachgewiesen wie im Sediment der Meere, wo es von Strömungen und Wirbeln umherbewegt wird. Zum besseren Verständnis unterscheidet man primäres und sekundäres Mikroplastik, mit letzterem ist jenes aus Plastikmüll gemeint.

8. Lösungen

Da das vorhandene Plastik nie wieder von alleine verschwinden wird, muss zumindest die Entstehung von Mikroplastik eingedämmt werden. Plastik einzusammeln ist daher nicht nur reine Kosmetik, ebenso wie das Recyceln. Letzteres ist allerdings auch ein energieintensiver Prozess und löst das Mikroplastikproblem nicht. Zielführender ist es, von vorne herein weniger Plastik zu produzieren und auf Einwegprodukte wo möglich zu verzichten.

Man kann Kunststoffe auch (wieder) aus natürlichen Kohlenstoffverbindungen, zum Beispiel aus Kartoffelstärke, herstellen, allerdings sind auch natürliche Ressourcen begrenzt. Die Synthetische Biologie wiederum arbeitet daran, den Grundstoff Kohlenstoff durch künstliche Photosynthese zu produzieren und könnte auch abbaubares unschädliches Plastik hervorbringen.

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