Europas Passivität wird ein Problem

Mit der Unterzeichnung des AUKUS-Abkommens haben Australien, Großbritannien und die USA ein neues Verteidigungsbündnis im Indopazifik begründet. EU-Länder spielen dabei keine Rolle. Das sollte dem alten Kontinent zu denken geben.

Illustration von Papierbooten auf rosa farbenem Grund
Das neue Verteidigungsbündnis AUKUS sieht vor allem eine Zusammenarbeit im maritimen Bereich vor. © Getty Images

Die enge Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung im AUKUS-Abkommen ergänzt die Quad (Quadrilateral Security Dialogue), eine Allianz zwischen Australien, Indien, Japan und den USA. Sowohl die Quad als auch AUKUS sind eine Antwort auf die zunehmend selbstbewussten chinesischen Ambitionen im indopazifischen Raum.

Was die AUKUS-Allianz so besonders macht, ist der Umstand, dass die USA mit ihren AUKUS-Partnern mehr streng geheime Militärtechnologien austauschen als mit jedem anderen Verbündeten. Die gemeinsame Nutzung dieser Technologien wird wahrscheinlich durch die traditionell enge angelsächsische Gruppe der „Five Eyes“ erleichtert. Dabei handelt es sich um eine erweiterte Partnerschaft, die auch den Informationsaustausch der Nachrichtendienste zwischen Australien, Kanada, Neuseeland, Großbritannien und den USA vorsieht.

Die Sicherheitsallianz soll gemäß offizieller Kommunikation folgende Punkte beinhalten:

  • Verstärkte Zusammenarbeit in der Luftraumüberwachung, durch Stationierung von US-Flugzeugen in Australien und entsprechende Flugzeugschulungen und Übungen.
  • Verstärkte Zusammenarbeit auf See durch Ausbau der Logistik und Unterstützung von US-Schiffen und U-Booten in Australien.
  • Verstärkte Zusammenarbeit der Landstreitkräfte und Durchführung von Manövern mit Verbündeten und Partnern in der Region.
  • Die Einrichtung eines kombinierten Logistik-, Instandhaltungs- und Wartungsunternehmens zur Unterstützung anspruchsvoller Kampfeinsätze und kombinierter militärischer Operationen in der Region.

Chinas Antwort

Die Reaktionen aus Peking waren dementsprechend heftig. Sie gingen so weit, dass Australien, das keine Atommacht ist und Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrags (Non-Proliferation Treaty), durch die Bereitstellung von Stützpunkten für die USA zur Zielscheibe nuklearer Angriffe werden könnte. Die chinesische Diplomatie erwähnte das Offensichtliche aber mit keiner Silbe: Wer dieser Angreifer sein würde.

Hinzu kommt, dass die neue Allianz einen recht spektakulären Start hatte: Australien kündigte seinen Vertrag mit Frankreich über den Kauf von U-Booten und erklärte sich gleichzeitig bereit, acht atomgetriebene U-Boote mit US-Technologie zu bauen. Eine Technologie, die von den USA normalerweise nicht einmal an Verbündete weitergeben wird. Jedoch betonte Canberra, dass diese U-Boote keine Atomwaffen tragen würden, da die Gesetzgebung Australiens eine nukleare Bewaffnung ausschließt. China hingegen führt ins Feld, dass die U-Boote schnell umgerüstet werden können, und lässt Australiens Argumentation nicht gelten. Da die U-Boote nicht vor 2030 einsatzbereit sein werden, könnte Australien einige Schiffe in naher Zukunft mieten.

Brüskiertes Frankreich

Das gesamte Vorgehen wurde nicht nur von China heftig kritisiert. Die schärfste Reaktion kam aus Frankreich, obwohl kein Zweifel daran besteht, dass Canberra alle vereinbarten Strafen für die Annullierung des Vertrages zahlen wird. Paris erklärte in einem harschen Statement, dass die USA unzuverlässig sind und das Vorgehen ein Verrat an einem engen Verbündeten ist. Sogar die Botschafter aus Washington und Canberra wurden zurückgerufen.

Dies ist ein beispiellos harter Akt, der sich nur durch ein starkes Gefühl der Demütigung erklären lässt. Die Illusion ist zerstört, dass Washington nach dem Ende der Trump-Regierung Frankreich wieder als einen wichtigen Verbündeten betrachten würde. Da zu Frankreich noch zwei Überseegebiete im Pazifik gehören, schadet die Situation auch dem französischen Anspruch, ein echter Akteur in dieser Region zu sein. Paris überdenkt auch seine Zukunft in der NATO. Damit Frankreich die notwendigen diplomatischen Gespräche wieder aufnehmen kann, werden gesichtswahrende Maßnahmen erforderlich sein.

Wenn man jedoch darüber nachdenkt, war die australisch-amerikanische Transaktion eindeutig nicht gegen Frankreich gerichtet. Die Art und Weise, wie Chinas Präsident Xi Jinping Wirtschaft, Gesellschaft und Partei auf Linie bringt, ist ein deutlicher Hinweis auf die Hegemonialbestrebungen Pekings. Auch die enormen außen-, militär- und sicherheitspolitischen Anstrengungen des Landes gehen in die gleiche Richtung.

Australien fühlt sich – nicht zu Unrecht – stark bedroht, und zum einen ist eine enge Allianz mit den USA effektiver, zum anderen sind nuklear betriebene U-Boote weitaus leistungsfähiger als die dieselelektrisch angetrieben Boote der Franzosen. Die atombetriebenen U-Boote sind schwieriger zu entdecken und können viel länger unter Wasser bleiben.

Jedoch berührte das Vorgehen Australiens und der USA einen empfindlichen Nerv des französischen Selbstverständnisses. Ähnlich verhält es sich mit der Entscheidung der Schweiz, für ihre Luftverteidigung die US-amerikanischen F35-Kampfflugzeuge anstelle des Eurofighters oder der französischen Rafale zu kaufen: Präsident Macron ist nach wie vor nicht bereit, ein Mitglied der Schweizer Regierung zu treffen.

Europa, nicht jammern!

Aber was ist mit der Europäischen Union und anderen europäischen Ländern? Brüssel und Berlin sprechen – ziemlich unpräzise – über ihre „wichtige“ Rolle im Indopazifik. Frau von der Leyen hat das Thema zwar angesprochen, aber bisher ist nicht viel Greifbares zu sehen. Das Gleiche gilt für die Beziehungen zu China. Dort sind Brüssel und Länder wie Deutschland gefangen zwischen ihren hohen Werte-Ansprüchen und ihren direkten Handelsinteressen. Diese Schwäche und Unentschlossenheit könnten in ein Desaster führen.

Nämlich zu keinem Erfolg an der „Werte-Front“ und gleichzeitig zum Verlust des chinesischen Marktes. Erstaunlicherweise verfolgt die neuseeländische Regierung eine ähnliche Politik – obwohl sie sich in der gleichen Lage wie Australien befindet – und hofft offenbar, von einer Konfrontation verschont zu bleiben.

AUKUS ist ein deutliches Zeichen dafür, dass sich die angelsächsischen Länder mit allen Mitteln gegen Chinas Hegemonialbestrebungen wehren. Insbesondere die größeren europäischen Länder wie Deutschland und Frankreich, aber auch die EU-Kommission, müssen ihre Positionen definieren.

Dabei darf auch die Rolle Russlands nicht vergessen werden. Leider setzt die westliche Politik Russlands in gewisser Weise unter Druck und zwingt Moskau in eine engere Zusammenarbeit mit China. Die Politik des Kremls ist jedoch recht pragmatisch. Das Hauptziel der russischen Regierung ist es, die Souveränität in ihren Entscheidungen zu wahren.