Weiß China, was es tut?

Ob die Neuordnung der Welt durch China ohne Krieg verläuft, hängt auch von Europa ab. Die Sinologin Susanne Weigelin-Schwiedrzik im Podcast.

Blick durch einen gelben Vorhang.
Warten auf Putin in der „Großen Halle des Volkes“ in Peking am 18. Oktober 2023: Der russische Präsident war zum Festakt anlässlich des 10jährigen Bestehens der „Belt and Road Initiative“ geladen. © Getty Images

Der Weg Chinas zur Weltmacht ist nicht so eben, wie es nach Außen scheinen mag: Das Projekt Neue Seidenstraße kann sich als Schuldenfalle entpuppen und der mögliche Krieg gegen Taiwan das Ende der Prosperität bedeuten. „Die Kriegsgefahr ist real und kann sich zu einem katastrophalen Steppenbrand mit Folgen für die ganze Welt entwickeln“, sagt Susanne Weigelin-Schwiedrzik.

Der Podcast

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Europa habe daher die Aufgabe, diplomatisch einzugreifen und eine Mittlerrolle in der Auseiandersetzung zwischen den USA und China einzunehmen. Denn China hat das größte Interesse an einer stabilen Ordnung. „Die Welt braucht China, und China braucht die Welt“, sagt Weigelin-Schwiedrzik.

Im aktuellen Podcast des Pragmaticus rückt die Sinologin, die bis 2020 an der Universität Wien forschte und lehrte, das westliche China-Bild zurecht. China sei viel abhängiger von der Weltwirtschaft, als viele Beobachter bedenken. Ein Krieg sei daher riskant. Denn China muss diesen Krieg gewinnen, argumentiert Weigelin- Schwiedrzik.

Die Möglichkeit, den Krieg zu verlieren, ist der Hauptgrund, warum Xi Jinping ihn noch nicht begonnen hat.

Ein festliches Abendessen. Richard Nixon blickt angespannt und verunsichert auf seine Gastgeber, den chinesischen Premier Zhou Enlai und Chang Chun-chiao von der KP China. Im HIntergrund ein großes Blumenbouquet. Das Bild illustriert einen Beitrag über China und die Gefahr eines Krieges und die Bedeutung für Europa.
Diese Zeiten sind vorbei: Der Premierminister der VR China, Zhou Enlai, mit US-Präsident Richard Nixon und dem Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Shanghais Chang Chun-chiao im Februar 1972. Susanne Weigelin-Schwiedrzik sieht in der von Nixon und seinem Außenminister Henry Kissinger damals angestoßenen Annäherung der USA an China den Anfang vom Ende der bipolaren Weltordnung. © Getty Images

Das größte Risiko eines Krieges bestehe für die chinesische Führung in einer wirtschaftlichen Rezession: Ohne die globalisierte Weltwirtschaft sei der chinesische Wohlstand nicht denkbar und von diesem hänge der Frieden im Land ab.

Ein Krieg mit Taiwan würde Lieferketten und Produktionsstätten zum Erliegen bringen und die Weltwirtschaft in eine tiefe Krise stürzen. Besonders Europa würde hart davon getroffen. Produzieren doch europäische Unternehmen in China zu einem beträchtlichen Anteil für den chinesischen Markt: „Es ist so komplex miteinander verwoben, dass weder De-Risking noch De-Coupling Lösungen für das Problem sind.“

Über Susanne Weigelin-Schwiedrzik

Susanne Weigelin-Schwiedrzik ist Sinologin. Von ihrer Professur für Moderne Sinologie an der Universität Heidelberg (1989 bis 2002) wurde sie 2002 an die Universität Wien berufen, wo sie bis 2020 als Professorin am Institut für Ostasienwissenschaften tätig war. Seit 2012 ist sie korrespondierendes Mitglied in der philosophisch-historischen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). In ihrer Forschung hat sie sich insbesondere mit der chinesischen Geschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts und zeitgenössischer chinesischen Diskursen über historische Ereignisse wie die große Chinesische Hungersnot und die Kulturrevolution auseinandergesetzt. Sie ist Autorin zahlreicher Bücher. Zuletzt erschien von ihr im Brandstätter Verlag das Buch „China und die Neuordnung der Welt“. Weigelin-Schwiedrzik schreibt als Autorin für den Pragmaticus.

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