Bei Strommangel drohen Fahrverbote

Das deutsche Ziel, den eigenen CO2-Beitrag auf Null zu senken, wird die Elektromobilität vor große praktische Probleme stellen. Im schlimmsten Fall droht sogar eine Kontingentierung von Strom.

Illustration von E-Auto neben einer übergroßen Batterie
Wird es für alle E-Autos genügend Strom geben? © Getty Images
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Auf den Punkt gebracht

  • Enormer Bedarf. Der rasante Zuwachs an Elektroautos wird zu unerfreulichen Engpässen beim Aufladen und der Nachfrage nach grünem Strom führen.
  • Getrübte Ökobilanz. Die Herstellung der Batterien in Südostasien erfolgt unter wenig umweltfreundlichen Bedingungen. CO2-Rucksack inklusive.
  • Instabile Verhältnisse. Wegen mangelnder Konstanz wird Energie aus Wind- und Sonnenkraft auch „Zappelstrom“ genannt.
  • Politischer Irrweg. Die Abschaltung von Kohlekraftwerken und Atommeilern wird Deutschland im internationalen Wettbewerb zurückwerfen.

Viele Kritiker der Energiewende fragen sich, warum ausgerechnet Deutschland, das durch Kernenergie- und Kohleausstieg einen massiven Verlust von 80 Prozent der Stromerzeugungskapazität zu verkraften hat, sich dem Ziel unterwirft, nicht nur die Stromerzeugung, sondern auch die Wärmeversorgung als auch den Verkehr auf regenerative Stromquellen umzustellen. Dass Norwegen seinen Autoverkehr auf E-Autos umstellen will, kann man nachvollziehen – es ist ein Stromexportland wegen seiner hohen Wasserkraftpotenziale. Strom nimmt man dort heute schon zum Heizen, warum nicht auch zum Autofahren, zumal man keine eigene Kraftfahrzeugindustrie besitzt.

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In China hat die starke Unterstützung der Elektromobilität vornehmlich das Ziel, die Belastung der großen Städte zu reduzieren. Dort verlagert man das Umweltproblem zu den Kohle- und Kernkraftwerken in der Peripherie. Außerdem ist China arm an Erdöl. CO2-Minimierung ist dort jedenfalls nicht das primäre Ziel der E-Autostrategie. Schon eher, sich mit der E-Mobilität unabhängig von Verbrennungstechnologien, die insbesondere aus Deutschland stammen, zu machen, zu dessen hochentwickelten Entwicklungsstand man nur schwer wird aufschließen können.

Schwierige Energiewende

Die Umstellung des Energiesektors in Deutschland wird von dem Ziel geleitet, den CO2-Beitrag auf null zu senken. Das weltweite Klima soll nicht mehr von Deutschland aus belastet werden. Das Zauberwort heißt Sektorkopplung. Entstanden ist es aus dem Ziel, die Energiewende in Deutschland mit zwei Technologien zu schaffen, Wind- und Sonnenstrom, die allerdings höchst volatil sind und daher von Kritikern Flatterstrom oder Zappelstrom genannt werden. So war das Ziel der schnellen Einbeziehung des Verkehrs- und des Wärmesektors auch dadurch getrieben, dass man meinte, auf diese Weise die den Strombedarf überschießenden Tagesspitzen von Wind- und Sonnenstrom in anderen Sektoren unterzubringen zu können. Dass man allerdings in der Elektromobilität keinen Speicher zur Ausregelung des Zappelstroms vorfindet, sondern schlicht einen neuen zusätzlichen Verbraucher, dämmerte den politisch führenden Kräften in Deutschland spät.

Die Energiepolitik Deutschlands ist ein Trauerspiel.

Und dass selbst bei Umstellung der gesamten deutschen Stromerzeugung auf Wind und Sonne E-Autos erheblich zur CO2-Emission beitragen, wenn die Batterien – was heute ausschließlich der Fall ist – in Südostasien hergestellt werden, wird gerne verdrängt. Heute ist jedenfalls der Ausstoß eines E-Autos größer als der eines benzin- oder dieselgetriebenen Fahrzeugs. Der Ökonom Hans-Werner Sinn kann sich das nur dadurch erklären, „dass hinter den Beschlüssen der EU auch industriepolitische Absichten stehen. Die Entrüstung über die Manipulationen der Automobilindustrie bot die historische Gelegenheit, bei der Manipulation der Formel für die Flottenverbrauchswerte so kräftig hinzulangen“, dass die in der Dieseltechnik führenden deutschen Hersteller auf „Elektromobilität umrüsten und sich wieder hinten anstellen“ müssen. Denn der Grenzwert für 2030 mit 2,2 Liter Diesel und 2,6 Liter Benzin pro 100 Kilometer ist ingenieurtechnisch unrealistisch. Frankreich hat sich wegen seines hohen Kernenergieanteils auf Elektroautos spezialisiert und sich in Brüssel mit den Grünen im Europäischen Parlament verbündet und darum gerungen, Standards zu setzen, die der deutschen Automobilindustrie die Luft abschnüren. Die deutsche Bundesregierung ließ es geschehen, Umweltministerin Schultze begrüßte die neue Regelung als „wichtigen Baustein für den Klimaschutz im Verkehrsbereich.“

Schlechte Bilanz

Es ist ein Trauerspiel, wie Deutschland sein weltweites Alleinstellungsmerkmal in der nunmehr nahezu schadstofffreien und CO2-effizienten Dieseltechnologie mit den damit verbundenen Arbeitsplätzen gegen batteriebetriebene Fahrzeuge eintauscht, die in den nächsten 15 Jahren keinen Beitrag zur CO2-Minderung leisten. Denn nach einer Studie im Auftrag des ADAC und des österreichischen Automobilclubs stößt ein Diesel-Golf bis zu einer Fahrleistung von 219.000 Kilometer weniger CO2 aus als ein E-Golf. Auch 2030 bis 2040, bei angenommener 100 Prozent-Versorgung mit CO2-freiem Strom, gilt dies für die ersten 40.500 Kilometer – wegen des chinesischen oder ostasiatischen CO2-Rucksacks, den die Batterie trägt. Und China denkt nicht daran, die CO2-Emissionen bis 2035 sinken zu lassen. VW garantiert immerhin acht Jahre Lebensdauer für seine Batterie. Danach geht das Spiel von neuem los.

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Zahlen & Fakten

  • Würde Volkswagen nur Elektroautos produzieren, benötigte der Konzern 130.000 Tonnen Kobalt pro Jahr.
  • Der CO2-Rucksack der Batterie macht einen rein mit Ökostrom betrieben VW Golf erst nach 40.500 Kilometern umweltfreundlicher als sein Verbrenner-Pendant.
  • Zur Sicherstellung des Strombedarfs bei kompletter Umstellung auf Elektromobilität müsste die Zahl der Solar- und Windkraftanlagen mehr als verdoppelt werden.
  • Wenn wetterbedingt weder Wind oder Sonne genutzt werden können, kommt es zu Strom-Engpässen.

Aber noch stehen wir ja am Anfang der Batterieforschung, denken wir alle. Doch Robert Schlögl, Direktor am Berliner Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft, sieht die Batterietechnologie als „nahezu ausgereizt. Es gibt physikalische Grenzen. Bei jeder Batterie wird für jedes Elektron, das man speichern will, mindestens ein weiteres ganzes Atom zur Speicherung benötigt. Das macht Batterien zwangsläufig schwer und sehr ineffizient. Lithium ist bereits das leichteste Metall.“ Mit ein paar technischen Änderungen können Batterien in den nächsten zehn bis 20 Jahren maximal noch um den Faktor zwei leistungsfähiger gemacht werden. Und schon droht die nächste Knappheit. Würde VW nur noch E-Autos produzieren, so benötigte der Konzern etwa 130.000 Tonnen Kobalt pro Jahr. Die Weltjahresproduktion beträgt heute 123.000 Tonnen, schreibt Jörg Wellnitz, Professor an der TH Ingolstadt.

Fehlende Weitsicht

In Deutschland wird leider zu oft das zur Politik, was auf grünen Parteitagen von Nicht-Naturwissenschaftlern und Nicht-Ökonomen in Parteitagsbeschlüsse auf Grund des Hörensagens zusammengebastelt worden ist. Verbot des Verbrennungsmotors im Jahre 2030 und Batteriefahrzeuge eben, die in den nächsten zwei Jahrzehnten die CO2-Bilanz eher verschlechtern, solange die Batterien aus Südostasien kommen. So werden in Deutschland zig Milliarden in die Umstellung der Infrastruktur ausgegeben werden. Praktisch jede Straße in den Innenstädten muss aufgerissen werden, um die notwendigen Verstärkungen für die in den Städten benötigten Ladeanschlüsse einzubauen. Die Infrastrukturkosten für synthetische Kraftstoffe wären nahe null.

Für die 47 Millionen PKW, von denen jeder im Durchschnitt 12.000 Kilometer jährlich fährt, werden 142 Terawattstunden Strom benötigt. Das entspricht in etwa der elektrischen Erzeugung aller Windkraftwerke und Solarpaneele des Jahres 2017. Allein hierfür wäre also eine Verdoppelung der Wind- und Solaranlagen erforderlich. Insofern geht es doch gerecht zu zwischen Stadt und Land: In den Städten werden die Straßen aufgerissen und im Lande wird die Anzahl der Windkraftanlagen verdoppelt. CO2-Effekt: auf sehr lange Sicht null. Nur bei Stromflaute entsteht ein neues Problem, nämlich sich zu entscheiden zwischen Heizung, Licht, Strom und Auto, die alle am gleichen Kabel hängen. Allerdings wird dann die Entscheidung nicht mehr von den einzelnen Bürgern getroffen, sondern von anderen Entscheidungsbefugten.

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Conclusio

Deutschland verspielt mit dem engen Fokus auf Elektromobilität seine industrie-technologische Führungsrolle in der Welt. Zudem sieht die Ökobilanz von E-Autos nicht so rosig aus, wie die Politik behauptet. Technologie-Offenheit mit den Optionen Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe, sowie einem sinnvollen Einsatz von Verbrennern, würde saubere Mobilität sichern – ohne Milliarden an Euros in den Sand zu setzen. Um Mobilität für alle zu sichern, müssen die wahren Vor- und Nachteile von Elektromobilität auf den Tisch. Denn Fahrverbote und Stromknappheit sind für unsere Demokratie brandgefährlich.