Warum Elektroautos dem Klima schaden
Mehr E-Autos bedeuten erhöhten Strombedarf. Dieser kann jedoch derzeit nur mit dem Einsatz konventioneller Kraftwerke erzeugt werden, die dem Klima schaden. Synthetische Kraftstoffe könnten eine sinnvolle Alternative sein.
Auf den Punkt gebracht
- Kraftwerks-Probleme. Um alle E-Autos grün zu betreiben, fehlen große Mengen an Ökostrom. Fossile Energieträger sind in ganz Europa großer Teil des Energiemix.
- Sauberer Strom? Bei näherem Hinblick auf die Vermeidungskosten der E-Mobilität zeigt sich: Sie ist kein besonders effizientes Mittel für den Klimaschutz.
- Vorbild Photosynthese. Synthetisch hergestellte Kraftstoffe wären, gemeinsam mit Wasserstoff, eine brauchbare Alternative zur E-Mobilität.
- Technologie-Offensive. Der Appell für eine technologieoffene Umstellung auf alternative Antriebe wird lauter. Und das zu Recht.
Der Verkehrssektor ist nach dem Industrie- und Energiesektor der größte Verursacher von Treibhausgasemissionen. In Deutschland ist er für circa 20 Prozent, in Österreich sogar für circa 29 Prozent der Emissionen verantwortlich. Während der Industrie- und Energiesektor im europäischen Emissionshandelssystem integriert ist, liegt die Emissionsreduktion im Verkehrssektor im Verantwortungsbereich der Einzelstaaten. Bis 2030 müssen die Emissionen in den Sektoren außerhalb des Emissionshandelssystems im Vergleich zu 2005 um 38 Prozent sinken, ansonsten drohen hohe Strafzahlungen. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich setzt die Politik auf Elektroautos, um die Emissionen im Verkehrssektor zu reduzieren und fördert diese mit einer Kaufprämie von mehreren tausend Euro. Die Sinnhaftigkeit dieser Strategie ist offensichtlich von der tatsächlichen Klimabilanz und den Kosten der Elektromobilität abhängig.
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Die EU-Vorgaben für den Flottenverbrauch determinieren das Wachstum der Elektromobilität: Um die geforderte durchschnittliche Emission von 59 Gramm CO2 pro Kilometer in 2030 zu erreichen, sind die Automobilhersteller gezwungen, Elektrofahrzeuge (Plug-in-Hybride und vollelektrische Fahrzeuge) in den Markt zu bringen. Dies wird nach derzeitigem Stand dazu führen, dass im Jahre 2030 circa 20 Prozent der Fahrzeugflotte Elektrofahrzeuge sein werden. In Österreich würden somit im Jahr 2030 circa eine Million Elektrofahrzeuge auf den Straßen fahren. Dadurch entsteht ein zusätzlicher Strombedarf von circa 2,6 Terawattstunden im Jahr (2030).
Die Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) hat berechnet, dass Österreich zusätzlichen Strombedarf aus fossilen Energieträgern speist, die circa 860 Gramm CO2 pro Kilowattstunde Strom emittieren. Diesen Effekt vernachlässigen Studien, die wie das Fraunhofer Institut den durchschnittlichen Strommix für die Berechnung heranziehen und damit zu einer deutlich optimistischeren Emissionsbilanz kommen. Natürlich kann man einwenden, dass Österreich bereits heute einen hohen Anteil von circa 75 Prozent Erneuerbaren in der Stromerzeugung hat und dieser weiter steigt, so dass Elektrofahrzeuge in Österreich eventuell schon in näherer Zukunft zu einer CO2 Einsparung führen. Dies gilt jedoch nur, wenn man vernachlässigt, dass österreichischer grüner Strom im europäischen Ausland zur Abschaltung fossiler Energieerzeugung verwendet werden kann. Da der Anteil fossiler Energieträger im Marginalmix in den meisten europäischen Ländern noch viele Jahre auf hohem Niveau liegen wird (in Deutschland besteht der Marginalmix beispielsweise zur Zeit nur aus fossilen Energieträgern und zu mehr als 90 Prozent aus Kohlestrom), wäre der CO2-Einspareffekt von Stromexporten höher, als die Einsparung durch das Ersetzen von Verbrennern durch Elektrofahrzeuge.
Allerdings reicht eine reine Betrachtung der CO2-Effekte nicht aus, um die ökologische Sinnhaftigkeit der E-Mobilität zu beurteilen: Um das Klima wirkungsvoll zu schützen, müssen Maßnahmen zur CO2-Reduktion auch volkswirtschaftlich effizient sein. Dies bedeutet, dass sie so gewählt werden sollten, dass pro investiertem Euro eine größtmögliche CO2-Reduktion erreicht wird. Zu diesem Zweck hat die Europäische Union das EU-Emissionshandelssystem (ETS) ins Leben gerufen. In diesem System werden eine stetig sinkende Zahl von Emissionszertifikaten ausgegeben, wodurch sich die Gesamtemissionen kontinuierlich reduzieren. Die Unternehmen erhalten diese Zertifikate beziehungsweise müssen sie ersteigern und können damit handeln. Damit wird ein volkswirtschaftliches Paretooptimum erreicht: Unternehmen wägen ab, ob sie Zertifikate kaufen, oder durch Investitionen den CO2 Ausstoß reduzieren. Der Marktpreis der Zertifikate synchronisiert dabei die Unternehmen und stellt sicher, dass die günstigsten Maßnahmen zuerst ergriffen werden. Demzufolge spiegelt der CO2-Zertifikatepreis die gegenwärtigen Vermeidungskosten wider und liegt derzeit bei circa 25 Euro pro Tonne Kohlendioxid.
Hohe Kosten für Umstellung auf E-Mobilität
Betrachtet man nun die Vermeidungskosten der E-Mobilität, so bestehen diese aus den Mehrkosten für die Fahrzeuge und denen für die Netz- und Ladeinfrastruktur abzüglich der Einsparungen bei den Kraftstoffkosten. Selbst wenn man annimmt, dass Elektrofahrzeuge bis 2030 billiger sein werden als Verbrenner, entstehen für Österreich bis 2030 volkswirtschaftliche Mehrkosten in Höhe von circa fünf Milliarden Euro. Würden Elektrofahrzeuge bereits heute nur mit erneuerbarer Energie betrieben, so ergäben sich CO2-Einsparungen in Höhe von circa zehn Millionen Tonnen CO2 bis 2030. Daraus errechnen sich für den besten Fall Vermeidungskosten von 500 Euro pro Tonne. Man sieht, dass die E-Mobilität gesamtwirtschaftlich kein besonders effizientes Mittel zum Klimaschutz ist, besonders, wenn man mit den Vermeidungskosten in den im Emissionshandelssystem angeschlossenen Industrien vergleicht. Mit den Kosten, mit denen eine Tonne CO2 durch die E-Mobilität eingespart werden kann, können in anderen Sektoren derzeit circa 20 Tonnen CO2 eingespart werden. Dabei ist auch zu beachten, dass Benzin und Diesel bereits heute sehr hoch besteuert sind. In Deutschland beträgt allein die Ökosteuer auf Benzin über 65 Euro je Tonne CO2. Dies bedeutet, dass mit jeder im Verkehr ausgestoßenen Tonne CO2 über zwei Tonnen im Emissionshandelssystem stillgelegt werden könnten.
Die prominentesten Alternativen zur E-Mobilität sind Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe.
Aber natürlich sollten zumindest mittelfristig auch im Verkehrssektor CO2-Emissionen reduziert werden. Die prominentesten Alternativen zur E-Mobilität sind Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe. Wasserstoff als Energieträger erfordert neue Fahrzeuge mit Brennstoffzelle und eine neue Versorgungsinfrastruktur. Er hat daher ebenso wie die Elektromobilität hohe volkswirtschaftliche Kosten. Syn-Fuels hingegen können in den bestehenden Fahrzeugen eingesetzt werden und über das existierende Tankstellennetz vertrieben werden. Sie können auch den fossilen Kraftstoffen zugemischt werden und haben damit erhebliche Vorteile, was die Praxistauglichkeit betrifft. Oft wird die im Vergleich zur E-Mobilität schlechtere Wirkungsgradkette als Argument gegen Syn-Fuels angebracht. Dies ist jedoch bei genauerer Betrachtung ein Scheinargument: Relevant sind letztlich die Vermeidungskosten und diese liegen bei Syn-Fuels im Durchschnitt über die nächste Dekade bei circa 130 Euro pro Tonne CO2. Um diesen Wert zu erreichen, müssen Syn-Fuels natürlich effizient aus erneuerbaren Energien hergestellt werden. Da Syn-Fuels gut zu transportieren sind, bietet sich eine Produktion in sonnenreichen Gebieten, zum Beispiel in Nordafrika oder dem Nahen Osten an. Dort kann mit solarthermisch produziertem Strom, der sehr niedrige CO2-Emissionen hat, Wasserstoff hergestellt werden, der dann mit CO2 aus der Luft oder industriellen Quellen zu synthetischem Kraftstoff verwandelt wird.
Würden Syn-Fuels so großindustriell hergestellt, kann in der nächsten Dekade Preisparität zu fossilen Kraftstoffen erreicht und damit der gesamte Bestand an Fahrzeugen dekarbonisiert werden. Syn-Fuels sind besonders auch deshalb ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz, da in vielen Regionen der Welt (zum Beispiel in Afrika) eine Elektrifizierung des PKW-Bestands weder ökonomisch noch praktisch möglich ist.
Zahlen & Fakten
- Mit den Kosten, mit denen eine Tonne CO2 durch E-Mobilität eingespart werden, können in anderen Sektoren derzeit 20 Tonnen CO2 eingespart werden.
- Österreich hat bereits heute einen hohen Anteil von circa 75 Prozent erneuerbarer Energien in der Stromerzeugung.
- Bis 2030 werden rund 1 Million E-Autos in Österreich fahren.
Wie kann also der Verkehrssektor verantwortlich und gleichzeitig effizient dekarbonisiert werden? Alle Antriebtechnologien haben spezifische Vor- und Nachteile und sind mit Unsicherheiten bezüglich des technischen Fortschritts behaftet. Wir plädieren für ein technologieoffenes Vorgehen: Sobald erneuerbare Energie in ausreichendem Maß zur Verfügung steht, können Elektrofahrzeuge eine Alternative für Nutzungsprofile mit zum Beispiel niedrigen Reichweitenanforderungen sein. Dies wird voraussichtlich jedoch noch lange dauern, gerade in Deutschland. Bis dahin und generell für längere Reichweiten und den Gütertransport erscheinen synthetische Kraftstoffe als die bessere Alternative. Diese sollten auch durch eine Anrechnung synthetischer Kraftstoffe auf den europäischen Flottenverbrauch gefördert werden.
Conclusio
Die Sinnhaftigkeit einer weitgehenden Umstellung des Verkehrs auf Elektromobilität steht und fällt mit der Umweltbilanz des Stroms. Hinzu kommt die Beachtung der Kosten-Nutzen-Faktoren. Der Hauptgrund für die Forcierung von E-Autos besteht in strengen Klimaschutz-Zielen für die Automobilindustrie. Um Strafzahlungen zu vermeiden, presst die Branche üppig geförderte Elektroautos in den Markt. Neben der Elektromobilität sollten andere Energieträger für Autos nicht vergessen werden: Wasserstoff-Technologie und synthetische Kraftstoffe etwa.