Trumps Energiepolitik als Weckruf für Europa

In der Klima- und Energiepolitik gehen die USA und die EU getrennte Wege. Die Europäer sollten jedoch ihre Empörung zurückschrauben, aber nicht vorauseilend Zugeständnisse machen.

Beitragsbild zum Thema Energiepolitik. Ein Bosch-Mitarbeiter bereitet einen Test für eine Brennstoffzelle vor.
Ein Bosch-Ingenieur überprüft ein Brennstoffzellen-Antriebssystem – im Schwerlastverkehr oder der Schifffahrt kann Wasserstoff eine Alternative zu fossilen Brennstoffen sein. © Getty Images
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Auf den Punkt gebracht

  • Preisschere. Industriestrom kostet in den USA nur 40–80 Dollar pro MWh, während europäische Unternehmen mit 100–150 Euro pro MWh belastet werden.
  • Marktlogik. Fossile Brennstoffe bleiben attraktiv, solange klimafreundliche Alternativen nicht günstiger werden – egal, was Europa macht.
  • Wettbewerb. Eine Befreiung europäischer Exporte vom CO2-Preis würde die Wettbewerbsfähigkeit stärken.
  • Gasnachfrage: Blauer Wasserstoff aus Erdgas mit CO2-Abscheidung bietet mittelfristig eine Alternative zu grünem Wasserstoff.

Der große Deal: Dieser Beitrag beleuchtet einen von vier Bereichen, wie die EU mit den USA unter Trump umgehen sollte.

Unter Donald Trump wollen die USA neuerlich das Pariser Klimaabkommen verlassen. Stattdessen setzt man in Washington nach dem Motto „Drill, baby, drill!“ verstärkt auf günstige fossile Energie wie Öl und Gas. Anfang des Jahres waren die Strompreise für die energieintensive Industrie in den USA mit (je nach Vergünstigungen) 40 bis 80 Dollar pro Megawattstunde (MWh) vielfach niedriger als in Deutschland (100 bis 150 Euro pro MWh) oder Österreich (130 Euro pro MWh).

Bedeutet das einen Wettbewerbsnachteil, den heimische Produzenten nicht mehr stemmen können? Und müssen die Europäer ihre Klimaziele herunterschrauben?

Statt die Flinte ins Korn zu werfen, sollte Europa den Schwenk in der US-Klimapolitik als Weckruf sehen, endlich seine Hausaufgaben zu machen. Wir müssen unsere Klimaziele kosteneffizienter erreichen und die Rolle der EU bei globalen Klimakooperationen stärken. In Europa und den USA leben eine Milliarde Menschen, weltweit streben weitere sieben Milliarden Menschen nach Wohlstand und Wachstum. Die Reserven an Kohle, Öl und Gas werden nicht im Boden bleiben, solange klimafreundliche Technologien nicht wirklich günstiger werden.

Globaler Klimaklub

Eine Möglichkeit dazu wären internationale Abkommen, um CO2-Emissionen zu bepreisen und somit fossile Energieträger relativ teurer zu machen. Andererseits könnten wir uns darauf fokussieren, die Kosten für grüne Technologien zu senken, sodass sie gegenüber fossilen Brennstoffen wirtschaftlich attraktiver werden.

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Zahlen & Fakten

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Um diese Ziele zu erreichen, müsste Europa die globale Kooperation und die eigene Wettbewerbsfähigkeit stärken: Derzeit bepreisen wir über den Emissionshandel heimische CO2-intensive Industrien. Parallel dazu sollen künftig Importeure über den Carbon Border Adjustment Mechanism einen CO2-Preis für Emissionen zahlen, die bei der Produktion von Einfuhren entstanden. Man könnte erwägen, EU-Exporte vom CO2-Preis zu befreien. Dies würde die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen deutlich verbessern. Gleichzeitig würden die Anreize für unsere Handelspartner höher, einen gemeinsamen „Klimaklub“ mit einheitlichen CO2-Preisen zu schaffen.

Erdgas bei Energiepolitik mitdenken

Beim Thema Erdgas sollten wir pragmatisch bleiben. So ist etwa blauer Wasserstoff – aus Erdgas mit CO2-Abscheidung – zumindest mittelfristig günstiger und schneller verfügbar als grüner Wasserstoff, der aus erneuerbarem Strom gewonnen wird. Ein attraktiver Handelspartner wäre hier Norwegen; auch Flüssiggas aus den USA könnte eine Option sein, allerdings müsste überlegt werden, wie Methanlecks gering gehalten werden.

Gegenüber den USA unter Trump sollten wir unsere Empörung zurückschrauben, aber auch nicht vorauseilend Zugeständnisse machen. Stattdessen müssen wir Europäer auf Basis unserer Interessen strategisch überlegen, welche Position wir wollen. Die zentrale Herausforderung liegt darin, Wachstum, Wehrhaftigkeit und Klimaschutz unter einen Hut zu bringen. Die Beziehungen zu den USA werden auch dann wichtig bleiben, wenn sie sich zunehmend aus der regelbasierten Ordnung zurückziehen. Europäische Stärke wird eine Grundlage für diese Beziehung sein.

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Conclusio

Drill. Die USA setzten noch stärker als bisher auf eine fossile Energiepolitik. Die erheblichen Preisunterschiede bei Industriestrom stellen europäische Unternehmen vor massive Wettbewerbsnachteile.

Kosten. Diese Entwicklung offenbart jedoch die Notwendigkeit für Europa, seine Klimastrategie effizienter zu gestalten und internationale Klimakooperationen zu stärken, da die weltweiten fossilen Reserven nur dann im Boden bleiben werden, wenn klimafreundliche Alternativen wirtschaftlich attraktiver sind.

Pragmatismus. Die EU könnte die eigenen Exporte vom CO2-Preis entbinden und sich für eine Bildung eines internationalen „Klimaklubs“ mit einheitlichen Emissionspreisen einsetzen. US-Erdgas könnte Europa außerdem mit blauem Wasserstoff versorgen.

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