EU-USA: Globale Freihandelszone statt Zollstreit
Die EU und die USA stecken tief in einem kostspieligen Zollstreit. Dabei gäbe es genug Potenzial, um Handelsbarrieren abzubauen. Der Trump-Schock könnte der richtige Moment dafür sein.

Auf den Punkt gebracht
- Riesen. EU und USA generieren zusammen fast ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung.
- Ausgleich. Während die USA mehr Waren aus der EU kaufen als umgekehrt, ist die Situation bei den zukunftsträchtigen Dienstleistungen umgedreht.
- Innovation. Europa müsste vorhandene Spitzenforschung zu wettbewerbsfähigen Industrien weiterentwickeln, um mithalten zu können.
- Zollstreit. Etliche protektionistische Maßnahmen – wie ungleiche Zölle auf Autos – könnten als Teil eines Deals abgeschafft werden.
Der große Deal: Dieser Beitrag beleuchtet einen von vier Bereichen, wie die EU mit den USA unter Trump umgehen sollte.
Die USA und die EU erwirtschaften – um die Kaufkraft bereinigt – gemeinsam rund 30 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung und tragen ebenfalls zu etwa 30 Prozent des weltweiten Güterhandels bei. Allein zwischen den beiden Volkswirtschaften wurden im Jahr 2023 Waren und Dienstleistungen im Wert von 1,6 Billionen Euro über den Atlantik gehandelt. Ein Betrag, der die gesamte jährliche Wirtschaftsleistung Spaniens übertrifft. Der Wert gegenseitiger Investitionen – etwa der Bau von neuen Produktionsstätten oder Firmenübernahmen – stieg 2022 auf rund 5,3 Billionen Euro.
Weitere Punkte für einen großen Deal
Aufgrund historischer Partnerschaften ergänzen sich beide Seiten gut. Die EU exportiert mehr in die USA als umgekehrt, vor allem Pharmaprodukte, Maschinen und Kraftfahrzeuge. US-amerikanische Unternehmen wie Google, Netflix und Co erbringen deutlich mehr (digitale) Dienstleistungen in der EU. In zukunftsträchtigen Wirtschaftsbereichen mit hohem Wachstumspotenzial ist die technologische Vorherrschaft der USA unbestreitbar, insbesondere in den Bereichen Software und Big Tech. Europäische Unternehmen haben Schwierigkeiten, hier mitzuhalten, während China durch massive staatliche Eingriffe und Subventionen aufholt und den Wettbewerb zunehmend verzerrt.
In einigen Schlüsselbereichen wie Biotech, Quantencomputer, Wasserstofftechnologien, Energiespeicher und Weltraumtechnologie gibt es auch in der EU großes Potenzial. Entscheidend ist jedoch, Innovationen in diesen Feldern in marktfähige Unternehmen zu überführen.
Hintergrund des Zollstreits
Gleichzeitig verfolgt Donald Trump eine aggressive Wirtschaftspolitik, um Investitionen in die US-Industrie zu steigern. Ein Standortwettbewerb zwischen Europa und den USA, der vor allem mit Zöllen und anderen protektionistischen Maßnahmen ausgetragen wird, schwächt derzeit beide.
Dabei gäbe es genügend Spielraum, um Zölle zu senken: Die EU erhebt auf Autos Zölle in Höhe von 10 Prozent, die USA – vor Trumps Erhöhungen – nur 2,5 Prozent. Auf Pick-up-Trucks, das beliebteste Fahrzeugmodell in den USA mit einem Marktanteil von rund einem Drittel, hob die USA bis zuletzt einen 25-Prozent-Zoll ein. Die EU-Zölle für Pick-ups sind niedriger und betragen 22 Prozent.
Globale Handelszone
Eine konstruktive – wenn auch derzeit wenig realistische – Alternative wäre ein umfassendes Handels- und Investitionsabkommen, das, wie von Trump gefordert, Zölle und Handelsbarrieren für die USA abbaut und es Unternehmen über ein Investitionskapital erleichtert, in beiden Märkten tätig zu sein. Durch die Reduktion regulatorischer Hürden könnte eine solche Vereinbarung Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks im Wettbewerb mit chinesischer Konkurrenz stärken.
Würde man etwa die Vertragstexte aus anderen großen Handelsabkommen wie CETA (EU-Kanada), USMCA (USA-Mexiko-Kanada), TPP (Pazifikstaaten) oder Mercosur (EU-Lateinamerika) an ein potenzielles Abkommen zwischen den USA und der EU angleichen, ließe sich damit ein neues Handelssystem definieren, dem sich China aus wirtschaftlichem Eigeninteresse kaum entziehen könnte.
Im geopolitischen Wettbewerb könnte ein solches Abkommen die Grundlage für ein neues Regelwerk im Welthandel schaffen, das auch US-Interessen im Systemkonflikt mit China stärker berücksichtigt.
Conclusio
Wirtschaftsmacht. Die wirtschaftliche Partnerschaft zwischen der EU und den USA, die gemeinsam 30 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung ausmachen und Waren im Wert von 1,6 Billionen Euro jährlich austauschen, wird durch den Handelskrieg massiv belastet.
Spielraum: Der aktuelle wirtschaftliche Schock durch Zölle und Gegenzölle könnte nicht nur abgefedert werden, sondern in mehr Freihandel als zuvor münden.
Zukunftsstrategie: Die EU sollte daher weiterhin proaktiv auf die USA zugehen und ein umfassendes Handels- und Investitionsabkommen anstreben, das Zölle abbaut, regulatorische Hürden reduziert und ein neues Regelwerk für den globalen Handel schafft.