Erdbeben: unvorhersehbar und immer nah
Die Seismologin Maria-Theresia Apoloner erklärt, warum meist nur wenige Sekunden bleiben, um zu versuchen, sich vor einem Erdbeben in Sicherheit zu bringen.

Nicht immer spürbar, bebt und bewegt sich die Erdoberfläche permanent: Der Meeresboden schiebt sich unter die Kontinentalplatten, Erdplatten stoßen aneinander, Vulkane schleudern das Erdinnere hinaus, selbst der Wind, der die Meere bewegt, erzeugt Bewegungen in der Erdkruste.
Maria-Theresia Apoloner gehört zu den relativ wenigen Forschern weltweit, die dieses kontinuierliche Wackeln, Ruckeln und Schwingen messen und immer neue Methoden entwickeln, um daraus resultierende Beben besser vorhersagen zu können. Dieser Podcast beschäftigt sich mit der Kunst der Messung und den Wissenschaften hinter den Frühwarnsystemen.
Der Podcast über Erdbeben
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Je nachdem, wie weit wir von dem Erdbeben weg sind, haben wir ein paar Sekunden oder ein paar Minuten Zeit.
Maria-Theresia Apoloner, Seismologin, über die Grenzen von Frühwarnsystemen

Österreich hatte zuletzt 1972 ein großes Beben. Entstanden im niederösterreichischen Seebenstein erreichte es eine Magnitude von 5,3 auf der Richterskala und war 500 Kilometer weit zu spüren. Selbst in Wien, achtzig Kilometer entfernt, kam es zu Schäden an Gebäuden.
Solch starke Beben entsprechen den geologischen Gegebenheiten in Österreich, das die Alpen auch einem Erdbeben zu verdanken hat. Dieses wurde durch den Zusammenprall von adriatischer und eurasischer Kontinentalplatte ausgelöst. Die Alpen wurden so hochgestülpt.

Das Beben in den Abruzzen in Italien am 6. April 2009 kam in der Nacht. Es erreichte eine Stärke von 6,3 auf der Momenten-Magnituden-Skala. Das Hypozentrum des Erdbebens befand sich in 8,8 Kilometern Tiefe, fünf Kilometer vom Stadtzentrum L'Aquilas entfernt.
Der Apennin, der Gebirgsrücken der Italien von Nord nach Süd durchzieht, ist eine Ursache des Bebens. Die adriatische Platte schiebt sich von Ost nach West unter den Apennin, was Abschiebungen auslösen kann, eine Art Hangrutschung tief im Erdboden. Außerdem prallen dort die Eurasische Platte und die Afrikanische Platte aufeinander. Bei dem Beben starben 308 Menschen.
Wo es tiefe Gräben, Gebirgszüge und Verwerfungen gibt, gibt es auch viele Vulkane, viel Erdbewegung und damit viele Beben. Das gilt nicht nur für Gebiete auf der Erdoberfläche wie dem Apennin, sondern auch für die Gebirgszüge der Ozeane. Ein besonders graben- und gebirgsreiches Gebiet liegt im Pazifik (die das Gebiet zudem noch reich an Metallen machen, die heute als Rohstoffe begehrt sind).
Was soll man tun, wenn man spürt, die Erde bebt? Sich unter einen Türrahmen stellen oder unter einen Tisch setzen, darauf achten, dass man nicht von herabfallenden Gegenständen getroffen werden kann, rät Apoloner.

Einzelne Betroffene sind dennoch relativ hilflos, der Katastrophenschutz beginnt bei der Infrastruktur: Gebäude lassen sich erdbebensicher bauen. Auch die Verbesserung des seismologischen Wissensstandes erhöht den Schutz vor den Folgen schwerer Beben indem Frühwarnsysteme präziser warnen können. Auch Evakuierungspläne gehören zum Erdbebenschutz. Je ärmer jedoch Staaten sind, desto weniger kann in den Katastrophenschutz investiert werden.
Was Frühwarnsysteme ausnutzen, ist die typische Sequenz der Beben: Immer kommt es zu einer Primärwelle, die schwächer ist als die nachfolgende, aber Aufschluss darüber gibt, wie stark die mächtige Sekundärwelle sein wird.

„In der Erdbebenforschung ist es immer leider so, dass es große Erdbeben und Ereignisse braucht, dass man dann besser vorsorgt für das nächste Mal.“ Es seien tragischerweise große Beben wie jenes in San Francisco 1906 oder auch der Tsunami (wörtlich „Hafenbeben“) im Dezember 2004, die die Seismologie voranbringen und die Wissenschaft der Vorhersage verbessern.

Doch wenn die Erde bebt, ist dies ein Ereignis, das am Ende einer langen und sehr langsamen Entwicklung steht – Plattentektonik und Subduktion sind teilweise Millimeter-Angelegenheiten. Der Entstehungsort eines Bebens ist immer tief unten – der Begriff Epizentrum bezeichnet lediglich den Punkt an der Erdoberfläche der direkt über dem in der Tiefe liegenden Hypozentrum liegt.
Über Maria-Theresia Apoloner

Maria-Theresia Apoloner hat Ingenieurwissenschaften mit den Schwerpunkten Geodäsie und Geometrie an der Universität Wien studiert – in ihrer Disseration 2016 analysierte sie das Erdbeben von Ebreichsdorf 2013 – und ist Seismologin bei GeoSphere Austria (vormals Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik), wo sie unter anderem natürliche und induzierte Erdbewegungen und Bodenunruhen überwacht und seismische Messungen durchführt. Seismische Risikoabschätzungen sind eines ihrer Spezialgebiete; ihre Expertise kommt nicht nur in Bezug auf Beben zum Einsatz sondern auch bei der Risikobestimmung von Geothermie.
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