Tonga gegen den Tiefseebergbau
Während Nauru den Tiefseebergbau lieber heute als morgen hätte, regt sich in Tonga Widerstand. Drew Havea vom Forum Zivilgesellschaft Tonga (CSFT) erklärt, warum.
Tonga ist ein Inselstaat, ein Königreich von 172 Inseln im Pazifik nördlich von Neuseeland und etwas Besonderes: Seine Bürger, zusammengeschlossen im Forum Zivilgesellschaft Tonga, haben sich der wachsenden internationalen Kritik am Tiefseebergbau angeschlossen und wenden sich gegen den Abbau von Manganknollen im Pazifik – und damit gegen die Pläne der eigenen Regierung.
Es ist eine Art Gier.
Drew Havea, Präsident des Forum Zivilgesellschaft Tonga
In einem im Juni 2024 veröffentlichten White Paper schreiben Sie, dass der Vertrag Ihrer Regierung mit The Metals Company (TMC), der dieser Rechte am Abbau von Manganknollen für Rohstoffe wie Zink, Nickel, Kobalt und Lithium in der Clarion-Clipperton-Zone (CCZ) gibt, ein schlechtes Geschäft für Tonga sei. Was spricht gegen dieses Abkommen?
Drew Havea: Es ist eine einfache Berechnung: 95 Prozent der Bevölkerung von Tonga leben von und mit dem Meer. Es ist unersetzlich für unsere tägliche Nahrung, für Fischfang und Tourismus. Das Abkommen ist ökonomisch unsinnig. Tonga soll 2,50 US-Dollar je Tonne Manganknollen bekommen – was 0,7 Prozent des aktuellen Marktwerts von Nickel entspricht. Im besten, aber unwahrscheinlichen Fall wird Tonga jährlich 7,5 Millionen US-Dollar erhalten.
Allein am Thunfischfang, der durch den Tiefseebergbau beeinträchtigt wird, verdient Tonga aber 8 Millionen US-Dollar jährlich. Bis das Geld aus dem Bergbau fließt, können Jahre vergehen, weil zuerst eine Mindestfördermenge erreicht werden muss. Abgesehen davon, dass es bis dahin andere Batterien gibt, die Kobalt überflüssig machen, und der Markt für Nickel oder Mangan sowieso gesättigt ist, muss Tonga laut internationalem Recht die Einnahmen mit anderen Staaten teilen, denn die Tiefsee jenseits der nationalen Grenzen ist nach dem Völkerrecht das „Gemeinsame Erbe der Menschheit“.
Deshalb wird Tonga jedoch auch für die Folgen des Bergbaus aufkommen müssen, nicht TMC. Papua-Neuguinea steht mit 125 Millionen US-Dollar Schulden aus fehlgeschlagenem Tiefseebergbau eines Vorgängerunternehmens von TMC da. Und nicht zuletzt findet die eigentliche Wertschöpfung nicht in Tonga statt.
Wenn Tiefseebergbau sich eigentlich nicht lohnt – warum halten Firmen wie TMC und die Regierung von Tonga daran fest?
Ich fürchte, es ist einfach eine Art Gier. Es sind ja Versprechen auf zukünftige Gewinne, daher ist das Geschäft auch die Spekulation selbst. In Tonga würden einige wenige profitieren, die Allgemeinheit würde verlieren.
Weil Tiefseebergbau die biologische Kohlenstoffpumpe aus Kleinstlebewesen und Pflanzen zerstört, die für die Umwandlung und die Speicherung von CO² sorgt, müsste es jedoch im Interesse aller sein, Tiefseebergbau zu verhindern. Durch die Abfälle, den Lärm, die Sediment-Fahnen usw. wird es viele hunderte Kilometer im Umfeld der Abbaugebiete nur zerstörten Ozean geben. Es wird viele hunderte, wenn nicht tausende von Jahren brauchen, bis sich die Tiefsee erholt.
Die International Seabed Authority (ISA), die für die Tiefsee zuständig ist, hat einen „Mining Code“ für 2025 angekündigt, der den Tiefseebergbau regulieren soll. Ist das eine gute Sache?
Ich denke nicht, dass es diesen Code nächstes Jahr geben wird. Wir wissen viel zu wenig, um die Risiken des Tiefseebergbaus einschätzen zu können. Es wäre besser, wenn immer mehr Staaten sich dem Moratorium anschließen. Wir brauchen auch neue technische Lösungen: besseres Recycling zum Beispiel. In Tonga steht mit dem Ozean nicht nur unsere Lebensgrundlage auf dem Spiel, sondern auch unser kulturelles und spirituelles Erbe.