Am falschen Ende der Pipeline

Der Krieg in der Ukraine rückt die Frage der Energieversorgung Europas ins Zentrum – denn die Abhängigkeit von russischem Erdgas, das über das Land transportiert wird, ist enorm. Damit steigt auch die Gefahr eines Totalausfalls der Lieferungen.

Gelbe Gashähne vor blauen Rohren
Mehrere russische Gas-Pipelines führen durch die Ukraine – und sind derzeit politisches Druckmittel gegen die EU. © Getty Images
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Auf den Punkt gebracht

  • Schlechte Vorzeichen. Schon im vergangenen Sommer lieferte Russland viel zu wenig Gas, um die Speicher der EU aufzufüllen.
  • Polit-Erpressung. Wladimir Putin will mit Gas und Pipelines Druck auf die EU ausüben und die Gemeinschaft nach Möglichkeit spalten.
  • Schlechte Karten. Die Abhängigkeit Europas von russischem Gas wird nicht leicht abstellbar sein, vor allem nicht unter Zeitdruck.
  • Teure Aussichten. Selbst wenn es gelingt die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren, wird das Preisniveau neue Rekordstände erreichen.

Europa ist auf eine großflächige Unterbrechung der russischen Gaslieferungen schlecht vorbereitet, wie sich im Zuge des Kriegs um die Ukraine zeigt. Mehrere Szenarios sind möglich – alle bedeuten massive Schwierigkeiten für die Energieversorgung Deutschlands, Österreichs und der EU.

Seit letztem Sommer befindet sich Europa in einer Erdgasversorgungskrise, die durch die gewaltsame Eskalation des Kriegs in der Ukraine nur noch verschärft wird. Der Sommer 2021 war tatsächlich entscheidend: Normalerweise liefert Russland mehr Gas zur Auffüllung der europäischen Gasspeicher, als vertraglich vereinbart, solange die Preise und die Nachfrage hoch sind. Doch obwohl der europäische Gasverbrauch 2021 um etwa 5,5 Prozent gestiegen ist und die Preise historische Höchststände erreicht haben, hat Russland im Sommer 2021 kein zusätzliches Gas Richtung Westen gepumpt.

Rohstoffe als Druckmittel

Die europäischen Länder verwenden dieses zusätzliche Gas in der Regel, um ihre Speicher während des Sommers für die kälteren Wintermonate mit einem höheren Gasbedarf zu füllen. Der russische Präsident Wladimir Putin selbst hat seit Sommer 2021 wiederholt Druck auf Europa und insbesondere Deutschland ausgeübt, indem er zusätzliche Gaslieferungen von einer raschen Zertifizierung des Nord-Stream-2-Pipelineprojektes – das die Ukraine umgeht – und von der Unterzeichnung neuer langfristiger Gaslieferverträge abhängig gemacht hatte. Damit hat Wladimir Putin Deutschland faktisch politisch erpresst und deutlich gemacht, dass Russland und Gazprom nicht länger als verlässlicher Gaslieferant angesehen werden können.

Putin hat deutlich gemacht, dass Russland nicht länger als verlässlicher Gaslieferant angesehen werden kann.

Dieser Schritt scheint bereits Teil des hybriden Krieges gewesen zu sein, den Moskau gegen die Ukraine und den Westen führt. Mit der militärischen Invasion in die Ukraine und den beschlossenen harten Wirtschaftssanktionen sowie Waffenlieferungen stellt sich die Frage, inwieweit Putin als Vergeltung die Gaslieferungen nach Europa und Deutschland drosseln könnte – und zwar möglicherweise in beträchtlichem Umfang, wie deutlich wurde, als Russland mit dem Stopp der Gaslieferungen über Nord Stream 1 drohte.

Lieferengpässe und hohe Preise

Erdgas deckt etwa 20 Prozent des Primärenergieverbrauchs in Europa und 20 Prozent der Stromerzeugung. Es wird auch zum Heizen und für industrielle Prozesse verwendet. Russland ist Europas größter Gaslieferant. Es hat im Jahr 2021 schätzungsweise 168 Milliarden Kubikmeter an den Kontinent (einschließlich der Türkei) geliefert, was unter seinen eigenen Prognosen von 183 Milliarden Kubikmetern lag. In den letzten Monaten des Jahres 2021 lieferte Russland nur 19 Milliarden Kubikmeter über die Ukraine – weniger als die Hälfte der vereinbarten Kapazität von 40 Milliarden, und das in einer Zeit, in der die Lieferungen wegen des Wintereinbruchs eigentlich hätten steigen müssen. Viele befürchten nun, dass diese Lieferungen bald für Monate oder Jahre erheblich unterbrochen werden könnten.

Arbeiter bei der Verlegung von Nord Stream 1
Arbeiter beim Bau der Nord Stream 1-Pipeline in der schwedischen Ostsee, 2011. © Getty Images

Ein Wiederaufleben der weltweiten Gasnachfrage und Lieferengpässe sind die eigentlichen Ursachen für die hohen Energiepreise in Europa seit dem letzten Sommer. Das Beharren Wladimir Putins darauf, die russischen Lagerstätten im vergangenen September wieder aufzufüllen, bevor er Erdgas nach Europa schickt, hat die Sachlage aber nicht verbessert. Obwohl der Kreml dies bestreitet, sahen viele in Europa diesen Schritt als politischen Erpressungsversuch an, um Deutschland bei Nord Stream 2 unter Druck zu setzen – ein Umstand, der sich aktuell ohnehin erledigt hat, der aber damals eine Rolle spielte.

Leere Speicher

Trotz rekordhoher Preise blieben die russischen Gasexporte nach Europa im Jahr 2021 auch niedriger als 2019. Die europäischen Gasspeicher wurden in den Wintermonaten erschöpft, ihre Bestände fielen auf einen historischen Tiefstand, und könnten im März oder April dieses Jahres leer sein.

Die Entscheidung Moskaus, die Gaslieferungen nach Europa über die Ukraine und Weißrussland einzuschränken, trug zu den Turbulenzen auf dem europäischen Markt bei und sorgte für hohe Gaspreise. Entscheidend ist, dass Russland die Fertigstellung von Nord Stream 2 gar nicht benötigt, um seine Gaslieferungen nach Europa zu erhöhen. Über die bestehenden Pipelines mit einer bereits existierenden Kapazität von 278 Milliarden Kubikmetern pro Jahr kann reichlich Gas geliefert werden. Im Jahr 2011 hatte Russland allein über die Ukraine etwa 104,2 Milliarden Kubikmeter nach Europa gepumpt, im Jahr 2019 waren es immer noch 89,6 Milliarden Kubikmeter.

Russische Gas-Pipeline
Bereits vor diesem Winter wurden die Gasspeicher Europas durch Russland nicht zur Gänze aufgefüllt. © Getty Images

Abgesehen von einer Nord Stream 2-Genehmigung wollte Moskau, dass europäische Gasunternehmen mehr langfristige Lieferverträge unterzeichnen, die sie für zehn bis 20 Jahre an russische Lieferungen zu festen Preisen gebunden hätten. Im Gegensatz dazu ziehen es diese Unternehmen vor, flexible, kurzfristige Spotverträge zu unterzeichnen, die in den letzten Jahren in der Regel billiger waren. Bis Ende 2020 machten Spotverträge 87 Prozent aller Gaslieferverträge in Europa aus.

Moskaus Argument, dass Gazprom die russischen Gasspeicher auffüllen müsse, bevor es die Lieferungen nach Europa erhöht, wurde untergraben, als sich herausstellte, dass diese am 20. Oktober mit 69 von insgesamt 72,6 Milliarden Kubikmeter fast voll waren. Im vierten Quartal 2021 waren die russischen Gaslieferungen nach Europa dennoch um 25 Prozent niedriger als im gleichen Zeitraum 2020. Die Folge: Ende Januar 2022 waren die europäischen Gasspeicher auf unter 40 Prozent ihrer Kapazität gesunken. Damals kritisierte Fatih Birol, Exekutivdirektor der Internationalen Energieagentur, Russland für die Verschärfung der Gaskrise in Europa und warf Moskau vor, die Gaslieferungen nach Europa um mindestens ein Drittel zu drosseln.

Abhängigkeit nimmt zu

Seit die EU 2009 ihr „Drittes Energiepaket“ vorstellte, hat sie zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Gasversorgungssicherheit zu verbessern. Sie hat ihre Importkapazitäten für Flüssigerdgas (LNG) auf 237 Milliarden Kubikmeter pro Jahr erweitert, darunter 29 große Flüssiggasimport- und Regasifizierungsanlagen, neue Gasverbindungsleitungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und die Fertigstellung des TANAP-TAP-Pipelinenetzes für den Import von Gas aus Aserbaidschan.

All dies hat die Gassicherheit der EU verbessert, sodass einige Regierungen und Experten glaubten, das Problem sei nun gelöst. Wenn der Kreml die Gaslieferungen absichtlich unterbrechen würde, so die Überlegung, würde die EU einfach mehr Flüssiggas importieren, das dann auf dem gesamten europäischen Gasmarkt verteilt werden könnte. Infolgedessen erhöhte Deutschland seine Abhängigkeit von russischen Pipeline-Importen von 42 Prozent im Jahr 2010 auf 55 Prozent im Jahr 2021. Die Gasabhängigkeit der EU insgesamt hat zuletzt ebenfalls wieder zugenommen – unter Einbeziehung der russischen LNG-Lieferungen stieg der Anteil des aus Russland bezogenen Gases in der EU von fast 44 Prozent im Jahr 2020 auf 53 Prozent im vierten Quartal 2021.

Kettenreaktion am Markt

Die Vorstellung, dass Europa eine Unterbrechung der russischen Lieferungen kompensieren könnte, beruhte auf der Annahme, dass ein „Käufermarkt“ bestehen bleiben würde, auf dem sich die Anbieter um Kunden bemühen. Durch die geringere Gasproduktion infolge der Pandemie und die rasche wirtschaftliche Erholung Chinas seit Herbst 2020 hat sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage jedoch in Richtung eines „Verkäufermarktes“ verschoben. Das führte zu einer weltweiten Gasverknappung und einem Preisanstieg.

Szenario 1: Unterbrechung der Lieferungen aus der Ukraine

Wenn das Gas, das die EU derzeit aus beziehungsweise eigentlich über die Ukraine bezieht, abgedreht wird, hätte die EU nur begrenzte Möglichkeiten, das Defizit auszugleichen. Die Niederlande sind ein wichtiger Gasproduzent, aber 2018 beschloss die niederländische Regierung, die Produktion bis Ende 2022 vollständig einzustellen. Im Januar forderte Berlin die Niederlande auf, zusätzliche 1,1 Milliarden Kubikmeter zu liefern, obwohl es zuvor ein neues niederländisches Offshore-Gasprojekt blockiert hatte, das an Deutschland grenzen würde. Im Moment liefern die Niederlande freilich noch.

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Zahlen & Fakten

Andere alternative Lieferungen sind ebenfalls problematisch. Norwegen, der zweitgrößte Gaslieferant Europas, hat seine Lieferungen zwar erhöht, könnte aber eine erhebliche Unterbrechung nicht ausgleichen. Im Dezember kam es zudem zu einem ungeplanten Ausfall eines wichtigen Gasfeldes, wodurch die Lieferungen eingeschränkt wurden. Algerien ist der drittgrößte Gaslieferant Europas, aber seine Lieferungen an Spanien sind aufgrund eines anhaltenden Konflikts mit Marokko zurückgegangen. Aserbaidschan ist nicht in der Lage, seine Gasproduktion kurzfristig stärker zu erhöhen, sodass Europa nicht mit mehr Gas über das TANAP-TAP-System rechnen kann.

Die EU müsste dies daher primär durch den Import von mehr Flüssiggas (LNG) kompensieren, dessen größter Lieferant die Vereinigten Staaten sind. Im Jahr 2019 lieferten die USA etwa 25 Prozent aller LNG-Importe der EU. Die USA werden bis Ende 2022 über eine Exportkapazität von 118 Milliarden Kubikmeter pro Jahr und bis 2024 von mehr als 160 Milliarden Kubikmeter pro Jahr verfügen. Im Falle einer Krise könnten in Wintermonaten etwa 15 Prozent der weltweiten LNG-Exporte umgeleitet werden, um ein europäisches Defizit zu kompensieren. Die Preise würden dann allerdings noch stärker in Folge eines global verschärften Bieterwettstreits auf dem globalen Flüssiggasmarkt steigen.

Szenario 2: Russland reduziert die Lieferungen um die Hälfte

In diesem Szenario würde Russland nur seine direkten Gaslieferungen über Nord Stream 1 (Kapazität: 55 Milliarden Kubikmeter pro Jahr) und die beiden Turk-Stream-Pipelines (Gesamtkapazität: 31,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr) aufrechterhalten. Auf diese Weise könnte Russland seine Gaseinnahmen maximieren, aber die EU in Mitgliedstaaten aufteilen und versuchen, sie gegeneinander auszuspielen.

Der EU-Gasmarkt ist noch nicht für eine vollständige Versorgung der Region aus dem Westen des Blocks ausgelegt.

Einige Analysten schätzen, dass Europa bis zu zwei Drittel des über russische Pipelines bezogenen Gases durch LNG-Lieferungen per Schiff ersetzen könnte. Diese Einschätzung dürfte sich als zu optimistisch erweisen. In Mittel- und Osteuropa gibt es nicht genügend Gasverbindungsleitungen, um den Plan zu verwirklichen. Zwischen Spanien und Frankreich besteht ein ähnliches Problem. Und Deutschland hat überhaupt kein LNG-Importterminal. Die Mitgliedstaaten haben ihre eigenen Gasinfrastruktursysteme, die häufig für den Transport von Gas unterschiedlicher Qualität und chemischer Zusammensetzung gebaut wurden, was die Möglichkeit einschränkt, Gas einfach von einem Land in ein anderes zu pumpen.

Trotz des Ausbaus der LNG-Importterminals und zahlreicher Verbindungsleitungen in Osteuropa ist der EU-Gasmarkt immer noch nicht für eine vollständige Versorgung der Region aus dem Westen des Blocks ausgelegt. Europa hätte Schwierigkeiten, die Unterbrechung schnell zu kompensieren und wäre gezwungen, den Gasverbrauch zu rationieren und zu reduzieren. Dies hätte nicht nur Auswirkungen auf die Stromerzeugung und die Heizung, sondern könnte auch einen Teil der gasintensiven Industrie lahmlegen.

Szenario 3: Russland stoppt alle Gaslieferungen nach Europa

Dieses Szenario erschien zunächst als das am wenigsten wahrscheinliche, nun ist aber der Kriegsfall eingetreten. Wenn es dazu käme, wäre Europa in einer sehr schwierigen Lage. Um das gesamte russische Pipeline-Gas zu ersetzen, wäre im Jahr 2021 ein Viertel der weltweiten LNG-Produktion erforderlich gewesen. Hier würde jede signifikante Umleitung von LNG-Lieferungen vom Wetter in Asien, etwa niedrigen Temperaturen im Winter, abhängen. Verträge auf dem Spotmarkt wären nicht in der Lage, die 170 Milliarden Kubikmeter russisches Pipeline-Gas pro Jahr allein auszugleichen, die Europa verlieren würde.

Etwa 62 Prozent aller weltweiten LNG-Verträge werden durch mittel- und langfristige Verträge geregelt. Diese müssten eine flexible „Destination-Klausel“ für eine Umleitung der vertraglichen LNG-Importe von Asien nach Europa enthalten. Doch Länder wie Japan würden einer solchen Umleitung von LNG-Importen, basierend auf Langfristverträgen mit einer solchen Destination-Klausel, nur zustimmen, wenn dies ihre Gasversorgungssicherheit nicht gefährdet.

Die europäische Industrie würde ernsthaft gestört werden. Die Elektrizität würde rationiert, was zu häufigen Stromausfällen führen könnte, mit all den negativen Auswirkungen, die dies auf kritische Infrastrukturen haben würde. Die Betrachtung dieses Szenarios macht deutlich, dass die übermäßige Abhängigkeit Europas von russischem Pipelinegas zu einer seiner größten strategischen Schwächen geworden ist – und Folge einer verfehlten oder fehlenden Strategie für die Gasversorgungssicherheit (wie in Deutschland), die auf Wunschdenken, Best Case-Szenarien und kollektiven Fehleinschätzungen in der deutschen Russlandpolitik zurückzuführen sind.

Eine vollständige Unterbrechung der Gaslieferungen nach Europa würde Gazprom zwischen 200 und 230 Millionen Dollar pro Tag kosten – so die Berechnungen noch im letzten Dezember. Inzwischen werden die weiter gestiegenen Kosten aller fossilen Energieimporte aus Russland für die EU auf fast 1 Milliarde Euro pro Tag beziffert, mit denen nicht zuletzt Russlands völkerrechtswidriger Angriffskrieg in der Ukraine finanziert wird.

Dilemma für die EU

Die Fähigkeit, den Erdgasfluss zu drosseln, ist nach wie vor das wichtigste und wirksamste Druckmittel des Kremls gegenüber Europa. Es zeigt auch, wie asymmetrisch die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Russland und Europa ist. Russland kann harte Wirtschaftssanktionen des Westens mindestens ein Jahr lang, wenn nicht länger, überleben.

Die EU wäre in ernsten Schwierigkeiten, wenn die russischen Gaslieferungen nach ein paar Monaten vor allem in kalten Winterzeiten vollständig unterbrochen würden – und sei es nur um 50 Prozent. Die EU und vor allem Deutschland mit seiner Gasimportabhängigkeit von Russland mit rund 55 Prozent haben ihre Gasimportquellen einfach nicht ausreichend diversifiziert und dem Faktor der Energie- und Gasversorgungssicherheit gegenüber klimafreundlichen Maßnahmen und billigeren Gaslieferungen nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet.

Am Gasmarkt verpokert

Der Journalist und Energieexperte Llewellyn King formulierte es in einer Kolumne für Forbes im November so: „Die europäischen Gaskäufer und ihre politischen Herren haben darauf gesetzt, dass Russland ihren Markt mehr braucht als sie Russlands Gas. ... Europa hat zu Unrecht auf den Spotmarkt, Russland und den Wind gesetzt. So ziemlich alles, was schiefgehen konnte, ist auch schiefgegangen.“

Die Europäische Kommission arbeitet derzeit an einem ehrgeizigen Plan, die fossile Energieabhängigkeit von Russland innerhalb eines Jahres um rund zwei Drittel zu reduzieren. Die EU-Mitgliedsstaaten haben aber schon klargestellt, dass diese Zielsetzung eher in Jahren als in Monaten umgesetzt werden kann. So fürchten die EU-Staaten nicht zu Unrecht, dass durch eine zu große Reduzierung der EU-Importe von fossilen russischen Energieträgern eine noch größere Preisexplosion die Folge sein könnte.

Diese könnte zu einem Schwinden der Zustimmung der Bevölkerung zu der harten Ukraine-Politik sowie zu großen wirtschaftlichen Verwerfungen führen. Zugleich nimmt jedoch der politische Druck auf die Regierungen zu, den wichtigsten Geldhahn für die immer blutigere und rücksichtslose russische Kriegführung vor allem gegen die ukrainische Zivilbevölkerung zuzudrehen, zumal die USA inzwischen selbst einen Importstopp für russisches Erdöl und Flüssiggas verkündet haben.

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Conclusio

Gas aus Russland wird immer mehr zur politischen Waffe und zum wirtschaftlichen Druckmittel. Es zeigt sich, dass die aktuelle Krise bereits im Sommer 2021 begann, als Russland zu wenig Gas zum Auffüllen der Speicher nach Europa schickte. Alternativen zu russischem Gas gibt es zwar, doch die EU hat sich zu lange auf Best Case-Szenarien für die Zukunft ausgeruht und den Ausbau dieser alternativen Importquellen vernachlässigt. Nun ist es an der Zeit, dieses Versäumnis nachzuholen – trotz höherer Kosten und potenzieller Lieferengpässe.