Der Stern des Anstoßes

Für eine geschlechtergerechte Sprache braucht man keine Sternchen: Die männliche Form ist schon neutral, sie meint alle und niemanden. Der Linguist Karsten Rinas im Podcast.

Ein Stern als Schriftzeichen steht für das Gendersternchen, das statt Binnen-I oder anderen Zeichen als Markierung zwischen den männlichen Schriftform und der weiblichen Endung steht.
Als so genanntes Gendersternchen ist der Stern für einige Menschen Symbol einer unerwünschten sprachlichen und gesellschaftlichen Veränderung. © Team Rottensteiner

Karsten Rinas ist Linguist und hat aus dieser Perspektive drei Einwände gegen eine geschlechtergerechte Sprache. Sein Hauptargument ist, dass es sie bereits gibt. Das generische Maskulinum – das ist die männliche Form, etwa „Lehrer“ – sei im Gegensatz zur weiblichen Form („Lehrerin“) neutral.

Der Podcast

Mit dem Laden des Inhalts akzeptierst du die Datenschutzerklärung von Spreaker.

Während nämlich bei der weiblichen Form das grammatische und das biologische Geschlecht identisch seien, sei dies bei der männlichen Form nicht so, sie sei geschlechtsneutral und bezeichne eigentlich gar kein Geschlecht.

Die maskuline Form ist die unmarkierte Form.

Rinas begegnet hier nolens volens Simone de Beauvoir, die diese meist stillschweigende Gleichsetzung des Männlichen mit dem Menschlichen und dem Normalen analysiert hat. Die Gleichung „männlich = normal“ gilt als Androzentrismus. Frauen – das Weibliche – sind in einem androzentrischen System (zum Beispiel der Sprache) die Abweichung von der Norm (das Männliche).

Wenn man von Lehrern spricht, argumentiert Rinas, ist kein bestimmtes biologisches Geschlecht gemeint, nicht einmal das Männliche. Wolle man also von männlichen Lehrern sprechen, müsse sich dies aus dem Kontext ergeben, ansonsten bezeichne Lehrer lediglich eine Funktion und kein Geschlecht, weder das männliche, noch das weibliche.

Der gewohnte Androzentrismus der (deutschen) Sprache hat aus der Perspektive von Rinas noch einen großen Vorteil, nämlich den, die Sprache einfach zu halten: „Gendern verkompliziert den Sprachgebrauch“, sagt er. Und schließlich, drittens, sollten aus Sicht von Rinas Veränderungen der Sprache immer aus dem Gebrauch der Sprache entstehen, nicht aber verordnet werden.

Über Karsten Rinas

Karsten Rinas ist Linguist und stammt aus Opladen, heute Leverkusen, in Nordrhein-Westfalen. Er lebt seit 1997 in Tschechien und lehrt als Dozent für Sprachwissenschaft an der Palacký-Universität Olomouc/Olmütz. Gemeinsam mit anderen Sprachwissenschaftlern hat er 2022 die Initiative Linguisten vs. gendern ins Leben gerufen, um zu erreichen, dass im Öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht mehr gegendert wird.

Gendern – Das Dossier

Mehr Macht und Symbole

Mehr Podcasts

Unser Newsletter