3 Fragen an Nicole Lurger: Bahn anfälliger für Störungen

Nicole Lurger, Logistikunternehmerin, bevorzugt die Güterbahn, wünscht sich aber: „Mehr Flexibilität, mehr Pünktlichkeit, mehr Sicherheit in der Abwicklung.“

Porträt von Nicole Lurger.
Logistikunternehmerin Nicole Lurger wünscht sich bei der Bahn weniger Staat im Unternehmen, weniger Macht für die Gewerkschaften, dafür mehr privatwirtschaftliches Denken. © Nicole Stessl

1Wie sehen Sie die Rolle der Bahn in der heutigen Logistik?

In unserem Fall hat die Güterbahn eine sehr hohe Bedeutung. Wir sind ein hoch spezialisiertes Unternehmen, das überwiegend für mittelständische Betriebe den Export nach Übersee mit Containern abwickelt. Und hier muss klar gesagt werden: Abgesehen von den ökologischen Vorteilen, ist die Güterbahn auch auf der Kostenseite konkurrenzlos günstig. Der Transport eines Containers zu den Überseehäfen von Hamburg, Bremerhaven oder Rotterdam ist im Vergleich zu einer Lkw-Fahrt fast um zwei Drittel günstiger, unter anderem, weil der Lkw einen speziellen Aufbau braucht, der nur Container transportieren kann. Ganz ohne Lkw wird es allerdings niemals gehen.

Auf manchen langen Strecken ist der Güterzug im Vorteil, aber die Fracht muss ja auch irgendwie zum Bahnterminal gebracht werden. Außerdem sind die Kosten stark von der Route abhängig. Nach Triest oder Koper in Slowenien ist der Preisunterschied deutlich geringer, und beim Lkw kann ich mir nahezu hundertprozentig sicher sein, dass die Ladung pünktlich ankommen wird. Und manchmal zählt dieser Sicherheitsfaktor stark. Allerdings kann die Güterbahn auf gut funktionierenden Strecken sogar schneller als der Lkw sein.

2 Was spricht gegen die Bahn?

Die Zuverlässigkeit der Bahnfracht ist deutlich anfälliger für äußere Einflüsse aller Art. Die Mitarbeiter sind gewerkschaftlich gut organisiert – und das europaweit. Wenn beispielsweise die Deutsche Bahn bestreikt wird, hat das schnell in halb Europa Auswirkungen auf die Logistik.

Ähnliches gilt für die Verkehrswege: Bahnstrecken sind viel anfälliger für Störungen als Straßen. Da es weniger Umleitungsmöglichkeiten gibt, reicht ja oft schon eine Signalstörung oder ein umgefallener Baum, um Probleme zu verursachen. Ganz schlimm wird es, wenn eine Hauptstrecke für längere Zeit wegen Bauarbeiten ausfällt – wie etwa die Westbahnstrecke infolge der hochwasserbedingten Sperre im Vorjahr. Das führt sofort zu langwierigen Verspätungen, die im Frachtverkehr hohe Kosten verursachen.

Besonders gilt das, wenn man das gebuchte Schiff versäumt, denn man bezahlt für den Container ja eine Tagesmiete. Die Lkw-Logistik ist deutlich weniger anfällig für Störungen. Da findet sich schneller ein anderer Fahrer oder eine andere Route. Ein weiterer Nachteil liegt in den Dimensionsbeschränkungen der Bahn. Beim Lkw lassen sich für übergroße Transporte meist alternative Strecken und Ausnahmeregelungen finden – die in der Abwicklung allerdings auch immer komplizierter und teurer werden.

3 Was würden Sie sich von einer „besseren“ Bahn wünschen?

Mehr Flexibilität, mehr Pünktlichkeit, mehr Sicherheit in der Abwicklung. Denn wenn etwas schiefgeht, hat das meist weitreichende Konsequenzen und kostet dementsprechend viel Geld. Außerdem: weniger Staat im Unternehmen, weniger Macht für die Gewerkschaften, dafür mehr privatwirtschaftliches Denken.

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