Wie wir Energie wieder günstig machen
Die Wirtschaftsfolgen der Energiewende drohen unsere Wohlstandsbasis zu zerstören. China folgt indessen strikt eigenen Interessen. Ein Umdenken Europas ist dringend notwendig.

Auf den Punkt gebracht
- Wirtschaftsfolgen der Energiewende. Hohe Strompreise in Europa gefährden Arbeitsplätze und treiben die Inflation nach oben.
- Deindustrialisierung. Europas Autohersteller verlieren im globalen E-Auto-Wettbewerb gegen China ihre führende Marktposition.
- Rohstoffabhängigkeit. China kontrolliert die wichtigsten Rohstoffe und Produktionsketten für Batterien und Solarzellen.
- Umdenken. Eine Rückkehr zur Atomenergie böte Europa eine grundlastfähige Energiequelle mit hohem Wirkungsgrad.
Den Begriff „Energie-Blindheit“ prägte der Podcaster Nat Hagens. Diese entstehe, wenn man in einer Welt aufwächst, in der Energie nie knapp war. Demnach leidet ein Großteil der westlichen Welt an „Energie-Blindheit“. Denn die letzten 200 Jahre bedeuteten insbesondere für Europa und die USA Zugang zu immer dichteren Energiequellen. Der Übergang von Holz zu Kohle leitete die Industrielle Revolution ein. Die Entdeckung von Erdöl ermöglichte vorher kaum denkbare Fortschritte in Chemie, Medizin und vor allem Mobilität. Die Bändigung von Atomkraft versprach ein Füllhorn an Energie.
Wer sein Leben ausschließlich in hoch entwickelten Industriestaaten verbracht hat, dem geht schnell ein Gefühl für den Wert von Energie abhanden. Wenn etwas immer vorhanden ist, lässt sich Knappheit kaum mehr vorstellen. Man wird „energieblind“, und glaubt, man könne die Basis seines Wohlstands erodieren, ohne negative Folgen zu spüren. Aus dieser Blindheit ist die europäische Politik der grünen Transformation geboren.
Unterschätzte Wirtschaftsfolgen der Energiewende
Überdeutlich wird das aktuell in jener Industrie, die mit ihren Schreckensmeldungen die Nachrichten beherrscht: Derzeit brechen Umsatz und Gewinn der großen europäischen Autohersteller ein. Volkswagen will ganze Werke schließen. Zahlreiche Zulieferbetriebe melden Insolvenz an. Zehntausende Arbeitsplätze drohen, für immer verloren zu gehen. Daran hat nicht nur die von Brüssel voran getriebene Energiewende Schuld. Aber sie trägt zu einem großen Teil dazu bei.
Die CO2-Bilanz eines BMW-Elektroautos ist bei der Herstellung um rund 40 Prozent höher als die eines Verbrenners.
Das ist umso absurder, wenn man sich bewusst macht, dass die CO2-Bilanz eines BMW-Elektroautos bei der Herstellung um rund 40 Prozent höher als die eines Verbrenners ist. Das liegt daran, dass Abbau und Transport der Batteriemetalle aufwendiger sind. Erst bei längerer Lebensdauer holt das Elektrouto den Verbrenner ein. Dafür gibt man in Europa seine reifste Industrie auf, und macht sich zum geopolitischen Verlierer eines globalen Wettbewerbs.
In China versuchte man Jahrzehnte lang, eine eigene Verbrenner-Industrie aufzubauen. Dafür zwang man ausländische Autobauer in Joint-Ventures mit chinesischen Staatsunternehmen. Trotz dieser Regelung und massiver Subventionen gelang es China nicht, wettbewerbsfähige Verbrenner auf den Markt zu bringen. Dies geschah erst mit dem Elektromotor. Warum?
Um ein Auto herzustellen, war bisher ein komplexes Netz auf Zulieferbetrieben notwendig. Dieses war insbesondere im deutschsprachigen Raum organisch gewachsen. Zahlreiche Betriebe, meist der Öffentlichkeit kaum bekannt, hatten sich hier in der Nähe großer Konzerne wie Mercedes Benz, BMW und Audi über Jahrzehnte auf Einzelteile von der Benzineinspritzpumpe bis zur Getriebesteuerung spezialisiert. Das zu kopieren, war auch Peking mit Milliarden-Subventionen kaum möglich.
Chinas Spurenwechsel
Ein Elektrofahrzeug zu bauen, ist technisch zwar ebenfalls eine Herausforderung. Im Vordergrund aber stehen hier Skalierbarkeit und Zugang zu Rohstoffen. Sich diese zu sichern, ist China mit geschickter Industriepolitik gelungen. Beispiel Nickel: Für eine Li-Ionen-Batterie sind die Metalle Nickel, Lithium, Kobalt, Grafit und Mangan nötig. Man kann also sagen: Ohne Nickel keine Energiewende.
Morowali ist der Name eines Regierungsbezirk auf der indonesischen Insel Sulawesi. Der Ort liegt an der Ostküste der indonesischen Insel Sulawesi und war bis vor wenigen Jahren das, was man im Englischen „Backwater“ nennt – ein peripheres, wirtschaftlich unwichtiges Hinterland, in dem es außer Fischen, und ein bisschen Muskatnuss nicht viel zu holen gab. Paradiesisch hätte man es nennen können, wenn man die Moskitos, die drückend-feuchte Hitze und die völlig fehlende Infrastruktur ignorierte. Dann kam die Energiewende, die Elektromobilität und die Chinesen.
Zahlen & Fakten
Batterie-Bilanz
Ein BMW-Elektroauto hat bei der Herstellung eine 40% höhere CO2-Bilanz als ein Verbrenner.
Chinas Solar-Dominanz
80 Prozent aller Solarzellen weltweit werden in China produziert.
Atomkraft-Ausbau
China baut aktuell 59 neue Atomreaktoren.
Kohle-Tempo
In China gehen durchschnittlich zwei neue Kohlekraftwerke pro Woche ans Netz.
Nickel-Verbrauch
Die Kraftwerke in Morowali verbrauchen über 6 Millionen Tonnen Kohle jährlich für die Nickelproduktion.
Vermeintliche Energiewende
China bezieht nur knapp 15 Prozent seiner Energie aus Erneuerbaren, hauptsächlich Wasserkraft.
Rund 22 Prozent der gesamten global bekannten Vorkommen lagern hier. Indonesien wurde deswegen schonmal das „Saudi Arabien des Nickel“ genannt. 2013 wurde der Indonesia Morowali Industrial Park, kurz IMIP, gegründet - ein Joint-Venture aus den indonesischen Unternehmen. Der damalige indonesische Präsident Susilo Bambang Yudhoyono und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping einigten sich auf die Großinvestition: Rund 1,2 Milliarden US-Dollar stellte die China Development Bank bereit, damit chinesische Unternehmen Nickel abbauen können. Dieser Betrag ist um ein Vielfaches gestiegen. Mittlerweile haben sich hier 53 Unternehmen angesiedelt, die Rede ist von 300.000 Arbeitern. Auch die beiden weltweit größten Batteriehersteller CATL und BYD beziehen ihr Nickel aus Morowali.
Das silbern schimmernde Metall zu filtern und zu verfeinern, ist die eigentliche Herausforderung. Dies geht nur unter massiven Einsatz von Chemikalien und Energie. Die Kraftwerke in Morowali verbrauchen übrigens mehr als sechs Millionen Tonnen Kohle im Jahr.
Afrikas begehrte Rohstoffe
Dasselbe konnte ich in Afrika beobachten: Der Norden Sambias, welcher an die Demokratische Republik Kongo grenzt, ist fest in Pekings Hand. Chinesische Unternehmen bauen hier – oft unter grotesken Umweltschäden – Kobalt und Kupfer ab. Auch beim Verarbeiten von Lithium sind chinesische Unternehmen führend. Diese landen dann in den Batterien auch deutscher Elektroautos.
Chinas dreckige Expansion
Was zu einem weiteren Punkt führt: Solar- und Windenergie. Rund 80 Prozent aller Solarzellen werden in China produziert, 60 Prozent davon in Xinjiang teils unter Zwangsarbeit. Die Produktion erfordert hohe Temperaturen, die vor allem mit Kohleenergie erzeugt werden. China produziert also mit subventionierter Kohleenergie Solarzellen (mit schlechterem Erntefaktor oder „Energy Return on Invest“ EROI) und verkauft diese an die Welt.
Wenn Deutschland also in Namibia grünen Wasserstoff einkaufen will, mag das nach einer guten Idee klingen. Aber wenn dieser in Namibia mit chinesischen Solarzellen produziert und mit dieselbetriebenen Tankern nach Deutschland gebracht wird, ist er halt nicht mehr grün, sondern grau. Teurer als Kohle ist er ohnehin, weswegen grüner Stahl zwar technisch möglich ist, aber keine Chance auf dem Weltmarkt hat. Mitunter deswegen geht Thyssen-Krupp womöglich gerade pleite. Überhaupt: Energiekosten sind der Preistreiber schlechthin, da kein Produkt ohne Energie hergestellt und vertrieben werden kann. Höhere Energiekosten führen zu höheren Preisen, sprich hoher Inflation, welche wiederum überproportional ärmere Bevölkerungsschichten trifft.
Blauer Wasserstoff, der Klimakiller
Keine echte Energiewende in China
China betreibt übrigens eine kluge Energiepolitik. Eher dumm aber ist es, die Volksrepublik als Beispiel für die Energiewende anzuführen. Richtig ist, dass China sehr viel Geld in den Ausbau von regenerativen Energien investiert. Der Grund, weshalb China relativ viel Energie aus regenerativen Quellen bezieht (knapp 15 Prozent), liegt vor allem an der Wasserkraft. Pekings vorrangiges Ziel ist nicht der Klimaschutz, sondern Energiesicherheit. Aus diesem Grund werden in China gerade auch 59 Atomreaktoren gebaut, und es gehen durchschnittlich jede Woche zwei neue Kohlkraftwerke ans Netz.
Ebenso die USA: Zwar ist Donald Trump mit dem Slogan „Drill, Baby, Drill!“ In den Wahlkampf gezogen. Die Ölproduktion in den USA aber hat bereits unter seinem Vorgänger Biden ein Allzeithoch erreicht. Und Tech-Giganten wie Google, Microsoft und Amazon sind stark an sogenannten SMRs interessiert. Diese „kleinen und mittleren Atomreaktoren“ sind noch nicht marktreif, aber versprechen den Energiehunger künstlicher Intelligenz decken zu können.
Umerziehung scheitert
Was lässt sich daraus lernen und ableiten? Energie ist Leben. Wer „energieblind“ ist, ist damit auch zwangsläufig blind gegenüber den Grundbedingungen von Wohlstand und Wachstum. Da der Umstieg von einem dichten auf einen weniger dichten Energieträger einen Rückgang von Wohlstand, oder „Degrowth“ bedeutet, lehnen dies die meisten Menschen ab. Es bleibt nur Zwang.
Europa muss nicht glauben, man könne wie im 19. Jahrhundert die Welt moralisch zur Klimaneutralität erziehen.
All das spricht nicht gegen Elektroautos oder regenerative Energien. Im Gegenteil: Das sind großartige Technologien. Aber sie müssen ideologiefrei und ohne Zwang, das heißt vom Markt her, kommen. In einer globalisierten Wirtschaft muss sich Europa auf seine Stärke konzentrieren, und nicht glauben, man könne wie im 19. Jahrhundert die Welt moralisch zur Klimaneutralität erziehen.
Konkret hieße das: Rückkehr zur Atomkraft. Diese hat den höchsten Erntefaktor (investierte Energie in Relation zu gewonnener Energie) und ist grundlastfähig. Außerdem sollte Brüssel dringend das Verbrennerverbot 2035 überdenken. Dieses verzerrt nicht nur Nachfrage, sondern das Angebot gleich mit, da es Autokonzerne dazu nötigt, Milliarden in die Entwicklung von Produkten zu investieren, die so nicht gewollt werden. Saubere Energie und Produkte sind durchaus wünschenswert. Führen sie zu Armut aber, wird am Ende jede „grüne Transformation“ erstickt werden.
Conclusio
Erkenntnis: Die Wirtschaftsfolgen der Energiewende wurden lange ignoriert. Europa leidet unter „Energie-Blindheit“ und unterschätzt die fundamentale Bedeutung günstiger Energie.
Wettbewerb: Im globalen Energiewettlauf verliert Europa durch ideologiegetriebene Politik seine industrielle Basis, während China und die USA pragmatischer agieren.
Lösung: Eine marktwirtschaftliche Transformation mit technologieoffener Energiepolitik, einschließlich Atomkraft, ist der Weg zu nachhaltiger Entwicklung ohne Wohlstandsverlust.
Der Traum von der Energie aus der Wüste
Deutschland steckt in der China-Falle
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