Was machen wir eigentlich hier?
Reports & Kommentare
Keine Angst vor dem Mars!
Die bemannte Reise zum Mars wird schon früher Realität, als viele Menschen glauben. Die größte Herausforderung ist nicht das technische Know-How – es ist das Verlassen unserer Komfortzone.
Wir sind nicht alleine
Im All wird aufgerüstet
Schweben statt schwimmen
Warum fasziniert uns der Sternenhimmel?
Interview
Kann ich mir den Mond kaufen?
Elon Musk würde gerne Atombomben auf dem Mars abwerfen. Weltraumrechtsexpertin Irmgard Marboe erklärt, warum er das nicht darf, weshalb das All niemandem gehört – und wieso der Mond uns allen gehören sollte.
Auf den Punkt gebracht
- Kosten oder Nutzen? Immer mehr Nationen drängt es zurück ins All. Besonders der Mond fasziniert – verspricht aber wenig neue Erkenntnisse.
- Abenteuer Mars. Etwas spannender hingegen: der Mars, das nächste große Ziel der Menschheit. Auf dem Weg dorthin sind aber noch viele Hürden zu überwinden.
- Urlaub im All. Auch das Versprechen des Weltraumtourismus wird noch lange nicht eingelöst sein. Es wäre zudem ein gefährlicheres Urlaubsziel, als viele denken.
- Krieg der Sterne. Ein noch größeres Gefahrenpotential birgt die Aufrüstung im All. Sie könnte in Zukunft auch auf der Erde zu Kriegen führen.
Albert II. war seiner Zeit voraus. Der Rhesusaffe ist in Vergessenheit geraten, obwohl er ein echter Pionier war: das erste Wirbeltier im All. 1949 wurde Albert mit einer Windel ausgestattet und von New Mexico aus ins All geschossen – mit einer V2-Rakete, die die Amerikaner von den Nazis erbeutet hatten. Ganze acht Jahre vor Laika, dem sowjetischen Weltraumhund. Damals, und das war der Grund für Alberts Ausflug, wusste die Wissenschaft noch nicht, wie sich die Schwerelosigkeit auf einen Organismus auswirken würde. Braucht ein Herz Gravitation, um zu schlagen? Werden die Lungen funktionieren?
Mehr im Dossier Weltraum
- Gernot Grömer: Keine Angst vor dem Mars!
- Avi Loeb: Wir sind nicht alleine
- Mark Hilborne: Im All wird aufgerüstet
- Bergita Ganse: Schweben statt schwimmen
- Werner Gruber: Warum fasziniert uns der Sternenhimmel?
- Der Pragmaticus: Interview: Kann ich mir den Mond kaufen?
Während sein Vorgänger, Albert I., 1948 schon beim Start der Rakete erstickte, bewies Albert II., dass Schwerelosigkeit mit dem Leben vereinbar ist. Was er nicht überlebte, war der Aufprall auf der Erde nach einer Fehlfunktion des Fallschirms bei der Landung. Weshalb Albert II. seinen Triumph leider nicht auskosten konnte.
Das ist lange her. Seit den Anfängen der Weltraumexploration in der Wüste New Mexicos wurde die Berliner Mauer errichtet und niedergerissen, stürzten die Twin Towers ein, wurde die Welt durch das Internet vernetzt. Doch die unendlichen Weiten des Sternenhimmels faszinieren die Menschen immer noch. Das neue „Space Race“ ist aber vielseitiger als der Wettlauf zwischen den USA und der Sowjetunion zum Mond im Kalten Krieg; es spiegelt eine multipolare Welt wider.
Alle wollen ins All
Indien will 2023 eine Crew ins All schicken, während China bereits eine bemannte Marsmission plant. Jupitermonde und Asteroiden sind Ziele von Weltraummissionen geworden, und der Glaube an außerirdisches Leben gilt nicht mehr als Anzeichen dafür, den Verstand verloren zu haben. Vor allem aber waren die vergangenen Jahre von einer Privatisierung der Weltraumaktivitäten geprägt: Die beiden reichsten Männer der Welt, Elon Musk mit SpaceX und Jeff Bezos mit Blue Origin, liefern sich ein Wettrennen um innovative Projekte im All – mit allerlei Größenwahn im Gepäck. Die Menschheit will wieder hoch hinaus und nach den Sternen greifen. Eine simple Frage kommt in all der Begeisterung stets zu kurz. Sie lautet: Warum eigentlich?
I. Kosten oder Nutzen?
1970 – ein Jahr nachdem zum ersten Mal ein Mann den Mond betreten hatte – veröffentlichte der Musiker Gil Scott-Heron ein Gedicht. Es trägt den Titel Whitey on the Moon und erzählt die fiktive Geschichte seiner Schwester, die von einer Ratte gebissen wurde, während Neil Armstrong seinen großen Schritt für die Menschheit machte:
A rat done bit my sister Nell (with Whitey on the Moon)
Her face and arms began to swell (and Whitey’s on the Moon)
I can’t pay no doctor bill (but Whitey’s on the Moon)
Solcherart fragte er schon damals: Sollten wir nicht zuerst unsere Probleme auf der Erde lösen, bevor wir uns auf allerlei extraterrestrische Abenteuer einlassen? David Beasley, Chef des World Food Programme der Vereinten Nationen, wandelte im Vorjahr auf Scott-Herons Spuren, als er in einer Rede behauptete, zwei Prozent des Reichtums von Elon Musk könnten den Welthunger beenden. Musk war wenig beeindruckt und forderte im Gegenzug den US-Kongress auf, keine Milliardärssteuer einzuführen, weil er das Geld dafür brauche, die Menschheit auf den Mars zu bringen.
Zahlen & Fakten
Nur: Die Menschheit will vielleicht gar nicht auf den Mars – geschweige denn überhaupt ins All. Für gerade einmal acht Prozent der US-Amerikaner hat es laut einer im Februar 2021 durchgeführten Umfrage eine sehr hohe Priorität, auf den Mond zurückzukehren; und überhaupt nur sieben Prozent sagen dasselbe über eine Marsmission. Die Aufgabe der NASA, auf die sich die meisten US-Amerikaner einigen konnten, hat gar nichts mit dem All zu tun: 63 Prozent halten es für wichtig oder sehr wichtig, das Klimasystem der Erde zu beobachten. Auf Platz zwei der Prioritäten: nach Asteroiden Ausschau zu halten, die die Erde zerstören könnten. Ein Jahr später, bei fortwährender Pandemie, steigender Inflation und versagender Lieferketten, wird sich das Bild nicht geändert haben.
Wird Geschichte gemacht?
Es liegt vielleicht auch ein bisschen am Gefühl, dass sich die Geschichte wiederholt. Das nächste große Ziel der NASA lautet: zum Mond zurückzukehren. Die Europäische Weltraumagentur ESA verkündete: Bis zum Ende der Dekade steht der erste Europäer am Mond. Russland will – auf den Mond; und Japan auch. Es ist wie mit Babys: Die ersten Schritte sind aufregend und neu; dass man fünfzig Jahre später immer noch gehen kann, wird im Normalfall als gegeben vorausgesetzt. Eine Mondlandung kommt eher mit dem Retro-Charme von flimmernden Röhrenbildschirmen und Woodstock daher denn als bahnbrechende Errungenschaft. Nur vier der zwölf Männer, die auf dem Mond spazierten, sind überhaupt noch am Leben – und die beiden jüngsten sind 86 Jahre alt.
Unsere Enkelkinder werden zu einem Mond hinaufschauen, auf dem Forschungsstationen zu sehen sein werden.
Gernot Grömer (ÖWF-Direktor und Analogastronaut)
Gernot Grömer ist trotzdem begeistert. Wenn der Astrophysiker, ServusTV-Moderator (P.M. Wissen) und Direktor des Österreichischen Weltraumforums (ÖWF) in den Himmel blickt und den Mond betrachtet, fehlt ihm etwas: bunte Lichter. „Unsere Enkelkinder werden abends zu einem Mond hinaufschauen, auf dem kleine leuchtende Punkte zu sehen sein werden: Forschungsstationen, wie wir sie auch auf dem Mars errichten wollen.“ Er ist bedingungsloser Verfechter der Allexploration: „In welcher privilegierten Zeit leben wir, wenn Science-Fiction Wirklichkeit wird?“
Tatsächlich sind die Ziele der neuen Mondmissionen weitreichender, als einfach nur noch einmal hinzufliegen: Der Mond werde sich als neuer Wirtschaftsraum und Kontinent auftun, glaubt etwa der österreichische ESA-Direktor Josef Aschbacher. Und nicht zuletzt ist die Rückkehr zum Mond jener kleine Schritt, der zum nächsten, größeren führen soll: auf den Mars.
II. Abenteuer Mars
Aber, Herr Grömer, warum sollen wir jetzt auch noch zum Mars wollen? Grömer hat unzählige Gründe parat: „Wissensdrang, Abenteuerlust, Ressourcen wie Nickel, Kupfer und andere Metalle. Und schließlich ist der Mars möglicherweise jener Ort im Kosmos, der uns die Frage nach der Einzigartigkeit von Leben auf der Erde beantworten kann.“ Und wenn wir einmal dort sind, werden es immer schon alle gewusst haben: „Alle großartigen Projekte der Menschheit durchlaufen drei Phasen“, sagt Grömer. Zunächst gebe es die Annahme, das Projekt sei nicht möglich; in der zweiten Stufe gelte es zwar als theoretisch möglich, aber nicht als praktikabel; und „in der dritten Phase heißt es dann, man habe das Projekt immer schon für eine gute Idee gehalten“.
Keine Angst vor dem Mars!
Der Mars ist die Zukunft der Menschheit – jedenfalls wenn es nach Elon Musk geht, der einmal verkündete, er wolle die Polkappen des Mars mittels Atombomben zum Schmelzen bringen, um die Temperatur des Planeten zu erhöhen und ihn damit bewohnbarer zu machen. Seine Logik sieht so aus: Früher oder später wird die Erde durch unser eigenes Handeln oder Umwelteinflüsse bis hin zu einem Meteoriteneinschlag (ein solcher löschte bekanntlich schon einmal die dominante Spezies des Planeten aus) für uns unbewohnbar. Wir brauchen einen Plan B, allerspätestens in fünf bis sieben Milliarden Jahren, wenn sich die Sonne zu einem Roten Riesen aufbläht. Zugegeben, ein bisschen Zeit ist bis dahin noch, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Menschheit gerade einmal 200.000 Jahre alt ist.
Handstaubsauger für den Mond
Wem das zu sehr nach Zukunftsmusik klingt: Das All hat uns auch schon ganz praktische Fortschritte gebracht. Rund 7.500 Satelliten etwa bescheren uns Fernsehen, GPS und präzise Wettervorhersagen. Für das All entwickelte Technologien haben auch im irdischen Alltag Einzug gehalten: Handstaubsauger wurden zunächst von der NASA entwickelt, um Mondstaub aufzusagen; und moderne Prothesen basieren auf jener Technologie, die für Roboterarme im All entwickelt wurde.
Zahlen & Fakten
Auch für den Mars würde die Kosten-Nutzen-Rechnung aufgehen, ist Grömer überzeugt: Eine Marsmission sei weit davon entfernt, das riskanteste Unterfangen zu sein, das die Menschen je unternommen haben: „Als Ernest Shackleton 1911 zum Südpol aufbrach, war das eine wirkliche Terra incognita. Nach den Standards unserer Vorgänger sind wir im Grunde Wohnzimmersesselentdecker: Wir wissen, dass Menschen ein Jahr in der Schwerelosigkeit überleben können – und wir wissen, dass es physisch gesehen nichts gibt, wovor wir Angst haben müssten“, sagt er.
Fehlersuche auf der Erde
Er ist an vorderster Front dabei, um die Mission möglich zu machen: Mit dem ÖWF simuliert er sogenannte Analog-Missionen – Simulationen einer Mars-Expedition auf der Erde. Die bislang letzte fand im Oktober 2021 in Kooperation mit der israelischen Raumfahrtbehörde in der Negev-Wüste statt. Diese Analog-Missionen haben laut Grömer einen entscheidenden Vorteil: „Sie erlauben uns, Fehler zu machen“ – ohne, dass jemand stirbt.
Zahlen & Fakten
- 160 Milliarden Euro hat die Internationale Raumstation gekostet. Sie ist das teuerste je von Menschenhand erbaute Objekt.
- 200 Millionen Dollar hat die NASA seit 1974 in die Entwicklung neuer Raumanzüge gesteckt – ohne auch nur einen einzigen produziert zu haben.
- 40 Minuten länger dauert ein Tag auf dem Mars als auf der Erde.
- 6.020 Raketen wurden seit 1975 schätzungsweise gestartet.
Und das sei auch der Sinn der Sache: „Simple Fehler zu begehen, die eine ganze Reihe von ‚What-ifs‘ anstoßen.“ Trotz Grömers Optimismus: Es kann viel schiefgehen, und selbst wenn alles gut geht, ist eine Marsmission doch eher eine mühsame Angelegenheit. 500 Tage würde die Raumfahrt ungefähr dauern; 500 Tage auf engstem Raum mit Fremden auf einer Reise ins Ungewisse. Dass der Körper das mitmacht, daran gibt es wenig Zweifel. Ob es der Geist erträgt, ist eine andere Frage. „Ich wollte mich erhängen“, erzählt der Kosmonaut Juri Romanenko im Buch Packing for Mars von Mary Roach über sein halbes Jahr in der Raumstation Mir. „Aber das geht in der Schwerelosigkeit nicht.“ Während Mondmissionen bei technischen Problemen abgebrochen werden können, sind bemannte Marsmissionen zum Gelingen verurteilt. Trotzdem will Elon Musk noch in dieser Dekade einen Menschen zum Mars schicken.
III. Urlaub im All
Aber Zeitpläne sind, was das All betrifft, mit Vorsicht zu genießen, wenn kein John F. Kennedy Druck macht: 1971 prophezeite die New York Times, dass ein Flug zum Mond 2020 genauso billig sein würde wie ein Flugticket. Davon kann zwar noch keine Rede sein, die Preise für private Weltraumflüge könnten in den kommenden Jahren dennoch massiv sinken. Der Grund dafür ist SpaceX: Das Unternehmen hat eine wiederverwertbare Rakete, die Falcon Heavy, entwickelt, die die Kosten für einen Flug ins All von 200 Millionen Dollar auf immerhin vier Millionen drücken könnte, rechnet Robert Zubrin, Autor des Buchs The Case for Space, vor. Der Grund: Es muss nicht mehr für jeden Flug eine eigene Rakete gebaut werden.
Sternenstaub statt Sandstrand
Nun ist es sicher beeindruckend, die Erde vom All aus gesehen zu haben, aber abseits dessen ist nicht ganz klar, wieso ein Urlaub in der Schwerelosigkeit überhaupt eine attraktive Option sein sollte. Ein Langstreckenflug mit schalem Essen im Mittelsitz ist verglichen mit einem Weltraumflug noch immer ein unglaublicher Reisekomfort – und der führt oft wenigstens an den Strand.
Schweben statt schwimmen
Häufige Nebenwirkungen eines Allabenteuers sind: Übelkeit und Erbrechen, Rückenschmerzen, Gesichtsschwellungen und Harndrang. „Im Fall eines kurzen touristischen Raumfluges von wenigen Tagen muss man davon ausgehen, dass selbst junge und gesunde Weltraumtouristen mit den genannten Problemen zu kämpfen haben“, sagt die Raumfahrtmedizinerin Bergita Ganse, die sich mit den Auswirkungen des Alls auf den Menschen beschäftigt. Denn nur weil Affe Albert gezeigt hat, dass man im All überleben kann, heißt das noch lange nicht, dass dem Körper die Schwerelosigkeit völlig egal ist.
Urlaub unter Lebensgefahr
Nicht ohne Grund werden Astronauten normalerweise genau deshalb ausgewählt, weil sie topfit sind. „Je länger der Flug, umso relevanter werden die körperlichen Abbauprozesse. Es kommt zu einem Verlust an Muskelmasse und Knochendichte, das Herz schrumpft“, erklärt Ganse. Andererseits hat William Shatner, neunzig Jahre alt, seinen Ausflug ins All gut überstanden – ein Ausflug, der allerdings nur ein paar Minuten dauerte.
Noch schwieriger wird es, wenn der All-all-inclusive-Trip einen Weltraumspaziergang inkludieren sollte: In den dafür notwendigen Anzügen herrscht nur ein Drittel des Drucks auf Erden, weshalb die Nutzung ein exzessives Training voraussetzt. Und selbst dann sind diese Ausflüge gefährlich – sich während des Spazierens in einen Weltraumanzug zu übergeben ist etwa eine ganz schlechte Idee. „Du stirbst“, erzählt Rusty Schweickart, der im Zuge der Apollo-9-Mission 1969 im All spaziert ist, in Packing for Mars – und beschreibt eine grausame Art, an seinem Erbrochenen zu ersticken.
Die NASA hat deshalb Helme entwickelt, die etwaiges Erbrochenes vom Helm in den Anzug saugen würden, was zwar den Tod durch Ersticken verhindert, aber trotzdem nach keinem entspannten Urlaub klingt. Insofern ist es fast erstaunlich, dass nur 58 Prozent der US-Amerikaner sagen, sie würden auf keinen Fall ins All fliegen wollen – selbst wenn es sie nichts kostete.
IV. Krieg der Sterne
Irgendwann könnte es auch eine Reisewarnung geben für das All – weil es zum Kriegsschauplatz geworden ist. „Der Weltraum wird zunehmend ein Bereich, in dem Staaten nach militärischen Vorteilen streben“, sagt Mark Hilborne, der am King’s College in London die Space Security Research Group gegründet hat.
Im All wird aufgerüstet
Ein Problem, berichtet er, sei die Tatsache, dass friedliche und militärische Nutzung oft nicht unterscheidbar sind: Ob Raketen oder Satelliten – beide könnten militärisch oder zivil genutzt werden. Und niemand weiß, ob hinter einer offenbar zivilen Technologie ein militärischer Hintergedanke steckt. Zweifellos rüsten die Staaten aber auf, um im All auch militärisch präsent zu sein. Ganz vorn mit dabei: der Platzhirsch USA, der das erste „Space Race“ gegen Russland zum Mond für sich entscheiden konnte, und China, das zwar erst seit kurzem eine Weltraumnation ist, aber rasante Fortschritte macht.
Ein Mosaik an Rivalitäten
„Allein in den vergangenen zwei Jahren wurden in China Entwicklungen verzeichnet, die die gesamten Leistungen vieler Nationen im Weltraum in den Schatten stellen“, sagt Hilborne. 2019 landete die Raumsonde Chang’e 4 als erste auf der dunklen, der Erde abgewandten Seite des Mondes. Und im Vorjahr wurde das Kernmodul der Raumstation Tianhe ins All geschossen.
Der Weltraum wird zunehmend ein Bereich, in dem Staaten nach militärischen Vorteilen streben.
Mark Hilborne (Space Security Research Group)
Andere Facetten des höchst ambitionierten chinesischen Weltraumprogramms geben deutlich mehr Anlass zur Furcht: 2007 führte der Test einer Anti-Satelliten-Rakete zum größten von Menschenhand gemachten Trümmerfeld im All, zudem ist bekannt, dass China die Fähigkeit hat, „Satelliten zu blenden, zu stören oder ihr Signal zu manipulieren“, sagt Hilborne.
Das macht vor allem den Vereinigten Staaten Sorgen – aus einem einfachen Grund: Sie haben die stärkste Präsenz im All. „Gleichzeitig sind diese Ressourcen aber auch praktisch wehrlos und stellen für die USA eine große Verwundbarkeit dar“, sagt Hilborne. Mit Indien, Japan und Australien haben sich die USA deshalb zur Quad zusammengeschlossen, die auch im Weltall enger zusammenarbeiten will, um China Einhalt zu gebieten.
Ein sinnloser Tod
Ein „Mosaik von Rivalitäten“ sieht Hilborne, für den die Situation „potenziell höchst brisant“ ist. Vor allem weil ein echter Krieg in den Sternen nicht nur dort stattfinden würde: „Es scheint unwahrscheinlich, dass ein Krieg im Weltraum isoliert ausbrechen würde“, sagt Hilborne. Und selbst wenn: Würde die Weltrauminfrastruktur im Zuge eines Weltraumkriegs zerstört, könnten wir jene Annehmlichkeiten verlieren, die uns das All ganz unbemerkt bietet. Der Menschheit könnte die Lust auf extraterrestrische Abenteuer vergehen. Und Albert II. wäre letztendlich einen sinnlosen Tod gestorben.
Conclusio
Die Menschheit drängt es wieder ins All, auch wenn sich viele Erdenbürger fragen, warum eigentlich – wo wir doch auch auf unserem Planeten genug Probleme zu lösen hätten. Dazu kommt, dass die Lage kompliziert geworden ist: Unterschiedlichste Akteure haben dabei unterschiedlichste Interessen – von kommerziellen über wissenschaftliche bis hin zu militärischen. Und im Unterschied zum ersten „Space Race“ zwischen den USA und der Sowjetunion drängt es nun auch viele private Unternehmen in den Weltraum. So vielfältig wie die Akteure und Ziele sind auch die möglichen Konsequenzen des neuen Space Race: Während die einen die Besiedelung des Mars und die Erforschung des Weltraums erhoffen, befürchten andere gravierende militärische Konflikte, die auch auf der Erde zu Kriegen führen könnten.