Außerirdisches Leben: Wo sind sie bloß?

Vor nicht allzu langer Zeit galten Menschen, die an Aliens glaubten, noch als schräge Vögel. Jetzt könnten wir kurz davor stehen, außerirdisches Leben zu entdecken.

Ein Bild des James-Webb-Teleskops, das Galaxien zeigt. Das Bild illustriert einen Artikel über außerirdisches Leben.
Unzählige Galaxien sind allein auf diesem Foto des James-Webb-Teleskops zu sehen. Ob hier irgendwo außerirdisches Leben existiert? © Nasa
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Auf den Punkt gebracht

  • Unbekannte Welten. Ungefähr jeden zweiten Tag entdecken wir einen neuen Exoplaneten.
  • Gewaltige Entfernungen. Die Frage, ob dort außerirdisches Leben existiert, ist durch die unvorstellbaren Distanzen im All schwierig zu beantworten.
  • Spuren von Leben. Aber wenn wir das Licht analysieren, das die Atmosphäre eines Exoplaneten passiert, kann uns das Hinweise auf außerirdisches Leben geben.
  • Enorme Fantasie. Wie dieses Leben aussehen könnte? Das können wir überhaupt nicht abschätzen, uns nur ausmalen.

Wir leben in einer faszinierenden Epoche voller neuer Entdeckungen. Die Sterne am Firmament sind nicht nur wunderschöne, glühend heiße Gasbälle wie unsere Sonne, sondern sie sind auch nicht allein. Fast alle Sterne, die Sie am Nachthimmel sehen können, haben Begleiter in dem faszinierenden Tanz des Kosmos.

Wir finden im All nicht nur neue Kontinente – wie die Forscher früherer Zeiten auf der Erde –, sondern ganze unbekannte Welten, die um andere Sterne kreisen. Seit 1995 der erste extra-solare Planet entdeckt wurde, haben Astronomen in unserer kosmischen Nachbarschaft mehr als 5.500 weitere erspäht. Das heißt, dass wir seit der ersten Entdeckung im Schnitt jeden zweiten Tag eine neue Welt aufgespürt haben. Dabei sind die von uns entdeckten Welten nur ein winziger Teil des Kosmos, sozusagen die Spitze des Eisbergs im Universum. Wir finden die großen, heißen Planeten leichter, weil sie deutlichere Spuren hinterlassen.

Doch Planeten gibt es fast überall. Die meisten Sterne sind andere Sonnen mit eigenen Welten, die sie umkreisen. Die Exoplaneten, die wir schon kennen, sind seltsamer und aufregender, als die Science-Fiction sie sich jemals ausdenken konnte. Das Universum ist voll faszinierender Vielfalt. Unvorstellbar heiße Gasplaneten – zum Beispiel Heiße Jupiter – waren die erste große Überraschung: Sie umkreisen ihre Sterne so eng, dass ihre äußeren Schichten teilweise verdampfen.

Die wenigsten Exoplaneten sind allein, denn die meisten Sterne besitzen mehr als einen Planeten. Etwa die Hälfte der Sterne hat zudem stellare Begleiter – das heißt, spektakuläre Doppelsonnenauf- und -untergänge sind auf den vielen Welten, die um zwei Sonnen kreisen, ganz normal.

Ein roter Himmel

Manche der entdeckten Exoplaneten waren schon bei der Entstehung der Erde vor etwa viereinhalb Milliarden Jahren älter, als es die Erde heute ist. Andere wiederum konnten die gewaltigen Explosionen ihrer Sterne überleben und kreisen jetzt um Sternenleichen. Es gibt auch einsame Wanderer im All – das sind Planeten, die an keinen Stern mehr gebunden sind und nun allein durch den Kosmos treiben.

Um mindestens jeden zweiten Stern kreist ein Exoplanet, und um mindestens jeden fünften Stern kreist ein Felsplanet in der habitablen Zone, wo es flüssiges Wasser geben könnte. Alle bis jetzt entdeckten potenziell lebensfreundlichen Welten haben eine rote Sonne an ihrem Himmel, denn es ist im Allgemeinen einfacher (und schneller), Exoplaneten in der habitablen Zone zu entdecken, die um kleinere rote Sterne kreisen. Stellen Sie sich einmal den Himmel mit einer roten Sonne vor!

Allein in unserer Galaxie, der Milchstraße, gibt es rund 200 Milliarden Sterne. Im Schnitt beherbergt jeder fünfte Stern einen möglicherweise erdähnlichen Planeten.

Unter den tausenden Exoplaneten konnten wir bereits über drei Dutzend Felsplaneten identifizieren, die von ihren Sternen etwa die gleiche Menge Licht erhalten wie die Erde von der Sonne: Das sind die ersten potenziellen „alien earths“. Ob es dort wirklich Leben gibt, können aber erst zukünftige Beobachtungen klären.

Die Eigenschaften dieser neuen Welten haben das etablierte Weltbild der Wissenschaft aber schon jetzt gehörig ins Wanken gebracht – und erweitert. Allein in unserer Galaxie, der Milchstraße, gibt es rund 200 Milliarden Sterne. Im Schnitt beherbergt jeder fünfte Stern einen möglicherweise erdähnlichen Planeten. Die Chancen, Lebensspuren im All zu finden, erscheinen besser denn je.

Außerirdisches Leben: Sind wir allein im All?

Diese Frage sollte eigentlich eine klare Antwort haben: ja oder nein. Doch sobald man mit der Suche nach Leben anderswo beginnt, stellt man fest, dass die Sache nicht so einfach ist. Wir werden diese neuen Welten in naher Zukunft nicht mit Raumschiffen erkunden können, denn diese Exoplaneten sind Billionen von Kilometern entfernt. In der immensen Weite des Weltraums liegen gigantische Distanzen zwischen den Sternen.

Mir fällt es immer leichter, mir diese Weiten vorzustellen, wenn ich die Modelle auf ein alltägliches Maß verkleinere. Schrumpfen wir das Sonnensystem – von der Sonne bis zum äußersten Planeten Neptun – zum Beispiel auf die Größe eines Kekses mit einem Durchmesser von ungefähr fünf Zentimetern. Was denken Sie, wie weit der nächste Nachbarstern der Sonne entfernt wäre? Zwei Kekse? Fünf? Hundert? Die Antwort wird Sie überraschen: Es sind fast 9.000 Kekse. Der nächste Stern ist, wenn wir beim Keks-Maßstab bleiben, rund vier Fußballfelder weit weg.

Die gewaltigen Entfernungen erschweren die Suche enorm. Doch Licht und Materie beeinflussen sich gegenseitig, was uns die Möglichkeit verschafft, die neuen Welten an unserem kosmischen Horizont trotzdem zu erforschen – selbst wenn wir sie nicht erreichen können. Auch Anzeichen von Leben auf einem Planeten sind in seinem Licht kodiert – wenn man sie zu lesen versteht.

Unsere Heimat ist der Schlüssel, um nach Leben im All zu suchen. Die Erdgeschichte zeigt die tiefgreifenden Veränderungen unserer Welt in den letzten 4,5 Milliarden Jahren. Das erlaubt auch einen ersten Eindruck von den Spuren, die das Leben hinterlässt.

Spuren von Leben

Organismen können die Oberfläche und die Luft ihres Planeten stark verändern. Auf der Erde zeigen die Kombination von Sauerstoff und einem reduzierenden Gas wie Methan sowie die Farbe der Pflanzen, die einen Teil der Oberfläche unseres wunderschönen Planeten bedecken, dass es hier Leben gibt. Auch wenn sich die Formen außerirdischer Existenz sehr wahrscheinlich von jener auf der Erde unterscheiden, liefert uns unsere Biosphäre doch Anhaltspunkte für unsere Suche.

Wenn es Leben auf anderen Planeten gibt, dann dürfte eine Mischung aus den uns vertrauten Gesetzen der Physik und Evolution Organismen hervorbringen, die sich zwar von den uns bekannten völlig unterscheiden, aber gleichfalls an ihre Umgebung perfekt angepasst sind.

Das Zusammenspiel von strahlenden Photonen, wirbelndem Gas, Wolken, Kontinenten und Ozeanen erzeugt eine Symphonie möglicher Welten.

Um Spuren von Leben auf anderen Welten nicht zu verpassen, brauchen wir eine breite Palette an Werkzeugen. Am Carl Sagan Institute der Cornell University (in Ithaca im US-Bundesstaat New York) züchten wir deshalb eine große Vielfalt farbiger Organismen in unserem Biologielabor, um die Farben des Lebens einzufangen. Wir schmelzen winzige Lavawelten und vermessen das Leuchten in unserem Geologielabor, um so die Zusammensetzung dieser Felswelten aus dem eingefangenen Licht zu entschlüsseln. Wir nutzen diese Messungen und erstellen Computerprogramme, die Spuren von Leben im Kosmos simulieren.

Das Zusammenspiel von strahlenden Photonen, wirbelndem Gas, Wolken, Kontinenten und Ozeanen, das von den Programmen in meinem Computer berechnet wird, erzeugt eine Symphonie möglicher Welten. Manche davon beherbergen eine riesige Vielfalt von Lebensformen, andere sind unfruchtbar. All dies gibt uns Hinweise darauf, welche Spuren Leben im All hinterlässt und wonach wir suchen können.

Wo sollen wir nach außerirdischem Leben suchen?

Die Luft, die wir atmen, wird durch eine Kombination aus geologischen und photochemischen Prozessen zusammengesetzt und zeigt Spuren von Leben auf unserem Planeten. Deshalb ist die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre einer anderen Welt derzeit die einfachste Art, Lebensspuren zu entdecken. Denn Licht und Materie interagieren. Die verschiedenen Wellenlängen von Licht verfügen jeweils über eine ganz bestimmte Energie. Das Licht der Sterne kann deshalb Moleküle zum Schwingen und Rotieren bringen. Um ein Molekül in Bewegung zu setzen, braucht das Licht aber genau die richtige Menge an Energie, nicht zu viel und nicht zu wenig.

Stellen Sie sich zwei unterschiedliche Moleküle vor, Sauerstoff und Wasser: O² besteht aus zwei Sauerstoffatomen, H²O wiederum aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom. Aufgrund der Art, wie Atome Bindungen eingehen, hat jedes Molekül seine eigene Struktur. Nur ganz bestimmte Energien können ein Sauerstoffmolekül zum Schwingen bringen; hingegen setzen dieselben Energien zum Beispiel ein Wassermolekül nicht in Bewegung.

Das Licht trifft auf seiner Reise durch den Kosmos auf Moleküle und Atome. Die Anteile des Lichts, die fehlen, wenn es uns erreicht, verraten uns, welchen chemischen Stoffen es unterwegs begegnet ist. Die fehlenden Anteile – in der Wissenschaft heißen sie Absorptionslinien im Spektrum – sind so etwas wie der Stempel in einem Reisepass, der Ihnen verrät, welche Länder jemand bereist hat, bevor er zu Ihnen kam.

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Zahlen & Fakten

So könnten wir außerirdisches Leben entdecken

Exoplaneten sind so weit weg, dass wir sie wohl nie erreichen werden. Aber eine Spektralanalyse des Lichts, das ihre Atmosphäre passiert, kann wertvolle Hinweise auf die Begebenheiten dort liefern. Die Moleküle und Atome in der Atmosphäre eines Exoplaneten absorbieren Teile des Lichts und diese fehlenden Anteile des Lichts geben Hinweise auf die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre eines Exoplaneten. Und damit darauf, ob es dort Leben geben könnte. 

Doch anders als die Stempel im Pass geben uns die fehlenden Lichtanteile Hinweise auf die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre von Welten, die enorme kosmische Distanzen entfernt sind. Um diese Hinweise zu entschlüsseln, messen Forschende in Laboren genau, welche Energie (also welche Wellenlängen des Lichts oder welche Farben) die verschiedenen Moleküle in Bewegung versetzt oder Elektronen in Atomen auf andere Energielevel springen lässt.

Wenn Experimente nicht möglich sind, weil die erforderlichen Temperaturen die Laborausstattung zum Schmelzen oder zum Gefrieren bringen würden oder weil die Gasmischung giftig ist, werden diese Werte mithilfe der Quantenmechanik berechnet.

Die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre einer anderen Welt und die Farben von Organismen auf ihrer Oberfläche bieten uns eine breite Palette von Lebensspuren von winzigen Mikroben bis zu komplexen Mehrzellern, wie Sie und ich es sind.

Unsere Hoffnung heißt James Webb Teleskop

Das James Webb Space Telescope (JWST) ist als erstes Teleskop in der Geschichte der Menschheit in der Lage, mit seinem 6,5 Meter großen Spiegel genug Licht einzufangen, um diese kleinen Felswelten zu untersuchen. Wie viel Licht ein Teleskop einfangen kann, hängt von seiner Größe ab. Denken Sie an einen Eimer – je größer sein Durchmesser ist, desto mehr Regenwasser kann er während eines Gewitters auffangen. Genauso funktioniert der Spiegel eines Teleskops; je größer er ist, desto mehr Licht fängt er auf. Aber auch für dieses enorme Teleskop stellt die Suche nach Leben den äußersten Rand des technisch Möglichen dar, weil potenziell lebensfreundliche Erden so viel kleiner sind als ihre Sonnen.

Wenn Sie etwa 100 Erden auf eine Perlenschnur auffädeln könnten, hätten Sie gerade einmal den Durchmesser der Sonne dargestellt. Das heißt, Spuren von Leben in der dünnen Schicht der Atmosphäre eines Planeten zu erspähen, erfordert technische Glanzleistungen.

Selbst mit dem JWST können wir diese winzigen Signale nur erspähen, wenn wir Beobachtungen über Monate und Jahre hinweg aufrechnen. Aber trotz aller Schwierigkeiten haben wir zum ersten Mal die Möglichkeit, nach diesen Spuren zu suchen. Wenn es Leben überall dort geben sollte, wo es biologisch möglich ist, und diese Spuren auf Planeten um unsere Nachbarsterne deren Atmosphäre verändern, stehen wir vor einer Revolution unseres Weltbilds.

Ein ganz anderes Leben

Aber es ist komplett unklar, wie Leben auf anderen Planeten aussehen könnte. Hätten diese Wesen Augen, Ohren, Beine – und wenn ja, wie viele? Enorme Fantasie ist gefragt, um sich auszumalen, wie die Aliens gebaut wären. Ich frage mich oft, ob unsere Vorstellungskraft auch nur einen Bruchteil der Möglichkeiten abdecken kann.

Sollten wir Leben auf anderen Welten entdecken, wird dessen Vielfalt wohl eine weitere wunderbare Überraschung sein.

Wenn ich mir die neuesten Bilder von Lebewesen aus den Tiefen der Ozeane ansehe, muss ich zugeben, dass ich ihre erstaunliche, verrückte, seltsame Schönheit nicht hätte vorhersagen können. Sollten wir Leben auf anderen Welten entdecken, wird dessen Vielfalt wohl eine weitere wunderbare Überraschung sein.

Wenn ich in den Nachthimmel schaue, sehe ich mehr als nur einen schönen tiefschwarzen Hintergrund, der mit funkelnden Sternen übersät ist. Wirklich atemberaubend wird dieser Anblick, weil wir die Geheimnisse des Alls enthüllen. Das Firmament zeigt uns tausende Sterne, die von faszinierenden neuen Welten umkreist werden. Schauen Sie in den Himmel, und betrachten Sie ihn als ein Fenster, das uns mit dem gesamten Kosmos verbindet. Entdecken Sie Ihren Lieblingsstern, und erlauben Sie sich die Freiheit, neugierig zu sein auf seine Geheimnisse.

Was, wenn wir im Kosmos doch nicht allein sind? Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit verfügen wir über die Technologie, um das herauszufinden.

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Conclusio

In unserer Galaxie, der Milchstraße, gibt es an die 200 Milliarden Sterne. Um mindestens jeden zweiten Stern kreist ein Planet und um jeden fünften ein Felsplanet, der wie die Erde sein könnte. Diese schwindelerregende Zahl bedeutet, dass allein in unserer Galaxie noch Milliarden neuer Welten zu entdecken sind.

Was wir über einige dieser neuen Welten herausgefunden haben, war völlig unerwartet – manche sind mit Ozeanen aus Magma bedeckt, andere sind heiße, aufgeblähte Gasbälle, die eng um ihre Muttersterne kreisen, auf anderen Welten stehen zwei Sonnen am Himmel, und alles wirft zwei Schatten. Aber unter diesen neuen Welten sind auch schon die ersten, die fast ein wenig wie unser Zuhause aussehen. Und wir haben zum ersten Mal die Werkzeuge, um bald herauszufinden, ob auf ihnen Leben existiert.

Buch-Tipp

Alien Earths“ von Lisa Kaltenegger erscheint am 2. Mai im Droemer Verlag und erzählt, welche faszinierenden Welten wir im All bereits entdeckt haben sowie ganz persönlich von der spannenden Spurensuche nach Leben im All.

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