Wir erobern das All

Im Erdorbit wird gefeiert, gearbeitet und geschossen. Der Mars ist besiedelt, Sonden holen wertvolle Metalle aus dem Weltraum. Und uns erreichen Signale fremden Lebens.

Auf einer mit KI generierten Illustration ist ein Astronaut von hinten auf dem Mars abgebildet. Das Bild illustriert einen Artikel über unsere Zukunft im Weltraum.
Vorposten im All: Raumfahrt wird vom Abenteuer zum Treiber gesellschaftlichen Wandels. © AI-Artist / Florence Wibowo
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Auf den Punkt gebracht

  • Der erste Schritt. Seit 23 Jahren ist ununterbrochen zumindest ein Mensch im All.
  • Wirtschafts-Raum. Im Erdorbit wird Sonnenenergie geerntet und es werden Wirkstoffe für neuartige Arzneien produziert.
  • Mondbasis. Auf dem Erdtrabanten werden Rohstoffe abgebaut, auch deshalb gibt es dort ständig bewohnte Stationen, die bei Neumond bis zur Erde funkeln.
  • Kontakt. Bei der Beobachtung erdähnlicher Planeten in fernen Sonnensystemen könnten wir Spuren von außerirdischem Leben entdecken.

Aus der Sicht unserer Großeltern leben wir in einer Science-Fiction-Welt, und dieser Eindruck wird sich in den kommenden Jahrzehnten radikal verstärken. Aus der Perspektive der Raumfahrt wird das besonders deutlich: Seit mehr als 23 Jahren gab es keinen einzigen Augenblick, in dem alle Menschen gleichzeitig auf der Erde waren, denn die Internationale Raumstation ist seitdem durchgehend bemannt. Im vergangenen Herbst waren erstmals 16 Menschen gleichzeitig im Weltraum, unter anderem auf der chinesischen Tiangong-Raumstation und an Bord privater Raumschiffe. Und das ist das Heute.

In fünfzig Jahren wird der erdnahe Weltraum genauso routinemäßig bewirtschaftet werden wie jetzt die Küstenzonen. Die Handelsware sind dann unter anderem Daten und Tourismus-Dienstleistungen. Wie wäre es mit Flitterwochen im Hilton Orbital oder einem Rundflug um den Mond? Auch die Industrie wird das All erobert haben: Sie erntet dort Solarenergie und züchtet Kristalle für die Medikamentenproduktion.

Der Himmel wird anders aussehen

Schon jetzt durchkreuzen – zum Leidwesen der Astronomen – Dutzende von Satelliten Langzeitbelichtungen des Nachthimmels. Und die Zahl der Satelliten wird weiterhin rasant steigen – von aktuell etwa 9.000 (die Hälfte davon gehört übrigens Elon Musks SpaceX) auf zehn- bis hunderttausende. Das erfordert ein komplexeres Verkehrs- und Frequenzmanagement als in der Einflugschneise des Atlanta International Airport in Georgia, USA, an einem Montagmorgen. Permanent besetzte Stationen auf dem Mond offenbaren sich in wolkenlosen Neumondnächten als kleine Lichtpünktchen auf der Oberfläche unseres Trabanten. Der Abbau von Helium-3 für irdische Fusionsreaktoren ist ebenso lukrativ wie das Erschließen von Wassereis-Vorräten auf dem Mond-Südpol.

Die ersten Außenposten auf dem Mars sind ebenso normal wie heutzutage Antarktisstationen. Das bedeutet: harte Arbeitsbedingungen, hohe Risiken, aber enorm spannende wirtschaftliche Aussichten. Gleiches gilt für den Bergbau im luftleeren Raum; Pionierfirmen gewinnen Metalle aus Asteroiden. Das Forbes-Magazin schätzt allein den Metallwert des eisen- und nickelhaltigen Asteroiden Psyche auf zehn Billiarden US-Dollar. (Ja, Sie haben richtig gelesen: $10.000.000.000.000.000). Kürzlich schickte die NASA eine Sonde zum ersten Rendezvous mit dem Himmelskörper.

„Star Wars“ in der Erdumlaufbahn?

Im Jahr 2024 haben die Weltraumrechtsverträge der Vereinten Nationen noch Bestand. Darin wird das All gleichsam zu einer neutralen Zone erklärt. Die Debatte um militärische Aktivitäten brodelt aber. In fünfzig Jahren wird die friedvolle Nutzung des Weltraums wohl der sicherheitstechnischen Realpolitik gewichen sein: Zur bereits üblichen Überwachung von Truppenbewegungen kommen suborbitale Nachschublinien in Konfliktzonen, aktives Stören von zivilen und militärischen Dienstleistungen bis hin zum Zerstören von Satelliten und Orbitalstationen.

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Zahlen & Fakten

Entwickelte Länder verfügen über einen schnellen und kostengünstigen Zugang zum Weltraum, und seine Verteidigung wird so selbstverständlich, wie es heute die hoheitliche Überwachung und Sicherung des Luftraums ist.

Vom Leben im Weltraum

Die Raumfahrt wird nicht nur technologische und wirtschaftliche Auswirkungen haben, sondern auch tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen mit sich bringen. Der Blick auf die Erde aus dem Weltraum könnte eine stärkere Sensibilität für Umweltfragen und globale Zusammenhänge schaffen. Die Idee, dass die Menschheit nicht nur Bewohner der Erde, sondern auch des Weltraums ist, könnte das Bewusstsein für unsere gemeinsame Verantwortung für den Planeten stärken.

Spekulativer wird es bei den wissenschaftlichen Entwicklungen: Die Erforschung ferner, erdähnlicher Planeten wird sich intensivieren. Es ist damit vorstellbar, dass Astronomen dort Hinweise auf biologisches Leben detektieren, verursacht etwa von Mikroben. U-Boote werden die Ozeane unter den Eispanzern der Monde des Jupiter und des Saturn durchkreuzen und bei Vulkanschloten nach Lebensspuren suchen.

Wie sagte der legendäre US-Astronom Carl Sagan (1934–1996) einst so treffend: „Ich weiß nicht, was es ist, aber irgendwo da draußen warten unglaubliche Wunder auf ihre Entdeckung.“

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