Die Sache mit der Katze

Politiker, die Probleme nicht pragmatisch, sondern stur einer Ideologie folgend lösen (wollen), lösen sie gar nicht. Und schaffen noch neue.

Illustration einer schwarzen Katze
Schwarz-Weiß-Denken hat noch niemandem geholfen. Auch Katzen nicht. © Getty Images

Eine der klügsten wirtschaftlichen Erkenntnisse des 20. Jahrhunderts verdankt die Welt, ausgerechnet, dem seinerzeitigen Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Chinas, Deng Xiaoping (1904–1997). Sie lautet: „Es ist egal, ob eine Katze schwarz oder weiß ist, solange sie Mäuse fängt.“

Der schlaue Diktator meinte damit, dass die Wirtschaftspolitik eines Landes nicht irgendwelchen Dogmen und Ideologien folgen, sondern ausschließlich danach zu beurteilen sein sollte, ob sie den Wohlstand der Bürger hebt oder nicht. Deshalb gibt es in China heute neben dem übermächtigen Staat massenhaft privates Unternehmertum, weltweit führende Konzerne – und hunderte Millionen Menschen, die in eine Art bescheidenen Mittelstand aufgestiegen sind. Die kapitalistische Katze fängt eben auch in China jede Menge Mäuse.

Was Deng Xiaoping uns da lehrt, kann man auch als extremen Pragmatismus beschreiben. Also eine nicht von kruden Theorien, festgefahrenen Glaubenssätzen oder mit Tabus belegten Lehren gesteuerte Politik, sondern eine strikt lösungsorientierte. Katze, Fell, Mäuse halt. Sie verstehen.

Untergeordnete Realität

Seinen finsteren Gegenspieler findet der Pragmatiker im Ideologen, der seiner Überzeugung alles unterwirft, notfalls auch die Realität. Das geht, wie wir aus der Geschichte wissen, immer schief. Was aber leider nichts daran ändert, dass es immer wieder ausprobiert wird. Wie zum Beispiel, und das ist leider gar nicht gut so, in den leicht wohlstandsverwahrlosten westlichen Gesellschaften seit Jahrzehnten schon.

Grundsätzlich neigen ja alle politischen Parteien – mit der seltenen Ausnahme echt liberaler – dazu, Überzeugung und Ideologie vor Pragmatismus zu stellen, dafür sind sie ja auch irgendwie konstruiert.

Seinen finsteren Gegenspieler findet der Pragmatiker im Ideologen, der seiner Überzeugung alles unterwirft, notfalls auch die Realität.

Es sind freilich vor allem grüne und linke Parteien, die in der jüngeren Zeit politische Überzeugungen gegen vernünftigen Pragmatismus in Position brachten.

Zu bestaunen war da den ganzen Sommer beispielhaft der hinhaltend zähe Widerstand der deutschen Grünen gegen eine durch und durch vernünftige Verlängerung des Betriebs der letzten drei Atomkraftwerke. Bei pragmatischer Betrachtung eine alternativlose Maßnahme – beim Blick durch die ideologische Brille etwas, was nicht sein kann, weil es nicht sein darf. Egal wie viele Mäuse diese Atomkatze fängt.

Kostspielige Dogmen

Wir sehen: Wo immer Entscheidungen nicht pragmatisch, sondern dogmatisch getroffen werden, sind falsche Entscheidungen das Ergebnis. Was in der Regel zu weniger Wohlstand und mit Pech zu kalten Wohnzimmern führt.

Das ist in vielen anderen Bereichen, die für die ganz normalen Menschen wichtig sind, genauso. So ist etwa vollkommen klar, dass man entweder für jedermann offene Grenzen haben kann oder einen hochgezüchteten Sozialstaat – aber nie beides zugleich, denn das geht sich halt nicht aus. Der Pragmatiker versteht das und handelt politisch eben entsprechend, und zwar nicht mit dem Ende des Sozialstaates. Der Ideologe hingegen meint, die ganze Welt habe Anspruch auf ein Vollkasko-Leben bei uns. Und zerstört damit letztlich auch den Sozialstaat, der das irgendwann nicht mehr leisten kann.

Vor uns liegen Zeiten, die nicht ganz einfach sein werden. Katzen nicht nach ihrer Fellfarbe, sondern nach ihrer Lust am Mäusefang zu beurteilen wird da ganz hilfreich sein.