Unterschätzt Putin Trump?
Ein zweites Treffen „Putin Trump“ steht noch aus. Westliche Zurückhaltung begünstigt Moskau. Doch die entschlossene Haltung der USA könnte Russland an den Verhandlungstisch zurückbringen.

Sowohl die Franzosen während Napoleons Herrschaft als auch die Deutschen im Zweiten Weltkrieg lernten, dass die Zeit meist auf Russlands Seite steht – hauptsächlich wegen seiner Größe und der starken Loyalität seines Volkes. Darüber hinaus untermauert Russland seine Politik häufig mit Desinformations-Taktiken. Außerdem verkennt der Westen oftmals russische Bedürfnisse und Motive und stützt dadurch seit Jahrhunderten Moskaus Strategien.
Die Mühen des Westens
Washington sagte ein geplantes Treffen zwischen Präsident Donald Trump und Wladimir Putin ab. Es scheint, dass der Vorschlag aus Washington zu einem Kriegsende in der Ukraine für den russischen Präsidenten nicht akzeptabel war. Präsident Trump möchte vermeiden, bei einem neuerlichen Treffen „Zeit zu verschwenden“ .
Was bedeutet das? Auf den ersten Blick scheint diese Situation ein Sieg für Moskau zu sein. Als Präsident Trump sich weigerte, der Ukraine Tomahawk-Raketen zu liefern, könnte dies auf eine mögliche Einigung mit Russland und den Versuch hindeuten, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj davon zu überzeugen. Während Waffenstillstandsgespräche nicht ausgeschlossen sind und weitergeführt werden, verschafft diese Verzögerung Russland zusätzliche Zeit.
An Präsident Putin scheitert die konventionelle Diplomatie.
Und die Sanktionen? Bisher haben sie Russland nicht abgeschreckt. Das Land hat eine recht erfolgreiche Umstellung auf eine Kriegswirtschaft vollzogen, wobei die Wirtschaft vor allem im Verteidigungssektor wächst. Am 23. Oktober führte die Europäische Union ihr 19. Sanktionspaket gegen Russland ein – in der unbegründeten Hoffnung, dass diese Maßnahmen wirksamer sein werden als die bisherigen.
Kann Putin Trump hinhalten?
Was jedoch Russland weh tun könnte, sind Präsident Trumps neue Sekundär-Sanktionen gegen russische Ölexporte, die sich in erster Linie gegen die größten Abnehmer Indien und China richten. Bislang wurden diese Lieferungen toleriert, solange der Preis unter einer bestimmten Schwelle blieb. Diese Grenze wurde nun aufgehoben.
China hat bereits bestimmte Lieferungen aus Russland ausgesetzt. Das könnte letztlich nennenswerte Folgen haben. Berichten zufolge prüfen indische Raffinerien ihre Verträge und könnten die direkten Importe von russischem Rohöl reduzieren.
In den letzten Jahren hat der Westen aus Angst vor einer Eskalation einen vorsichtigen diplomatischen Ansatz verfolgt. Dies hat es Moskau ermöglicht, die Initiative zur Eskalation zu ergreifen und seine Maßnahmen zu verstärken. Das Ergebnis ist ein Rezept für einen dauerhaften Krieg.
Der Druck steigt
Derzeit scheint Moskaus Strategie, auf Zeit zu spielen, aufzugehen. Doch mit Präsident Trumps verschärften Sanktionen könnte der Kreml an den Verhandlungstisch zurückgeholt werden.
An Präsident Putin scheitert die konventionelle Diplomatie. Im Einklang mit traditionellen russischen Vorgehensweisen und gestützt auf KGB-Techniken vermag der Kreml, seine Gegenüber einzuschätzen und gleichzeitig die eigenen Strategien sorgfältig zu verbergen. Das verschafft Russland einen Vorteil bei Verhandlungen.
Dennoch könnte Moskau die unerschütterliche Entschlossenheit eines erfahrenen Geschäftsmannes unterschätzen, der eine ausgeglichene Lösung sucht.

