Die globale Aufrüstung in 6 Grafiken

Weltweit toben mehr und brutalere Kriege. Auch Europa beginnt allmählich nachzurüsten, um sich ohne die USA verteidigen zu können. Ein Blick auf die globale Rüstung und Konfliktlage in sechs Grafiken.

Illustration zum Thema "globale Rüstung": Ein Helm mit Camouflage-Muster und ein Umriss enes Kampfjets, alles in Grün-tönen.

Vor gut 130 Jahren verfolgten die Briten das Ziel, ihre Flotte größer als die der nächsten zwei Nationen zusammengenommen zu halten, um ihr maritimes Empire zu sichern. Ab 1900 setzte Deutschland mit einem massiven Flottenausbau die Briten unter Druck, was ein Wettrüsten auslöste, das wesentlich zum Ersten Weltkrieg beitrug. Kürzlich kündigte Bundeskanzler Friedrich Merz an, die Bundeswehr zur stärksten Armee Europas auszubauen. Die aktuelle Debatte über die Aufrüstung in Europa weckt bei manchen die Sorge vor einem erneuten tragischen Ende. Ein Blick auf Grafiken zum globalen Verteidigungssektor kann helfen, die sich verändernden Kräfteverhältnisse, potenzielle Konfliktzonen und die größten Profiteure besser zu verstehen.

1. Die absoluten Spitzenreiter

Die USA geben 2024 mit knapp einer Billion Dollar deutlich mehr für Rüstung aus als jedes andere Land – mehr als die nächsten neun Militärbudgets zusammen. Inflationsbereinigt steigen die Ausgaben seit Jahren, doch von einer großen Aufrüstung kann nicht die Rede sein. Unter Präsident Barack Obama war das Militärbudget von 2009 bis 2011 bereits höher.

2. Die relativen Spitzenreiter

Um Militärausgaben zu vergleichen, werden sie oft in Relation zur Wirtschaftsleistung eines Landes gesetzt. Dies zeigt, wie stark das Militär in der Volkswirtschaft gewichtet ist. In den USA sinkt der Anteil seit Jahren: 2010 lag er bei 4,2 Prozent des BIP, 2024 bei 3,4 Prozent. Der Vergleich zur Wirtschaftsleistung macht klar, dass Europas Aufrüstungsbemühungen nicht als „Kriegswirtschaft“ zu bezeichnen sind. Die NATO fordert seit Langem, dass Mitgliedsstaaten zwei Prozent ihres BIP für Verteidigung ausgeben. Viele europäische Länder, einschließlich Deutschland, lagen seit dem Zerfall der Sowjetunion oft deutlich darunter.

Selbst mit dem 100-Milliarden-Sondervermögen erreichte Deutschland 2024 laut SIPRI-Daten mit 1,9 Prozent des BIP das Ziel knapp nicht, während andere Berechnungen und Berlin behaupten, es sei erreicht. Eine echte Kriegswirtschaft zeigt sich in der Ukraine, wo über ein Drittel der Wirtschaftsleistung ins Militär fließt. Russland und Israel gaben 2023 etwa sieben Prozent beziehungsweise neun Prozent ihres BIP für Verteidigung aus.

3. Globale Rüstung nimmt Fahrt auf

Aus Sicht der Streitkräfte fallen die zusätzlichen Mittel vor allem in Europa ins Gewicht. Deutschland steigerte sein Verteidigungsbudget um 31,5 Prozent, Polen sogar um 44,3 Prozent. Selbst in Österreich, wo die staatliche Verschuldung ein Sparbudget notwendig machte, stiegen die Ausgaben 2024 um 18,1 Prozent und sollen auch im laufenden Jahr um ganze 18 Prozent zulegen.

4. Europas Waffenschmieden profitieren

Die größten Profiteure sind etablierte europäische Rüstungskonzerne und ihre Aktionäre. Die Börsenkurse des deutschen Waffen- und Munitionsherstellers Rheinmetall haben sich seit Jahresbeginn fast verdreifacht, während US-Konzerne wie Lockheed Martin oder Northrop Grumman ein Minus verzeichnen. Dennoch dominieren amerikanische Unternehmen den globalen Rüstungsmarkt: Lockheed Martin, Hersteller des F-35-Kampfjets, erzielte 2023 einen doppelt so hohen Umsatz wie Europas größter Rüstungskonzern BAE Systems.

5. Die Rückkehr des Krieges

In den letzten zehn Jahren fielen deutlich mehr Menschen Kriegen und Konflikten zum Opfer als in den zwei Jahrzehnten nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Laut dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) stieg die Zahl der in Konflikten getöteten Menschen 2024 um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Während 2023 etwa 180.000 Todesfälle verzeichnet wurden, stieg diese Zahl 2024 auf über 230.000. Das Jahr 2022 war mit über 300.000 Opfern das blutigste seit drei Jahrzehnten. Einzige Ausnahme in der friedlicheren Epoche des späten 20. Jahrhunderts war 1994, als beim Genozid in Ruanda etwa 800.000 Tutsi ermordet wurden.

6. Aktuelle Brennpunkte

Der Ukraine-Krieg forderte 2024 etwa 110.000 Todesopfer – mehr als die vier nächstgrößten bewaffneten Konflikte zusammen. Seit Anfang 2024 starben im Gazakrieg rund 38.000 Menschen, seit dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 etwa 55.000. In der Sahelzone töteten Kämpfe islamistischer Milizen gegen Regierungstruppen seit Anfang 2024 rund 29.000 Menschen, etwas mehr als die Bürgerkriege in Sudan und Myanmar. Im Norden Äthiopiens starben bei ethnischen Konflikten über 10.000 Menschen.

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