3 Fragen an Sonja Völker: Beraten statt strafen bitte!

Gerade kleinen Unternehmern bereiten bürokratische Auflagen großes Kopfzerbrechen. Über sanktionierte Glühbirnen und den Zettelstreit um einen Plüschhasen: Drei Fragen an Sonja Völker, Gründerin der Wiener Kindermodegeschäfte „Herzilein.“

Porträtaufnahme von Herzilein-Gründerin Sonja Völker. Sie, mit schulterlangem rost-rotem Haar und schwarzer Bluse, lächelt in die Kamera. Im Hintergrund in warmen Tönen und verschwommen ist der Verkaufsraum ihres Kindermodengeschäfts zu erahnen.

1Sie haben mittlerweile fünf Kindermodegeschäfte und Papeterien in Wien eröffnet. Müssen Sie sich viel mit Bürokratie beschäftigen?

Die regulatorischen Anforderungen sind vor allem bei der Eröffnung eines neuen Geschäftslokals beträchtlich. Für jedes Detail sind unterschiedliche Magistrate zuständig: Eine Behörde muss genehmigen, wie das Eingangsportal ausschaut, eine andere, wie man die Schilder gestaltet, eine weitere bewertet das Leuchtschild und so fort. Man rennt von Pontius zu Pilatus. Als lokaler Unternehmer schafft man einen Mehrwert und Arbeitsplätze. Man hat nicht das Gefühl, dass das vonseiten der Verwaltung willkommen geheißen wird.

2 Abgesehen von den vielen Anlaufstellen: Sind die Informationen über die Anforderungen klar nachvollziehbar, oder tappt man manchmal im Dunkeln?

Ich glaube, das ist in den letzten Jahren etwas besser geworden. Hier bietet die Wirtschaftskammer viel Unterstützung. Aber angesichts der vielen Vorschriften kann einem immer etwas entgehen. Ich musste eine Strafe zahlen, weil wir am Eingang nicht ausgeschildert hatten, welche Gesellschaftsform Herzilein hat – also ob wir eine GmbH oder AG oder sonstiges sind. Vom Spielzeuginspekteur wurde beanstandet, dass die CE-Zeichen (Kennzeichnung, dass Waren gemäß sämtlichen EU-Bestimmungen geprüft sind; Anm.) um einen Millimeter zu klein sind. An einem Plüschhasen im Schaufenster hätte ich den Zettel mit der Warnung vor Verschluckungsgefahr für Kleinkinder nicht abschneiden dürfen – der Hase war 40 Zentimeter groß. 

Grundsätzlich wünsche ich mir eine deutlichere Relation zwischen Strafen und Vergehen. Weil ich fünf Glühbirnen am Eingang nicht angemeldet hatte, musste ich eine Abgabe von 500 Euro nachzahlen, Monate später erhielt ich dafür eine Strafe von 1.000 Euro.

3Was wäre mit Blick auf die Bürokratie und Kleinunternehmen die oberste Priorität aus Ihrer Sicht?

Ich glaube, es ist in Wirklichkeit gar nicht so viel und auch längst bekannt. Wenn sich die Politik mit den Interessenvertretungen zusammensetzen und eine Liste durchgehen würde, könnte man kleinen Unternehmen viel Mühe ersparen. Es geht oft gar nicht darum, Regelungen zu streichen. Aus meiner Sicht wäre es einfach sinnvoll, würden die Behörden alles, was sie verlangen, gebündelt und transparent vorlegen und einem unterstützend begegnen. Gut wäre, wenn sich der Unternehmer mit den relevanten Beamten bei einem gemeinsamen Termin treffen und alle Anforderungen in einem Aufwasch durchgehen könnte. 

Außerdem würde ich mir wünschen, dass angesichts dieses Verordnungsdschungels die Behörden mit dem Ansatz „Beraten statt strafen“ vorgehen würden. Ein Kontrolleur hat mich einmal gestraft, weil ein paar Sockerl in der Auslage kein Preisetikett hatten. Ich verstehe, dass er diese Regel nicht gemacht hat, aber er könnte zunächst auch darauf hinweisen, statt sofort zu strafen. Dabei geht es um das Mindset in der Verwaltung, und das müsste bewusst von der Politik verändert werden.

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ist Jurist und Sachverständiger
ist Politik- und Wirtschaftsphilosophin
ist Ökonom beim Institut der deutschen Wirtschaft
ist Experte für Umweltrecht

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