Die Leiden der jungen Wörter

Immer häufiger wird Sprache aus ideologischen Gründen schwer missbraucht. Höchste Zeit, mit dem woken Unfug aufzuhören.

Bundeskanzler Olaf Scholz neben zwei Soldaten bei einem Besuch im Ausbildungszentrum der Bundeswehr in Ostenholz am 17. Oktober 2022 in der Nähe von Hodenhagen, Deutschland. Das Bild illustriert einen Artikel darüber, wie Sprache als Instrument des politischen Kampfes eingesetzt wird.
Bundeskanzler Olaf Scholz bei einem Besuch im Ausbildungszentrum der Bundeswehr in Ostenholz am 17. Oktober 2022 in der Nähe von Hodenhagen, Deutschland. Scholz hat versprochen, die deutschen Streitkräfte mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zu modernisieren. © Getty Images

Obwohl er weder einen Internetzugang noch ein Smartphone, ja nicht einmal eine Tageszeitung hatte, formulierte der chinesische Philosoph Konfuzius vor etwas mehr als 2.500 Jahren einen Satz, der auch heute aktuell ist wie „Breaking News“ auf CNN. Er lautet in betörender Klarheit: Wenn Wörter ihre Bedeutung verlieren, verlieren Menschen ihre Freiheit.

Hätte der Mann die Möglichkeit, mittels Zeitmaschine zu begutachten, wie im Jahr 2024 diesbezüglich mit Wörtern verfahren wird – insbesondere von Politik und Medien –, machte er sich wohl ernsthaftere Sorgen um den Stand der Freiheit.

Denn Wörter verlieren in vielen Fällen, das merkt jeder, der nicht gerade ein eremitisches Leben bevorzugt, gerade noch schneller ihre Bedeutung als unser Geld an Kaufkraft. Oder genauer: Sie wird ihnen genommen, und zwar durchaus mit Kalkül.

Geraubte Bedeutungen

Nehmen wir etwa das vor einiger Zeit von der deutschen Politik in die Welt gesetzte „Sondervermögen“ von 100 Milliarden, mit dem die Bundeswehr restauriert werden soll.

Dieses „Vermögen“ ist natürlich keines, weil es nicht existiert, sondern es handelt sich um ein Synonym für „Schulden“. Weil das aber irgendwie nicht so gut klingt, wird der Begriff „Vermögen“ flugs seiner Bedeutung beraubt und diese in ihr genaues Gegenteil verwandelt. Schon ist das Schuldenproblem verschwunden, wenn auch nicht die Schulden selbst.

Dergleichen begegnet uns immer öfter. „Übergewinne“ werden zur sprachlichen Legitimierung von staatlich organisiertem Diebstahl durch neue Steuern, „Klimagerechtigkeit“ zur Camouflage ökosozialistischer Planwirtschaft, „Schutzerflehende“ zur Immunisierung illegaler Zuwanderung mit katastrophalen Folgen verwendet; „Diversität und Inklusion“ sollen verschleiern, dass Jobs nicht nach Qualifikation, sondern nach Hautfarbe oder sexueller Präferenz vergeben werden. Sozialisten behaupten regelmäßig, wir könnten uns „aus der Krise investieren“, und meinen damit doch bloß Schulden zu Lasten unserer Kinder.

Sprache als Instrument der Politik

Auch im Privaten funktioniert das bis weit über die Grenzen des Albernen und Törichten hinaus: etwa wenn dicke Personen nicht mehr als „übergewichtig“ bezeichnet werden wollen, sondern als „mehrgewichtig“ – als ob ihr Anblick dadurch ein netterer wäre oder ihre Gefahr, an Diabetes zu erkranken, verringert werden würde.

Man muss kein oberlehrerhafter Sprachpolizist sein, um diese Entwicklung ungut zu finden. Denn Sprache wird hier als Instrument des politischen Kampfes jener verwendet, ja missbraucht, denen die Erweiterung der Freiheitsräume der Bürger nicht gerade ein großes Anliegen ist: Wenn Wörter ihre Bedeutung verlieren, verlieren Menschen ihre Freiheit. Zum Glück hat es freilich jeder selbst in der Hand, da mitzumachen oder eben auch nicht.

Die Freiheit zu behalten setzt in diesem Kontext voraus, auszusprechen, was ist, Ross und Reiter beim Namen zu nennen und eine klare, unmissverständliche Sprache, die nicht von irgendwelchen Sittenwächtern weichgespült worden ist, zu verwenden. Im Job, im Alltag, bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Und all jene mit feuchten Küchenutensilien davonzujagen, die den Wörtern die Bedeutung nehmen wollen.

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