Der Wolf ist streng geschützt. Zu Recht?

Der Wolf wird in Europa bleiben, sagt der Wildtierbiologe Klaus Hackländer. Wer Wolf und Almwirtschaft will, muss sich nicht nur mit Wolfsrissen, sondern auch mit der Lage der Landwirte und unserem Freizeitverhalten auseinandersetzen.

Ein Wolf im Abendlicht.
Einst fast ausgerottet, erholen sich die Wolfspopulationen in Europa. Das bedeutet, dass auch wieder mehr Jungwölfe umherziehen. © Getty Images

Eine einfache Antwort auf die Frage, ob der Wolf in Europa leben kann, ist von Klaus Hackländer nicht zu erwarten. Der Wildtierbiologe will einen rationalen Diskurs über den Umgang mit dem Wolf, denn er ist überzeugt, dass ein konfliktarmes Miteinander möglich ist – wenn der Wolf scheu bleibt und der Mensch bereit ist, ihm Raum zu geben.

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Eines der großen Anliegen von Hackländer ist es, die Anwesenheit des Wolfs und die stark genutzten Kulturlandschaften in Einklang zu bringen.

Dass Weidetiere durch den Wolf gerissen werden, wird bald Teil der Normalität sein.

Die Wolfspopulationen befinden sich derzeit in einer Phase exponentiellen Wachstums, und das hat Folgen: Junge Wölfe müssen die Rudel nach etwa zwei bis drei Jahren verlassen und ein neues aufbauen. Das bedeutet, dass sie einige Jahre auf Wanderschaft sind, bis sie sich wieder irgendwo niederlassen.

Diese Freizügigkeit muss dem Wolf ermöglicht werden, argumentiert Hackländer und betont zugleich, dass Nutztiere geschützt werden müssen: „Dass Weidetiere durch den Wolf gerissen werden, wird bald Teil der Normalität sein.“ Zu Bedenken sei dabei, dass eine betreute Almwirtschaft mit Herdenschutz nicht von Landwirten geleistet werden kann, die ökonomisch unter Druck stehen – in Österreich sind die meisten Bergbauern inzwischen im Nebenerwerb tätig.

Das Recht auf der Seite des Wolfs

Aktuell leben etwa 20.000 Wölfe in Europa, die meisten in Rumänien, Bulgarien, Polen und den baltischen Staaten. Aber auch in Italien und Spanien waren Wölfe nie verschwunden. Ihr Schutzstatus wird innerhalb der EU durch die Fauna-Flora-Habitatrichtlinie, FFH, geregelt. Darin sind neben dem grundsätzlichen Tötungsverbot auch Störungsverbote festgehalten.

Die Richtlinie sieht vor, dass für die bedrohte Art Schutzgebiete ausgewiesen werden, etwa Natura 2000-Gebiete. Sie sollen den ökologischen Bedürfnissen des Wolfs gerecht werden. Über die FFH-Richtlinie hinaus ist das Washingtoner Artenschutzabkommen und die Berner Konvention relevant.

Das in der FFH-Richtlinie verankerte Abschussverbot besteht seit 1992. In den drei baltischen Staaten, Griechenland, der Slowakei, Bulgarien sowie in Teilen Griechenlands, Spaniens und Finnlands gelten Ausnahmeregelungen, die den Wolfsabschuss erlauben.

In Deutschland, wo der Wolf unter anderem in der Lausitz und in Niedersachsen wieder heimisch ist, gilt das Bundesnaturschutzgesetz, das heißt, Wölfe unterliegen nicht dem Jagdrecht. Eine Ausnahme ist Sachsen, dort gilt das Jagdrecht auch bei Isegrim, allerdings ist er durch eine ganzjährigen Schonzeit vor Tötung geschützt.

In der Schweiz leben derzeit 26 Rudel, die durch internationale Abkommen und das Jagdgesetz geschützt sind, insofern sie keine bejagbaren Wildtiere darstellen. Für die Umsetzung verantwortlich ist das Bundesamt für Umwelt, BAFU, das unter anderem auch den Artenschutz regelt. Im Juni beschloss der Bundesrat in der Schweiz, das Jagdrecht zu lockern. Unter anderem wurden etwa die Schadenschwellen gesenkt, die einen Abschuss von Einzelwölfen erlauben. Zugleich wurden die finanziellen Mittel für den Herdenschutz erhöht.

In Österreich ist das Wolfmanagement durch das Jagdrecht, das Naturschutzrecht sowie das Artenschutzrecht durch die Länder geregelt. Wölfe können – unter bestimmten Voraussetzungen – geschossen werden, wenn belegt ist, dass durch sie enormer wirtschaftlicher Schaden entsteht (Problemwolf) oder aber potenziell eine Bedrohung für Menschen ausgeht (Risikowolf). In Osttirol haben manche Gemeinden Prämien für den Abschuss ausgelobt; auch in Kärnten werden immer wieder Tiere geschossen.

Über Klaus Hackländer

Klaus Hackländer ist Leiter des Instituts für Wildbiologie und Jagdwirtschaft am Department für Integrative Biologie und Biodiversitätsforschung an der Universität für Bodenkultur Wien. Er ist Berater zahlreicher Institutionen im Bereich Natur und Jagd. Im Ecowing-Verlag erschien 2020 sein Buch Er ist da. Der Wolf kehrt zurück, in dem er Vorschläge für ein zeitgemäßes Wolfsmanagement macht.

Cover des Buchs Er ist da. Der Wolf kehrt zurück von Klaus Hackländer, auf dem ein Wolf auf den Betrachter zugeht.
Das Buch von Klaus Hackländer. © ecowing

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