Der AI Act ist selbst das Risiko

Mit dem AI Act will die EU künstliche Intelligenz regulieren. Die EU riskiert damit, Produktivität, Wettbewerb und Innovation zu hemmen.

Eine Frau mit Lockenwickler zeigt auf einen knienden Roboter. Das Bild illustriert einen Beitrag über regulierung von KI bzw. den AI Act der EU.
Wie sehr können und sollen wir künstliche Intelligenz regulieren? © Getty Images

Das Europäische Parlament hat kürzlich ein vorläufiges Gesetz verabschiedet, den sogenannten AI Act, der die Regulierung von künstlicher Intelligenz zum Ziel hat. Ähnlich wie die Vorschriften für die Finanzindustrie wendet dieses Gesetz einen „risikobasierten Ansatz“ an.

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Diese Methode priorisiert Bereiche, in denen potenziell der schwerwiegendste Schaden auftreten könnte. Das Rechtssystem, der Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und insbesondere kritische Infrastruktur werden als besonders risikoreiche Bereiche bezeichnet.

Der AI Act und seine Risiken

Der risikobasierte Ansatz hat jedoch auch seine eigenen Herausforderungen. Er neigt dazu, eine Illusion von Risikominderung zu schaffen, die auf vergangenen Erfahrungen und bestehenden Klassifikationen beruht, statt Flexibilität zuzulassen, um zukünftige Risiken zu antizipieren. Darüber hinaus kann er mit dem rapiden Innovationsprozess nicht Schritt halten und könnte ihn sogar ersticken, wenn er nicht sorgfältig gesteuert wird.

Bedenken über den potenziellen Missbrauch durch fast alle Regierungen sind sehr berechtigt.

Das Gesetz behandelt auch die wichtige Frage des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte der Bürger. Während es behauptet, diese Rechte in Bereichen wie Gesichtserkennung zu schützen, öffnet es auch die Tür für staatliche Einmischung unter dem Deckmantel der Verbrechensprävention.

Sofern solche Maßnahmen nicht individualisiert sind und einer gerichtlichen Aufsicht unterliegen, riskieren sie, den eigentlichen Zweck des Schutzes zu untergraben. In solchen Fällen sind Bedenken über den potenziellen Missbrauch durch fast alle Regierungen sehr berechtigt.

Die neue „Regulierungssupermacht“?

Der Aufstieg der generativen KI (wie ChatGPT) hat die Notwendigkeit von schnellem Handeln unterstrichen. Das vorläufige Gesetz wird nun dem legislativen Prozess der EU unterzogen und muss von dem Europäischen Rat, dem Vertretungsorgan der Mitgliedstaaten, endgültig genehmigt werden. Es soll im Januar 2024 in Kraft treten.

Europa, einst führende durch Soft Power und immer noch ein bedeutender Akteur, sehnt sich danach, seinen relativen Rückgang an globalem politischen und wirtschaftlichem Einfluss, zusammen mit seinem Mangel an robusten Verteidigungsfähigkeiten, zu kompensieren. Einige haben deshalb die Vision einer „Regulierungssupermacht“. 

Regulativer Protektionismus riskiert, Produktivität, Innovation und Wachstum zu hemmen.

Diese Vision beruht auf dem Einfluss der EU als bedeutendem Markt, der regulativen Protektionismus für Waren und Dienstleistungen einführen kann, die nicht den europäischen Standards entsprechen. Da jedoch die wirtschaftliche Stärke Europas im Vergleich zu anderen Regionen schwindet, schwindet auch dieser Vorteil. Regulativer Protektionismus riskiert, den Wettbewerb zu behindern und damit Produktivität, Innovation und Wachstum zu hemmen.

Gut gemeint

Während einige Vorschriften, auch in der KI, notwendig sind, ist es auch evident, dass übermäßig strenge Regulierung Bereiche von kritischen Zukunftssektoren behindern – etwa in der Biotechnologie, einschließlich der CRISPR-Technologie.

In diesen Fällen hinkt Europa hinterher. In Anbetracht der Erfahrungen der Vergangenheit könnte ein weiteres mögliches Motiv für dieses Gesetz darin bestehen, das Wachstum ausländischer Big-Tech-Unternehmen, insbesondere solcher aus den USA, zu behindern.

Während das Europäische Parlament gute Absichten haben mag, gibt es echte Bedenken, dass zu viel Regulierung und Protektionismus zu unerwünschten Folgen führen könnten. Europa hat gute Chancen, ein Pionier in der Regulierung von KI zu werden, riskiert aber, sein Potenzial als Innovationsführer zu verspielen.

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