Her mit der 42-Stunden-Woche!

Anstatt über kürzere Arbeitszeiten zu fantasieren, sollten wir angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten einfach mehr arbeiten, das hilft verlässlich.

Arbeitszeit-Stechkarten, die nach dem Stempeln in einer Fabrik in eine Tafel eingesteckt werden.
Im 19. Jahrhundert waren 70-Stunden-Wochen keine Seltenheit. Seit 1975 gilt die heutige 40-Stunden-Woche. Die letzte Arbeitszeitverkürzung in Österreich auf 37 Stunden gilt seit Januar 2022 im Sozial- und Gesundheitsbereich. © Getty Images

Nur noch 32 Stunden pro Woche arbeiten, aber dafür das gleiche Gehalt bekommen wie bisher für 38 oder gar 40 Stunden – diese Idee geistert seit Monaten durch die Landschaft wie der Glaube an die Heilkraft von Pferdeentwurmungsmittel in der Corona-Zeit.

Offen bleibt dabei eine Kleinigkeit: nämlich die Frage, wer das eigentlich blechen soll, wenn für 20 Prozent weniger Leistung derselbe Lohn ausgezahlt werden soll. Aber Zahlen und Fakten sind heute ja eh stark überbewertet, und notfalls kann man sich das Geld ohnehin selber drucken. Oder so.

Leider wird, jedenfalls in Österreich, damit nicht nur eine falsche Diskussion geführt, sondern gleichzeitig die richtige Debatte nicht geführt. Sinnvoll erscheint nämlich angesichts der mauen wirtschaftlichen Lage, nicht für eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit, sondern ganz im Gegenteil für deren Anhebung, natürlich bei entsprechend mehr Lohn, zu sein. Eine Normalarbeitszeit von beispielsweise 42 Stunden entspräche viel eher der ökonomischen Vernunft als die Forderung, Teilzeitarbeit zum zukünftigen Normalzustand zu erklären.

Mittel gegen den Personenmangel

Damit ließe sich das Problem des allgemeinen Personalmangels zwar nicht lösen, aber doch etwas lindern. Damit würde die Kaufkraft der werktätigen Bevölkerung deutlich erhöht, was zu mehr Konsum und, damit verbunden, mehr Wachstum führen könnte. Und damit könnte schließlich auch der Staat mehr Einnahmen lukrieren, ohne Steuern erhöhen zu müssen. Ganz im Gegenteil: Die Mehreinnahmen könnten sogar dafür genutzt werden, etwa die Lohnsteuer ein Stück zu senken und damit weitere Wohlstandsgewinne zu erzielen.

Wenn jemand so unter seinem Job leidet, hat er oder sie vermutlich nicht zu lange Arbeitszeiten, sondern den falschen Job.

Als alter weißer Mann erinnere ich mich noch an Zeiten, da es völlig normal war, am Samstag bis Mittag zu arbeiten – und kann berichten, dass darob weder Massenelend ausgebrochen ist noch Gruppensuizide zu beobachten waren. Stattdessen konnte sich auch ein Facharbeiter mit Familie ein Eigenheim erarbeiten, was heute völlig unmöglich geworden ist. Aber dafür stimmt halt die „Work-Lifetime-Balance“. Was freilich ein seltsames Argument ist: Wenn jemand so unter seinem Job leidet, hat er oder sie vermutlich nicht zu lange Arbeitszeiten, sondern den falschen Job und sollte sich einen neuen suchen. Denn wer Arbeit hat, die Sinn und Freude macht, geht eigentlich nie zur Arbeit.

Die Schweiz ist auf der richtigen Spur

In unserem Nachbarland Schweiz, wo bekanntlich recht vernünftige Leute zu Hause sind, hat deswegen im Frühling eine öffentliche Debatte darüber begonnen, ob es nicht an der Zeit sei, die Arbeitszeit wieder zu verlängern. „Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, müssen wir das gesamthaft geleistete Arbeitsvolumen erhöhen und nicht über eine weitere, generelle Senkung nachdenken“, forderte der schweizerische Arbeitgeberverband und stieß damit die richtige Debatte an, deren Ausgang freilich ungewiss ist.

Deutschland und leider auch Österreich scheinen sich für eine ganz andere Lösung entschieden zu haben. Wenn man nämlich mit exzessiven Steuern, schikanösen Klimagesetzen und immer mehr strangulierender Regulierung die Industrie erfolgreich vertrieben hat, braucht man auch keine Fachkräfte mehr. Oder höchstens noch, um das Licht abzudrehen. Dafür werden auch 32 Stunden Wochenarbeit reichen. 

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