Effizient wie Laub
Photokatalyse: Sonnenschein, Wasser und ein Katalysator – genug, um sauberen Wasserstoff zu gewinnen. Als Vorbild gilt die Photosynthese.
Wasserstoff wird eine große Rolle spielen als Ersatz für die Klimaschädlinge Gas, Kohle und Öl. Ein großer Anteil des heute verfügbaren Wasserstoffs wird jedoch ausgerechnet aus Erdgas gewonnen – oder durch Elektrokatalyse. Dabei wird Wasser durch den Einsatz von Strom in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff getrennt. Der Energiebedarf dafür ist sehr hoch: Um ein Kilogramm Wasserstoff herzustellen werden 53 Kilowattstunden Elektrizität benötigt. Eine gute Brennstoffzelle kann aus dem Wasserstoff aber nur 33 Kilowattstunden zurückgewinnen.
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Um mit der klassischen Elektrolyse wirklich sauberen Wasserstoff herstellen zu können, sind beträchtliche Energiemengen aus erneuerbaren Quellen notwendig. Die gibt es vor allem in Ländern des globalen Südens. Dort muss zunächst ein Solarkraftwerk errichtet und dann noch eine große Elektrolyseanlage gebaut werden. Dem folgt der Transport des Wasserstoffs in den Norden – mit allen ökonomischen und ökologischen Folgen.
Als Materialwissenschaftler (derzeit an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) arbeite ich an einer effizienteren Methode: der Photokatalyse. Dieses Verfahren nutzt das Sonnenlicht als Aktivierungsenergie für chemische Umwandlungen. Unser großes Vorbild dafür ist die Photosynthese, wie sie in Pflanzenblättern stattfindet: Hier werden Wasser und Kohlendioxid in einem einzigen Schritt in Glucose und Sauerstoff umgewandelt. Das zeigt uns, wie effizient wir Sonnenlicht nutzen können.
Das Prinzip der Photokatalyse für die Gewinnung von Wasserstoff haben die japanischen Wissenschaftler Akira Fujishima und Kenichi Honda bereits 1972 in einer bahnbrechenden Veröffentlichung beschrieben. Das Faszinierende daran ist die Einfachheit. Photokatalyse erfordert nur Licht, Wasser – und einen Katalysator.
Photokatalyse-Pilotanlagen im Betrieb
Die Entwicklung dieser Technologie ist seither weit fortgeschritten. In Asien und Europa werden bereits drei Systeme getestet, die auf diesem Prinzip basieren: In Frankreich läuft ein Edelstahlreaktor; er befindet sich aber noch im Labormaßstab. Bei den beiden anderen handelt es sich um Pilotanlagen. Eine davon, im spanischen Almería, besteht aus einem Parabolkollektor, der kommunale Abwässer zur Wasserstofferzeugung nutzt. Dieser Ansatz ist besonders interessant, weil er die Erzeugung von grüner Energie mit der Abwasseraufbereitung verbindet. Die zweite Pilotanlage wurde an der Universität Tokio entwickelt: Es handelt sich um ein System von 1.600 katalysatgefüllten Paneelen mit einer Fläche von einhundert Quadratmetern.
Die Herausforderung besteht darin, Katalysator-Materialien zu entwickeln, die effizienter auf sichtbares Licht reagieren.
Dieses Konzept beweist, dass Photokatalyse-Module bereits in größerem Maßstab eingesetzt werden können. Diese Anlagen sind ermutigend. Sie zeigen, dass das Prinzip funktioniert – und zwar über Monate stabil.
Allerdings verzeichnen wir derzeit noch einen Wirkungsgrad von etwa einem Prozent. Das ist zu wenig; das Ziel wäre eine Effizienz in der Wasserstoffproduktion von fünf bis zehn Prozent. Die Herausforderung besteht darin, Katalysator-Materialien zu entwickeln, die effizienter auf sichtbares Licht reagieren. Diese Oberflächen sollen ein möglichst breites Spektrum des Sonnenlichts absorbieren sowie möglichst viele angeregte Elektronen und positive „Löcher“ in der Atomstruktur freisetzen. Und sie müssen verhindern, dass die Elektronen wieder in diese Löcher zurückfallen, bevor wir sie nutzen können.
Der zweite Schritt, die eigentliche chemische Reaktion, passiert an der Oberfläche – in unserem Fall an der Grenzfläche zwischen Katalysator und Wasser: Hier finden verschiedene Halbreaktionen statt, bei denen Elektronen abgegeben und aufgenommen werden. Deshalb konzentriert sich die Forschung auf die Kontaktfläche zwischen Katalysator und Reaktionsmedium.
Mit Kohlenstoff gegen Kohlenstoff
Dazu entwickeln wir ausgeklügelte Materialstrategien: Die Kollegen in Japan arbeiten bei ihrem Paneelsystem mit aluminiumdotiertem Strontiumtitanat, einem der aktuell effizientesten Photokatalysatoren.
Die Forscher in Spanien testen eine Verbindung aus Titanoxid und Stickstoff sowie eine weitere aus Cadmium, Zink und Schwefel – jeweils in Kombination mit Platin. Ich selbst forsche an Materialien auf der Basis von Kohlenstoff, denn der ist reichlich vorhanden und billig. Ich versuche die Dekarbonisierung unserer Energie- und Treibstoffversorgung mit Kohlenstoffnitriden zu schaffen. Dabei gilt es, die richtigen Zutaten in der richtigen Menge zu finden. Wir modifizieren unseren Rohstoff mit anorganischen Verbindungen, etwa mit Purpald, einer Schwefelvorstufe, dabei entsteht eine Schwefel-Kohlenstoff-Stickstoff- Oberfläche.
Im Vergleich zu reinem Kohlenstoffnitrid weist diese Kombination verbesserte optische, elektronische, strukturelle und morphologische Eigenschaften auf. Auch wenn es noch ein weiter Weg ist, bis wir das Sonnenlicht so effizient nutzen können wie Blätter: Das Prinzip ist bestechend einfach. Und davon sollten wir uns inspirieren lassen.
Pablo Jiménez Calvo erhielt für seine Forschungen Mittel aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm „Horizon Europe“ der Europäischen Union im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie- Finanzhilfevereinbarung Nr.: 101068996.