Das große Erwachen
Die Welt der moralisch überlegenen Zeitgenossen von #MeToo bis Fridays for Future kollabiert gerade – und das ist gut so.
Es war auf den ersten Blick ein etwas merkwürdiger Satz, den Elon Musk jüngst über seine Plattform X (früher als Twitter bekannt) in die Welt trompetete. „The great wakening from woke has happened“, schrieb der Eigentümer von Tesla und SpaceX, „this is good for civilization.“ „Das große Erwachen aus den gutmenschlichen Träumereien“, könnte man das salopp, aber dem Sinne nach übersetzen, sei „gut für die Zivilisation“.
Mehr von Christian Ortner
Klingt ein wenig schräg, aber vermutlich hat die erratische Kapitalismus-Ikone Musk damit durchaus einen Punkt. Denn große Themen, mit denen eine unselige Koalition aus Politik, Medien, dem akademischen Milieu und zunehmend auch opportunistischen Unternehmen große Teile der Menschheit in den letzten Jahren teils gelangweilt, teils verärgert haben, fallen gerade in sich zusammen wie Salzburger Nockerl, wenn beim Backen die Ofentür zu früh geöffnet wird.
Das reicht von der sogenannten political correctness über die „Fridays for Future“-(FFF-)Bewegung und „Black Lives Matter“ über die #MeToo-Themen bis hin zur Gendern genannten Schändung der Sprache oder auch eine ganze andere Reihe von Anliegen dieses Milieus, von der sogenannten Identitätspolitik bis hin zur übermäßigen Selbstbezichtigung postkolonialer Nationen.
Moralische Überlegenheit
All das wird gemeinhin als woke beschrieben, war in seinen Anfängen sicher gut gemeint, aber erlebt gerade eine Art ideologischen Nervenzusammenbruch. Es ist gerade eine weitgehende Demaskierung oftmals niedriger Beweggründe im Gange, die sich hinter dem Anspruch auf moralische Überlegenheit verbergen.
Greta Thunberg etwa, die globale Ikone des radikalen Kampfes gegen den Klimawandel, entpuppt sich plötzlich als Antisemitismus-Schleuder, die einschlägige Klischees verbreitet, und mit ihr gleich ein nicht unerheblicher Teil der internationalen FFF-Bewegung.
Ziemlich ramponiert lungert auch #MeToo in der Landschaft herum, seit sich nicht nur die schweren Vorwürfe gegen den Rockmusiker Till Lindemann (Rammstein) in Luft aufgelöst haben und die Justiz die Ermittlungen eingestellt hat. Es ist nicht der einzige vermeintliche #MeToo-Fall, von dem nichts blieb außer der schlechten Nachrede und einem ramponierten Ruf. Den sich übrigens auch die „Black Lives Matter“-Bewegung hart erarbeitet hat, indem sie immer wieder antisemitischen Müll produziert.
Irrungen ohne Bestand
Auch die Vorstellung, dass es eine unzulässige „kulturelle Aneignung“ sei, wenn ein österreichisches Gasthaus fremdländische Speisen anbietet, französische Modedesigner afrikanische Symbole neu interpretieren oder gar weiße Schauspieler den Othello verkörpern, gibt sich immer mehr selbst jener Lächerlichkeit preis, die sie verdient. Es ist kaum denkbar, dass dergleichen Irrungen Bestand haben.
Diese intellektuelle Irrenanstalt wird keine große Zukunft vor sich haben.
Nicht nur, aber auch wegen der Terrorakte des 7. Oktobers in Israel, die ungute antisemitische Grundierungen in erheblichen Teilen der woken Bewegung freigespült hatten, dürfte diese intellektuelle Irrenanstalt wohl keine große Zukunft vor sich haben und früher oder später weitgehend abgewickelt werden.
Und das ist tatsächlich „good for civilization“, wie Herr Musk es formulierte.