Gefühlsgeschichten

Was ist, wenn nicht unser Denken, sondern unser Fühlen die große Politik und den Alltag bestimmt? Drei Neuerscheinungen über Besinnlichkeit, Heiterkeit und Erstaunen.

Diana Spencer und Prinz Charles auf der Zuschauertribüne bei einem Polo-Match am 26. Juli 1981. Während Diana irriert über ihre Schulter blickt und Charles sowie alle weiteren Personen auf dem Foto lachend in dieselbe Richtung wie Diana schauen, blickt der Mann neben ihr sie aufmerksam an. Das Bild ist Teil einer Buchempfehlung zu Weihnachten, in der Bücher vorstellt werden, die Gefühle zum Thema haben.
Diana Spencer und ihr zukünftiger Ehemann Prinz Charles bei einem Polo-Match am 26. Juli 1981. © Getty Images

Gefühle haben aktuell wieder Konjunktur als Kategorie der politischen Analyse. Die Soziologin Eva Illouz hat erst im Frühjahr dieses Jahres ihr Buch Undemokratische Emotionen vorgelegt und am Beispiel der israelischen Politik gezeigt, wie Rechtspopulisten Gefühle instrumentalisieren; die Historikerin Ute Frevert hat ein neues Buch über Mächtige Gefühle geschrieben, erst vor wenigen Jahren erschien von Uffa Jensen Zornpolitik für den Essayisten Pankaj Mishra ist unsere Gegenwart gleich das Zeitalter des Zorns. Die Gefühle, um die es in den Analysen geht, sind stark und meistens destruktiv. Wie der Philosoph Roger Behrens sagt, kippen Gefühle im Deutschen schnell in den Krieg – den Beziehungskrieg, den Ehekrieg, den Rosenkrieg. Wir empfehlen hier drei Bücher mit konstruktiven Gefühlsgeschichten.

Gefühlsgeschichten I: Besinnlichkeit

Cover von Zeiten der Besinnung von Viktor E. Frankl und Elisabeth Lukas.

Viktor E. Frankl, Elisabeth Lukas: Zeiten der Besinnung. Gleichnisse. Weisheit braucht nicht immer viele Worte. Seit jeher dienen Gleichnisse zur Versinnbildlichung abstrakter Thesen. Sie sind eine Art Abkürzung zur Erkenntnis. Davon war auch der Wiener Neurologe und Begründer der Logotherapie Viktor E. Frankl überzeugt.

Er nutzte Sinnbilder, um seine Ideen der Existenzanalyse auf allgemein verständliche Art und Weise zu erklären. In diesem schmalen Band sind sie alle versammelt. Es geht um die Dimensionen des Menschseins, um den Umgang mit anderen, es geht um die Freiheit, die Verantwortung und das Gewissen – und ultimativ um den Sinn des Lebens.

Diese Buch ist eine Empfehlung für alle, die Lust haben, anhand von Gefühlen über das Große und Ganze nachzudenken. Es ist eine inspirierende Lektüre. Jedes Gleichnis wird von Frankl-Expertin Elisabeth Lukas in Perspektive gesetzt. Wer sich Zeit und Muße für eine Horizonterweiterung nehmen will, wird in diesem Buch eine inspirierende Anleitung finden.

Viktor E. Frankl, Elisabeth Lukas, Zeiten der Besinnung. Gleichnisse. Benevento, 25 Euro.

Gefühlsgeschichten II: Heiterkeit

Cover des Buchs von Axel Hacke mit dem Titel Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte.

Axel Hacke: Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte. Die Zeiten sind hart: Kriege, Pandemie, Inflation. Mitunter geht dabei eine der hervorragendsten menschlichen Eigenschaften verloren: die Heiterkeit. Genau dagegen schreibt Axel Hacke an.

Dabei durchforstet Hacke für uns die gesamte Kulturgeschichte nach Spuren dessen, was Menschen heiter macht. Er tut das auf alle nur erdenklichen Weisen. Auf leichtfüßige Art ist sein Buch ein Spaziergang durch die Geschichte der Philosophie, er trägt zusammen, was Psychologie und Literatur zu diesem Thema zustande bringen.

„Was bringt uns zum Lachen?“ ist eine der Grundfragen, die sich Hacke in diesem Buch stellt. Er erforscht auf diese Weise auch die Geschichte des Humors und entführt uns in Lachseminare. Er holt auch die großen Kabarettisten an Bord, zitiert Gerhard Polt, Monty Python und viele mehr.

Wer am Ende des Buches traurig ist, wieder in die Realität zurückzukehren, hat viel Stoff, um weiter auf den Spuren der Heiterkeit zu bleiben. Trotz allem.

Axel Hacke, Über die Heiterkeit, DuMont 21,50 Euro.

Gefühlsgeschichten III: Erstaunen

Cover  von Catherine Ashton And then what?

Catherine Ashton: And then what? Despatches from the Heart of 21st Century Democracy. From Kosovo to Kyiv. In Kriegszeiten wird stets der Ruf nach diplomatischen Lösungen laut. Was das bedeutet, erzählt Cathrine Ashton, die von 2009 bis 2014 die EU in Außen- und Sicherheitspolitik vertrat.

Die Autorin bittet ihre Leser gleichsam an den Verhandlungstisch. Ihre Stärke als Chefdiplomatin an unterschiedlichen Kriegsschauplätzen waren stets die präzise Kenntnis der Sachlage, die Kunst des Perspektivenwechsels und der absolute Wille, den Dialog in Gang zu halten. Außerdem ist Ashton für ihre zähe Geduld im Ringen um Formulierungen bei Vertragstexten bekannt.

„And then what?“ war Ashtons Standardfrage, wenn sie Streitparteien vor Augen hielt, dass nur langfristig gedachte Lösungen gut sind. Diplomatie ist die Kunst, „Puzzlesteine aneinanderzufügen“, sagt sie. Übrigens: Wer wissen will, was Ashton über die aktuelle Situation im Nahen Osten zu sagen hat, kann es im Podcast Rachman Review nachhören.

Catherine Ashton, And then what? Simon & Schuster, 24 Euro.

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