Made outside of Europe

Europa sorgt sich rührend um seine Bewohner. Der Kontinent beschützt die Menschen vor technologischem und gesellschaftlichem Wandel. Der lässt sich aber nicht so einfach in eine Zwangsjacke stecken.

Ehemaliges Stahlwerk Maxhütte in Sulzbach-Rosenberg in Bayern. Stillgelegt seit 2002- 2005. Das Bild illustriert einen Artikel über Regulierungen innerhalb der EU.
Ehemaliges Stahlwerk Maxhütte in Sulzbach-Rosenberg in Bayern. Stillgelegt seit 2002- 2005. © Getty Images

Europa mausert sich immer mehr zum Weltmarktführer. Leider weder im Bereich der Industrie noch Technologie. Aber immerhin: Bei der Regulierung hat der alte Kontinent eindeutig die Nase vorn. Bestes Beispiel, wenngleich nur eines von vielen: Der EU AI Act.

Brüssel versucht, einen Deckel auf den Topf zu halten, in dem das Gemisch der Künstlichen Intelligenz brodelt. Während Chancen und Risiken der technologischen Revolution bei weitem noch nicht abschätzbar sind, brüstet sich die Union bereits, alle Entwicklungen im Griff zu haben. Wer denkt, für jede Lebenslage und Wirtschaftsfrage die passende Vorschrift in der Schublade liegen zu haben, muss schließlich keine Erfahrungen sammeln. Die Strategie ist – wieder einmal – zum Scheitern verdammt und wirft Europa im globalen Wettbewerb noch weiter zurück.

Während das europäische Zentralkomitee Regelwerke schmiedet, feiern die Innovationszentren in den USA und China eine rasante Entwicklung nach der anderen. Und Start-ups zieht es noch stärker aus Europa weg als schon zuvor. Während anderenorts gefragt wird: Welche Chancen gibt es? dominiert bei uns das Verbot des Haares in der Suppe, die noch gar nicht gekocht wurde. Das wäre in etwa so, also hätte man Carl Benz vor dem Bau des „Motorwagen Nummer 1“ vorgeschrieben, wie der Sicherheitsgurt beschaffen sein muss.

Die ganze KI-Regulierung ist freilich keine neue Entwicklung, sondern eine konsequente Fortschreibung der bisherigen Planwirtschaft, die sich die Zügelung der freien wirtschaftlichen Entfaltung auf die Fahnen heftet. Sie ist die konsequente Fortsetzung jener toxischen Datengrundverordnung, die uns ein echtes Jobwunder in den Compliance-Abteilungen beschert hat, Europa aber in die technologische Sackgasse führt. In Verbindung mit der kärglichen Ausgestaltung der Kapitalmärkte und der allgemeinen Skepsis gegenüber dem Fortschritt ist die Hoheit der Paragrafenreiter ein echter Innovationskiller.

Diese Politik sorgt übrigens nicht dafür, dass der Wandel gebremst wird. Sondern lediglich dafür, dass er auf anderen Kontinenten gestaltet wird. Sie saugen somit zusätzlich human und financial capital an. Europa schaut dabei nicht nur durch die Finger, sondern erhöht auch noch seine Abhängigkeit, wenn Unternehmen und Konsumenten die zahlreichen KI-Neuerungen „made outside of Europe“ importieren.

Diese Kolumne ist im neuen Wirtschaftsmagazin „Boom“ erschienen. senat.at/magazin/boom/

Weiterführende Quellen:

The EU Artificial Intelligence Act

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