Lasst uns eine Mondbasis drucken

3D-gedruckte Werkzeuge und Bauteile für die Raumfahrt gibt es schon. Bald wird die Technologie auch für das Errichten von Basen auf Mond und Mars unverzichtbar sein.

Eine Revolution in der Raumfahrt: Eine Mondbasis könnte auch gedruckt werden.
Wenn wir eine Basis auf dem Mond errichten wollen, werden wir dort einen 3D-Drucker brauchen. © European Space Agency
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Auf den Punkt gebracht

  • Leichtgewicht. Gewicht braucht Treibstoff, deshalb ist es in der Raumfahrt wichtig, so viel wie möglich zu optimieren.
  • Mondstaub. Deshalb gibt es die Idee, eine Mondbasis gleich vor Ort zu drucken – mit Mondstaub, der mit Sonnenlicht geschmolzen wird.
  • Pizzateig. Auch zu einer abwechslungsreichen Verpflegung der Astronauten können 3D-Drucker beitragen.
  • Ersatzteillager. Nicht zuletzt könnten 3D-Drucker alle jene Teile drucken, die unterwegs oder vor Ort kaputtgehen.

Masse ist die Währung in der Raumfahrt: Alles, was Platz braucht und viel Gewicht auf die Waage bringt, wird optimiert. Da scheint es nur logisch, möglichst viel Flexibilität in der Materialproduktion zu haben, wenn eines Tages Menschen längere Aufenthalte auf dem Mond oder dem Mars anpeilen. Es ist wie beim Campingurlaub am Mittelmeer; wenn etwas bricht, sind es oft die kleinen Plastikteile. Da wäre es praktisch, Ersatzteile gleich vor Ort zu reproduzieren. Vor allem, wenn das nächste Ersatzteillager 380 Millionen Kilometer entfernt ist.

Dabei gibt es aber einige Details zu beachten. Zum Beispiel ist der klassische 3D-Druck in der Schwerelosigkeit nicht so einfach zu realisieren. Deshalb entwickelte die Europäische Weltraumorganisation ESA 2020 erstmals einen Kunststoffdrucker, der auch ohne Schwerkraft funktioniert.

„Living off the land“ ist in der Raumfahrt wichtig

Wir kennen 3D-Druck meistens aus dem Kunststoffbereich, aber Rohmaterialien ließen sich auch im All auf Planetenoberflächen gewinnen: Im Rahmen des „RegoLith“-Projekts der Europäischen Union testeten Forscher die Idee, den Staub der Mondoberfläche zu sintern. Die Idee ist ebenso einfach wie vielversprechend: Dieser sehr feinkörnige Puder, auch „Regolith“ genannt, wird mit konzentriertem Sonnenlicht geschmolzen, und daraus entstehen keramikähnliche Platten, aus denen Mondstationen gebaut werden können.

Erste Versuche auf der Erde führten zu einer inhomogenen Sinterung der einzelnen Schichten des Mondstaubs, was auf die durch unsere Atmosphäre verursachten Schwankungen der Sonneneinstrahlung zurückzuführen ist. Tests mit fokussiertem Xenonlicht funktionierten; dabei entstand der erste solare 3D-gedruckte Ziegel. Die Verwendung von Kunstlicht ermöglichte gleichmäßige Beleuchtungsbedingungen, wie sie zum schichtweisen Sintern von Mondregolith erforderlich sind. Die Druckfestigkeit der so produzierten Ziegel könnte aber derzeit für robuste Anwendungen auf dem Mond noch zu niedrig sein. Das ist jedoch mit einer geschickten Wahl der Temperaturzyklen lösbar.

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Zahlen & Fakten

Die nächsten großen Mondmissionen

2024: IM2 (USA) 

Ein Ingenieur bereitet das Massenspektrometer MSolo (Mass Spectrometer Observing Lunar Operations) für die Installation der mehrschichtigen Isolierung in der Verarbeitungsanlage der Raumstation des Kennedy Space Centers vor.

Das private texanische Raumfahrtunternehmen Intuitive Machines hat bereits eine Mondmission gestartet. Als erstes privates Unternehmen brachte es ein Raumschiff zum Mond – hat aber letztendlich den Kontakt zum Lander verloren. Eine zweite Mission 2024 soll PRIME-1, einen Bohrroboter der NASA, zum Südpol des Mondes schicken, wo er nach Wasser suchen wird.

2025: Artemis 3 (USA) 

Das europäische Servicemodul (ESM) für die Artemis II-Mission der NASA wird am 22. Mai 2023 mit einem Kran in die hohe Halle des Neil A. Armstrong Operations and Checkout Building im Kennedy Space Center der NASA in Florida gehoben.

Zum ersten Mal seit Apollo 17 im Jahr 1972 sollen – vermutlich 2025 – wieder Menschen auf dem Mond landen. Die NASA hat angekündigt, dass eine Frau dabei sein wird. Zum ersten Mal sollen auch Menschen in der Südpolregion des Mondes landen, in der es Wasser gibt und in der zuvor noch nie ein Mensch gewesen ist.

2025: HALO/PPE (USA) 

Dieses generierte Bild zeigt das Gateway, das von einem Ionenantrieb angetrieben wird, der durch Solarstrom erzeugt wird.

Der Lunar Gateway soll eine (nicht ständig) bemannte Raumstation der USA, der EU sowie von Japan und Kanada werden, die den Mond umkreist. Das erste Modul PPE wird gemeinsam mit dem provisorischen Wohnmodul HALO in die Mondumlaufbahn gebracht werden.

2030: Chinesische Mondlandung

Das Bild zeigt eine startbereite Langer-Marsch-7-Y7-Trägerrakete am 10. Mai 2023 auf dem Wenchang-Startplatz für Raumfahrzeuge in Wenchang.

Das chinesische Mondprogramm hat eine beeindruckende Geschwindigkeit: Die erste Mission zum Mondorbit startete im Jahr 2007, elf Jahre später gelang dann schon eine Premiere – die Landung auf der dunklen Seite des Mondes durch Chang’e 4. Das große Ziel des Programms: Bis zum Jahr 2030 sollen Chinesen auf dem Mond landen.

Ließe sich das in größerem Stil verwirklichen, könnten etwa Bauroboter noch vor der Ankunft der Menschen auf dem Mond – später auf dem Mars – ganze Stationen, Startrampen und Straßen errichten. Dieses Konzept fällt unter die Kategorie „In-Situ Resource Utilization“, also die Nutzung von Rohstoffen vor Ort. Mit einem ähnlichen Verfahren kann man aus dem Mondstaub auch Sauerstoff und andere Materialien gewinnen, „Bauschutt“ zum Schutz vor kosmischer Strahlung nutzen und damit dank der geringeren Schwerkraft komplexe Bauwerke realisieren. Aktueller Stand: ein 1,5 Tonnen schwerer Prototyp eines Mondhabitats, das aus simuliertem Mondstaub gemacht wurde.

Mondstaub und Pizzateig

Von den Einsatzmöglichkeiten der 3D-Drucker können zukünftige Marsastronauten nicht nur durch die Nutzung von Metallpulver, Mondstaub und Kunststoffen, sondern auch im Bereich der Nahrungsmittelproduktion profitieren: Unter dem Stichwort „2,5D“-Druck können Drucker mit Geschmacksträgern Teigplätzchen oder Pizzateig erzeugen, die dann durch Erwärmen eine räumliche Struktur bekommen.

Diese Art der Anwendung für Weltraummissionen ist besonders vielversprechend, weil eine breite Palette von Nahrungsmitteln aus einer begrenzten Anzahl von Lebensmitteltinten hergestellt werden kann. Für ausgedehnte Weltraummissionen wäre das wichtig, weil Astronauten zwar eine abwechslungsreiche Ernährung wünschen und benötigen, aber nur wenig Platz und Ressourcen zur Verfügung stehen.

Komplexer wird es da schon bei funktionalen Bauteilen: Ein Risiko für Langzeitmissionen auf dem Mars wäre etwa, dass Elektronikplatinen beschädigt werden und damit überlebenswichtige Systeme verlorengehen. Ingenieure haben an der Entwicklung von gut leitfähigen Materialien gearbeitet, die sich für den 3D-Druck von Elektronikkomponenten eignen. Es gab Fortschritte bei der Entwicklung von 3D-Druckern, die in der Lage sind, sowohl strukturelle als auch elektronische Komponenten in einem einzigen Print herzustellen.

Edeldruck aus Metallpulver

Diese kombinierten Drucker erweitern die Möglichkeiten für die Herstellung komplexer elektronischer Baugruppen. Es gibt jedoch auch Herausforderungen: Die Leitfähigkeit der gedruckten Materialien muss ebenso verbessert werden wie die Feinabstimmung von Druckprozessen für mehr Genauigkeit und die Zuverlässigkeit gedruckter elektronischer Bauteile über die Zeit. Der 3D-gedruckte Mikrochip etwa ist noch lange nicht in Sicht.

Metall-3D-Druck könnte sogar bei der Suche nach Biomarkern auf dem Roten Planeten eine Rolle spielen: In einem Feldtest des Österreichischen Weltraum Forums in der Dhofar-Wüste im Oman setzten die sogenannten Analogastronauten bei der Simulation einer Marsexpedition auf 3D-gedruckte Probenentnahmeschaufeln, um das Risiko der Verschmutzung mit organischem Material zu minimieren.

Das Experiment ging aber noch einen Schritt weiter: In der Übungsanordnung ging infolge beabsichtigten Fehldesigns ein Gerät kaputt. Die Analogastronauten mussten die verbesserten 3D-Bauteile nach einem anstrengenden Tag im Außenbordeinsatz aber nicht selbst zeichnen, sondern das geschah auf der „Erde“, also im Mission Support Center in Österreich. Über Nacht lief der automatisierte 3D-Drucker, und bereits am nächsten Morgen standen die verbesserten Handschaufeln bereit zum Einsatz auf dem (simulierten) Mars.

Viele Hindernisse bei der Erforschung des Universums lassen sich mithilfe von 3D-Druck schnell und präzise lösen. Hallo Weltall, wir kommen!

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Conclusio

Die Menschheit zieht es wieder ins All. Und diesmal will sie sich dort eine dauerhafte Präsenz schaffen. Dafür ist 3D-Druck unerlässlich. Damit nicht alle Baustoffe auf den Mond oder Mars geflogen werden müssen, sollten die Mond- oder Marsbasen gleich vor Ort gedruckt werden.

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