Niemandes Besitz
Die Ozeane sind das Gemeinsame Erbe der Menschheit. Dieser Grundsatz des Internationalen Seerechts setzt dem Tiefseebergbau nur weiche Grenzen.
Auf den Punkt gebracht
- Eigentum. Das Internationale Seerecht definiert die Hohe See inklusive des Meeresbodens als Gemeinsames Erbe der Menschheit.
- Rohstoffe. Die Abbaupläne in der Tiefsee bringen die Frage mit sich, wer Rechte beanspruchen kann und auf welche Weise Gewinne daraus aufgeteilt werden.
- Abwägung. Die Ökosysteme der Tiefsee gehören ebenso zum Gemeinsamen Erbe der Menschheit wie die Rohstoffe, die kurzfristig Profite bringen.
- Recht. Noch immer ist die Tiefsee ein weitgehend unbekannter Ort. Für den Tiefseebergbau gibt es noch keinen rechtlichen Kodex.
Hier handelt es sich um den Ozean, den das Altertum unermeßlich, unendlich, Schöpfer der Dinge, Nachbarn des Himmels nennt; aus dessen Naß sich, wie die Alten glaubten, nicht nur die Quellen, Flüsse und Meere, sondern auch die Wolken, ja auch gewissermaßen die Gestirne speisten; der im ständigen Wechsel der Fluten die Erde, den Wohnsitz des Menschengeschlechts, umwandelt und nicht gehalten und eingeschlossen werden kann, der eher uns besitzt, als dass wir ihn besitzen.
Hugo Grotius, Mare liberum, 1609
Die längste Zeit war die Tiefsee einfach nicht interessant. Vor etwa 150 Jahren hatte die Menschheit die Vorstellung, dass der Meeresboden wie eine Wüste aussähe, unbelebt und gleichförmig. Das war nicht verwunderlich, es gab schließlich keine Forschung, die das Gegenteil beweisen konnte. Das änderte sich erst in den 1870er Jahren, als ein ausrangiertes Segelschiff der britischen Kriegsflotte zur allerersten globalen Tiefsee-Forschungsexploration aufbrach: Die Expedition der HMS Challenger vermaß praktisch den gesamten Ozean und brachte zum ersten Mal bis dahin unbekannte Pflanzen, Tiere und Manganknollen an die Oberfläche.
Mehr Meer
- Eine Datensammlung zu Plastik im Meer
- Ein Podcast über Salz und einer über Hitze im Ozean
- Thomas Frölicher über die Ozeane und das Klima
- Frank Melcher über die Tiefsee und ihre Rohstoffe
- Stefanie Kaiser über das Leben in der Tiefsee
- Jessica Volz über Radioaktivität und Manganknollen
- Drew Havea über den Kampf Tongas gegen den Tiefseebergbau
Diese Challenger-Expedition (1872-1876) unter der Leitung des Zoologen und Naturhistorikers Charles Wyville Thomson war die Zäsur: Nicht nur stellte man fest, dass der Meeresboden besonders artenreich ist, sondern auch, dass die Tiefsee sehr tief ist. 8.000 Meter maßen die Wissenschaftler der Challenger mit einfachen Seilen; heute ist die tiefste Stelle des Ozeans, 11.000 Meter im Mariannengraben, als Challenger Deep bekannt.
Die Entdeckungen der Challenger waren spektakulär und begründeten den Beginn der Ozeanographie. Zeitgenössisch interessant waren die unbekannten Tiere und Pflanzen – die Manganknollen waren kurios, aber noch keine Rohstoffe. Der Bedeutungswandel passierte erst sehr viel später, fast einhundert Jahre nach ihrer Entdeckung.
Ein Wendepunkt für den Tiefseebergbau war das Buch The Minerals of the Sea des Bergbauspezialisten und Ingenieurs John L. Mero. Er sah Manganknollen in seinem 1965 erschienenen Buch erstmals als Ressourcen, und löste – mitten im Kalten Krieg – eine Begeisterung für die Möglichkeit des Abbaus dieser Ressourcen aus.
Die Idee, dass die Gewinnung von Manganknollen aus der Tiefsee dazu beitragen könnte, die Armut in der Welt zu beseitigen, hatte große Auswirkungen, nicht nur auf die erst im Entstehen begriffene Tiefseebergbauindustrie, sondern auch auf die Rechtsgrundlage, auf der diese Industrie arbeiten würde.
Als John L. Mero seine Ausführungen zu den Bodenschätzen der Tiefsee schrieb, war die Hohe See noch immer jener niemandem gehörende Raum, der von Hugo Grotius 1609 als Mare Liberum beschrieben worden war. Die Ausbeutung von Ressourcen jenseits des Festlandsockels unterlag daher der Freiheit der Meere. Mero schrieb sein Buch vor dem Hintergrund des riesigen Manganknollenfeldes, das man in der Clarion-Clipperton-Zone in den 1950er Jahren entdeckt hatte. Wem sollte das Recht zufallen, diese Knollen auszubeuten?
Obwohl die Weltmeere durch die Förderung von Öl und Gas und durch die Fischerei bereits internationalen rechtlichen Regelungen unterworfen waren, waren die Manganknollen ein neues Problem für das Seerecht. Sollte der Grundsatz, dass sie von allen gleichermaßen genutzt werden können, auch für den Meeresboden und die Tiefsee gelten?
Mare liberum
Der Rechtsgrundsatz des Mare liberum aus dem frühen siebzehnten Jahrhundert, der auch heute noch die Grundlage für die Verwaltung der Tiefsee (die gesamte Wassersäule des Ozeans) jenseits von zweihundert Seemeilen vor der Küste auf Hoher See ist, bedeutet, dass die Ozeane eine Art öffentliches Gut sind.
Entsprechend kann die Hohe See von keinem Staat beansprucht werden. Die Durchsetzung des Rechts auf Hoher See konnte (und kann) grundsätzlich nur durch den Flaggenstaat des Schiffes erfolgen, das auf Hoher See tätig ist. Anders formuliert: Wer den Fisch zuerst findet, darf ihn auch fangen. Wer die Manganknollen zuerst findet, kann sie abbauen. In der Situation der1960er Jahre bedeutete dies: Die Chancen, dass Staaten des globalen Nordens mit ihrer hoch entwickelten Industrie und Technologie als erste – und vielleicht sogar als einzige – die Tiefseeressourcen abbauen und den gesamten Gewinn behalten würden, waren sehr hoch.
Zuständig für die Hohe See sind die Vereinten Nationen. In der UN konnten sich viele der jungen Staaten, die in den 1960er Jahren gerade ihre Unabhängigkeit errungen hatten und noch dabei waren, die kolonialen Strukturen abzuschütteln, nur schwer mit dem Gedanken anfreunden, dass ein neuer Wirtschaftszweig, der zur Beseitigung der Armut beitragen könnte, von eben jenen Staaten dominiert werden würde, unter denen sie jahrhundertelang gelitten hatten. Es war Zeit für etwas Neues, um diese Chance auf Reichtum – oder zumindest auf ein sehr willkommenes Einkommen – nicht ungenutzt verstreichen zu lassen.
Einer jener Staaten war der Inselstaat Malta mit einer Bevölkerung von damals etwa 300.000 Menschen. Der Botschafter Maltas bei den Vereinten Nationen, das drei Jahre zuvor unabhängig geworden war, Arvid Pardo, schlug 1967 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vor, den Meeresboden und die Manganknollen nicht mehr unter den Grundsatz der Freiheit der Meere zu stellen, sondern sie als Gemeinsames Erbe der Menschheit einzustufen.
Zahlen & Fakten
Das Seerecht und die Erfindung der Freiheit der Meere
- Das moderne Seerecht entstand aus dem erbitterten Handelskrieg der Niederländer und Portugiesen um die Vorherrschaft in Südostasien: Am 25. Februar 1603 rächte sich der Kapitän der Niederländischen Ostindienkompanie (VOC), Jacob van Heemskerck, an den Portugiesen für die Hinrichtung von siebzehn niederländischen Seeleuten in der damals portugiesischen Kolonie Macau, indem er das Handelsschiff Santa Catarina, das in der Straße von Singapur vor Anker lag, kaperte und ihre Fracht erbeutete – Seide, Porzellan, Moschus und Gefangene, die als Sklaven verkauft werden sollten.
- Die gekaperte Fracht brachte bei ihrer Versteigerung in Amsterdam einen Erlös von 180 Millionen Dollar nach heutigem Wert, berichtet die Autorin Olive Heffernan in ihrem Buch The High Seas.
- Anfang des 17. Jahrhunderts sahen sich die portugiesischen Handelsleute als Eigentümer des östlichen Atlantik, ein Gebiet, das ihnen durch den Vatikan 1493 zugesprochen worden war, um den Konflikt mit Spanien zu lösen. Diese hatten das Recht auf den westlichen Atlantik bekommen. Portugal beanspruchte auch das alleinige Recht auf die östlichen Gewürzrouten bis nach Asien.
- Südostasien war aber auch ein Interessensgebiet der Niederländer, nicht zuletzt wegen ihres Gewürzhandels. Der Konflikt um die Gewürzroute eskalierte im Verlauf des 16. Jahrhunderts zu einem Krieg.
- Obwohl Portugal und die Niederlande Kriegsparteien waren, musste die VOC belegen, dass die Kaperung der Santa Catarina keine Piraterie war. Die VOC beauftragte den damals erst 21jährigen Rechtsgelehrten Hugo Grotius mit einem Gutachten.
- Grotius verfasste 1604/05 eine umfangreiche Argumentation zu Gunsten der VOC, De jure praedae (Über das Prisenrecht; Prisenrecht = Kriegsrecht zur See), von dem Mare liberum, Die Freiheit der Meere, ein bedeutender Teil ist: Erstmals wird darin die Hohe See jenseits der Küsten als Allgemeingut definiert, das von niemandem in Besitz genommen werden kann, das aber als freies Gut durch Alle genutzt werden kann. In diesem Sinne hatten die Portugiesen ebenso ein Recht auf die Hohe See (und ihre Routen) wie die Niederländer. Aus dieser Freiheit der Meere ergäbe sich, dass jede Nation sei frei, zu einer anderen Nation zu reisen und Handel zu treiben.
- Die grundsätzliche Freiheit der Meere öffnet die Ozeane für die Nutzung von Ressourcen jenseits nationaler Grenzen. Aktuelle Konflikte um Handelsrouten in der Arktis haben bei Grotius ihren Ursprung.
Ähnliches wurde zur selben Zeit in Bezug auf den Weltraum verhandelt und mündete im Oktober 1967 in einen entsprechenden Vertrag. Sollte der Meeresboden nicht mehr der Freiheit der Meere unterliegen, sondern als Gemeinsames Erbe der Menschheit eingestuft werden, müsste die Gewinne unter der gesamten Menschheit verteilt werden. Der Vorschlag Pardos stieß auf große Unterstützung durch die neuen Staaten in der Generalversammlung der Vereinten Nationen zählen und war der Anstoß, das Internationale Seerecht umfassend zu kodifizieren, das regeln sollte, welche Staaten auf welche Gebiete des Ozeans Ansprüche erheben können und welche Rechte und Pflichten sie haben.
Trotz der Zustimmung, die Pardos Vorschlag erfuhr, dauerte es bis 1982, bis das UN-Seerechtsübereinkommen endlich fertiggestellt wurde. Doch viele der reichen Staaten des globalen Nordens wollten die neue Idee eines gemeinsamen Erbes der Menschheit – die es in die Konvention schaffte und zum Rechtsgrundsatz für den Tiefseebergbau wurde – nicht übernehmen. Die Freiheit der Meere kam ihnen viel mehr entgegen. Und die Staaten konnten sich darauf berufen, dass es keine Definition des Gemeinsamen Erbes der Menschheit gab.
Im Jahr 1994 wurde daher ein Durchsetzungsübereinkommen geschlossen, das heute zusammen mit dem Seerechtsübereinkommen die Rechtsgrundlage für den Tiefseebergbau bildet und mit dem die meisten Staaten einverstanden sind.
Die Rolle der Staaten
Die Staaten sind die wichtigsten Akteure des Völkerrechts und damit auch des Seevölkerrechts, zu dem auch die Regeln für den Tiefseebergbau gehören. Durch das Seerechtsübereinkommen setzt das Internationale Seerecht wirtschaftlichem Handeln auf, in und mit den Ozeanen Regeln und Grenzen. Die Weltmeere sind in Wirtschaftszonen eingeteilt, Fischerei und die Schifffahrt, die Gewinnung von Öl und Gas im Meer sind ebenso geregelt wie die Ausbeutung der Meeresressourcen der Tiefsee und der Schutz der Meere.
Tonga gegen den Tiefseebergbau
Gewinne aus der Ausbeutung der Tiefseeressourcen müssen nach diesem Recht, das seit 1994 gilt, mit der gesamten Menschheit geteilt werden. Doch nach welchem Prinzip?
1996 wurde dazu die Internationale Meeresbodenbehörde, ISA, gegründet. Sie hat ihren Sitz in Kingston, der Hauptstadt Jamaikas. Neben Manganknollen sind nun auch Massivsulfide und Kobaltkrusten von Interesse für die Industrie. Für diese drei Arten von Ressourcen hat die Meeresbodenbehörde drei Verordnungen ausgearbeitet, die alle drei Phasen des Tiefseebergbaus umfassen: Prospektion, Exploration und Abbau. Die Vorschriften – der Tiefseebergbaukodex – sind in den letzten Jahren für die ersten beiden Phasen fertiggestellt worden, fehlen aber noch für die dritte Phase: den Abbau.
Da die ISA dem Internationalen Seerecht unterliegt, benötigen Unternehmen, die Tiefseebergbau betreiben wollen, aber auch Forschungsgruppen, die den Meeresgrund erforschen wollen, immer einen staatlichen Partner, um einen Explorationsvertrag mit der Meeresbodenbehörde abzuschließen. Nur für die bloße Aufsuchung des Meeresbodens ist kein Vertrag erforderlich.
Das heißt, wenn ein Staat die Exploration nicht selbst durchführen will, braucht ein Unternehmen, das letztendlich Ressourcen abbauen will, immer noch einen so genannten befürwortenden Staat, um einen solchen Vertrag abzuschließen. Mit anderen Worten: Ein Unternehmen kann ohne einen befürwortenden Staat keinen Explorationsvertrag aushandeln.
Die Exploration kann darüber hinaus nur in einem bestimmten Explorationsgebiet stattfinden. Dazu muss sich ein Unternehmen, das von einem Staat unterstützt wird, um zwei gleich große Gebiete bewerben. Die Meeresbodenbehörde wählt dann eines der Gebiete als ein zukünftiges Abbaugebiet aus. In dem anderen Gebiet kann der Lizenzinhaber, also der Antragsteller, mit den Explorationsarbeiten beginnen. Solche Explorationsverträge werden für einen Zeitraum von 15 Jahren abgeschlossen. Viele dieser Verträge befinden sich bereits in den Verlängerungsphasen um jeweils fünf Jahre, da die Abbauphase noch nicht begonnen hat – für diesen fehlt die Regulation.
Zurück zur Challenger?
Wurde die Explorationsphase früher fast ausschließlich als Vorbereitung für den Bergbau gesehen, so sind nun die Forschungsergebnisse der Exploration selbst immer wertvoller. Viele Staaten und Unternehmen, die potenziell vom künftigen Bergbau profitieren würden, sowie das Europäische Parlament fordern nun ein Moratorium für den Tiefseebergbau oder zumindest eine so genannte Precautionary Pause, eine vorsorgliche Pause.
Der Hauptgrund dafür ist, dass die Menschheit noch sehr wenig über die Ökologie der Tiefsee weiß. Das heißt, wir wissen noch nicht, was zerstört wird, wenn der Abbau tatsächlich beginnen sollte. Dass Tiere, Pflanzen und ihre Lebensräume zerstört werden, vielleicht sogar aussterben, ist ziemlich sicher, aber wir kennen das Ausmaß nicht. Die Frage ist also, was wir als Gemeinsames Erbe der Menschheit sehen wollen: die möglichen Profite oder den Reichtum der Natur?
Als vor einem halben Jahrhundert mit der Entwicklung von Regeln begonnen wurde, ging es vor allem um wirtschaftlichen und finanziellen Gewinn. Heute können wir auch darüber nachdenken, ob die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Umwelt der Tiefsee und ihre Erhaltung zum Gemeinsamen Erbe der Menschheit gezählt werden können.
Eine vorsorgliche Pause gibt den Wissenschaftlern die Möglichkeit, weitere Untersuchungen durchzuführen, bevor der Abbau beginnt. In erster Linie werden Grundlagenstudien durchgeführt, um herauszufinden, welche Tiere und Pflanzen in einem bestimmten Lizenzgebiet vorkommen. Außerdem ist es wichtig zu wissen, ob es diese Vielfalt auch in anderen Lizenzgebieten gibt oder ob sie einzigartig ist.
Und es stellt sich auch die Frage, inwieweit diese Vielfalt für ihr Überleben auf Ressourcen angewiesen ist, die durch den Bergbau mit Sicherheit weggenommen werden.
Diese Forschung ist die Voraussetzung für ein zweites Hauptziel: die Analyse der Auswirkungen des Bergbaus auf die Umwelt der Tiefsee. Der Lizenzhaber ist völkerrechtlich verpflichtet, eine solche Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, sobald das Abbauverfahren in seiner Gesamtheit getestet wird. In der nationalen Gesetzgebung einiger befürwortender Staaten ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung schon früher fällig, auch wenn nur Teile des Abbausystems erprobt werden.
Sowohl aus Grundlagenstudien als auch aus Umweltverträglichkeitsprüfungen lässt sich unglaublich viel über die biologische Vielfalt in der Tiefsee und die Auswirkungen der Bergbau-Maschinen und Abbau-Methoden lernen, etwa über die Sedimentwolken, die zwangsläufig in der ganzen Wassersäule verteilt werden. Dieses Wissen ist im Gegensatz zu den anderen Daten der Lizenzinhaber öffentlich.
Darüber hinaus sind die Forschungsergebnisse wichtig, um die Vorschriften für den Tiefseebergbau weiterzuentwickeln. Die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist Teil des Umweltvölkerrechts und somit ist das Vorsorgeprinzip auch eine wesentliche Grundlage für das Tiefseebergbau-Recht. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass wissenschaftliche Unsicherheit kein Grund sein darf, die Umwelt nicht zu schützen.
Die ISA erarbeitet derzeit einen Mining Code, einen Kodex für den Tiefseebergbau, der verbindliche Normen und nicht-verbindliche Leitlinien enthält, die für bestimmte Teile oder Auswirkungen des Tiefseebergbaus gelten. Dabei wird die Möglichkeit offengehalten, diese Standards und Leitlinien kontinuierlich an neue Erkenntnisse anzupassen und weiterzuentwickeln.
Letztlich geht es um die Frage, ob Bergbau in der Tiefsee möglich sein soll oder nicht. Die Antwort auf diese Frage hängt eng damit zusammen, was die Menschheit mit ihrem gemeinsamen Erbe machen will. Dies hängt wiederum davon ab, was man als gemeinsames Erbe der Menschheit ansehen will: Den finanziellen Gewinn oder auch wissenschaftliche Erkenntnisse und die Erhaltung der Ökosysteme der Tiefsee. Steht der wirtschaftliche Gewinn im Vordergrund, ist der Abbau der Rohstoffe der Tiefsee nicht ausgemacht: Es ist offen, ob der Abbau wirtschaftlich notwendig ist, und die Industrie, die den Bergbau in den Ozeanen durchführt, gibt es noch nicht.
Darüber hinaus sollte man sich auch die eher ethische Frage stellen, ob überhaupt Tiefseebergbau betrieben werden sollte. Die Regeln für den Abbau von Bodenschätzen in der Tiefsee sind noch nicht endgültig festgelegt. Die künftige Tiefseebergbauindustrie wünscht sich Rechtssicherheit für ihre Aktivitäten und damit für ihre Investoren. Vielleicht sollten aber alle anderen Fragen geklärt werden, bevor der Tiefseebergbau rechtlich ermöglicht wird.
Conclusio
Als Gemeinsames Erbe der Menschheit scheinen die Ozeane und die Tiefsee umfassend geschützt zu sein. Doch tatsächlich ist das Seerecht noch nicht ausgereift genug, um auch dem komplexen Sachverhalt des Tiefseebergbaus gerecht zu werden. Wie die innerhalb dieses Rechts mögliche Ausbeutung gestaltet wird unterliegt einer Behörde, der ISA, die bisher keine Antworten darauf gefunden hat, wie die Güter unter ihrer Verwaltung bewertet werden sollen (Meeresschutz), welche Regeln für den konkreten Abbau gelten und wie etwaige Gewinne aus dem Tiefseebergbau aufgeteilt werden sollen. Da wenig über die Tiefsee bekannt ist, müssten Forschung und Schutz Vorrang vor der Ausbeutung der Ressourcen haben, denn auch die Ökosysteme der Tiefsee sind Güter und Teil des Gemeinsamen Erbes der Menschheit.