Das Ende der Wahrheit
Deepfakes, Propaganda und Fake News: Wir können niemandem mehr trauen, nicht einmal unseren eigenen Augen. Was die Wahrheit ist und was nicht, lässt sich immer schwerer herausfinden. Im US-Wahlkampf wird das zu einem mitentscheidenden Faktor.

Auf den Punkt gebracht
- Omnipräsent. Alles, das im US-Wahlkampf passiert, wird sofort von Verschwörungstheorien begleitet.
- Leichter lügen. Erleichtert wird das durch die Erkenntnis, dass es viel einfacher ist, online die Unwahrheit zu sagen.
- 30.000 Lügen. In nur vier Jahren Amtszeit soll es Donald Trump laut der „Washington Post“ zu einer fünfstelligen Anzahl an Lügen gebracht haben.
- Alles gefälscht. Die Deepfake-Technologie zwingt uns dazu, an allem zu zweifeln, was wir sehen.
Als der demokratische Senator Chris Coons aus Joe Bidens Heimatstaat Delaware am 21. Juli das Posting sah, mit dem der Präsident seinen Rückzug als Kandidat bekannt gab, war er gerade zu Gast beim Aspen Institute. Er sprach dort auf einem Panel zum Thema „Das Ende des Vertrauens? KI, Fehlinformation und Desinformation“. Und plötzlich war die Diskussion mitten im richtigen Leben gelandet. Ist das Posting echt, oder haben wir es hier mit einem Deepfake zu tun? Die Experten auf dem Podium beschlich ein Gefühl, das viele Menschen kennen: Man kann nichts und niemandem mehr wirklich trauen.
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Es ist selbst für US-Verhältnisse ein spektakulärer Wahlkampf: erst eine katastrophale TV-Debatte des Präsidenten, dann ein Attentatsversuch auf seinen Herausforderer Donald Trump und der Rückzug von Joe Biden nur wenige Tage später. Auf jedes dieser Ereignisse folgten Falschmeldungen, Verschwörungstheorien und Desinformationen. Trump wurde unterstellt, das Attentat sei inszeniert, und dem Secret Service, es zugelassen zu haben.
Apfelmus im Hirn
Kurz nach Bidens Rücktritt zerlegten Verschwörungstheoretiker den Brief, den er gepostet hatte: Dieser habe keinen Briefkopf, und die Unterschrift sei nicht dieselbe, mit der Biden normalerweise unterschreibe. Die krause Theorie: Es finde ein Coup gegen den Präsidenten statt, der nicht mehr in der Lage sei, sich dagegen zu wehren.
Auch über Kamala Harris verbreiteten sich innerhalb weniger Stunden Falschmeldungen: Ein gefälschtes Foto soll sie angeblich mit dem in Haft verstorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein zeigen. Wie schon bei Barack Obamas Wahlkampf wurden auch über Harris Gerüchte verbreitet, dass sie nicht in den USA geboren sei und deshalb gar nicht Präsidentin werden könne. Wenig später wandte sich dann Präsident Biden selbst in einer Ansprache an alle, die ihm unterstellt hatten, er habe „Apfelmus im Hirn“. Bidens deutliche Botschaft für sie: „Fuck you!“ – Halt, nein, das war einer der weniger schwer zu erkennenden Deepfakes.
Es wird für Konsumenten von (sozialen) Medien immer schwieriger, festzustellen, was nun eigentlich stimmt und was nicht. Und im Kontext des US-Wahlkampfs kommt auch noch dazu, dass einer der beiden Kandidaten ein notorischer Lügner ist: In der Aufregung um Joe Bidens Performance bei der TV-Debatte ging nahezu unter, dass Trump – laut Zählung der „New York Times“ – während des Duells 20 Mal gelogen und 21 irreführende Behauptungen aufgestellt hat.
Wahrheit ist keine politische Kategorie
Die Erkenntnis, dass es Politiker mit der Wahrheit nicht so genau nehmen, wenn ihnen eine Lüge politisch nutzt, ist natürlich nicht neu. Gerade unter US-Präsidenten gibt es da eine lange Tradition. In Erinnerung blieben etwa die Aussagen Bill Clintons, er habe keine sexuelle Beziehung mit Monica Lewinsky gehabt; George W. Bushs, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitze; oder Richard Nixons, er habe mit der Watergate-Affäre nichts zu tun. Wahrheit war noch nie eine politische Kategorie. Und auch keine mediale, wie der Psychologe Steven Sloman von der Brown University im Bundesstaat Rhode Island ausführt:
„Die Gesellschaft war schon immer mit dem Problem der Fake News konfrontiert. Sie waren schon immer Teil des gesellschaftlichen Diskurses – Propaganda ist zum Beispiel für jede Art von Krieg von zentraler Bedeutung. Zeitungen waren, zumindest in den Vereinigten Staaten, von Anfang an voller Lügen und falscher Nachrichten. Und es gab schon immer eine enge Verquickung von Berichterstattung und Anzeigen. Es ist nichts Neues, dass man den Nachrichten nicht immer glauben kann.“
Aber trotzdem hat sich in den vergangenen Jahren etwas verändert. Wer Fotos von Kriegen wie in der Ukraine oder Gaza sieht, muss nicht wie früher bloß damit rechnen, dass sie nur die halbe Wahrheit zeigen. Sondern auch damit, dass sie entweder komplett gefälscht sind oder einfach nur Screenshots aus Computerspielen. Der Social-Media-Kanal TikTok steht unter dem Verdacht, verstärkt russische oder chinesische Narrative zu verbreiten. Und die Deepfake-Technologie ist mittlerweile so gut, dass es selbst für ein geschultes Auge schwierig ist, die Echtheit eines Videos zu verifizieren. Es wäre kein Problem mehr, ein absolut echt wirkendes Video zu erstellen, in dem Donald Trump zur Wahl von Kamala Harris aufruft.
I. Warum wir uns nicht mehr verstehen
Ein großer Faktor für diese Entwicklungen ist weitgehend unvermeidlich, dennoch wird ihm kaum Bedeutung zugemessen: Unsere – private wie öffentliche – Kommunikation verlagert sich immer mehr ins Virtuelle, auf Plattformen wie X, TikTok oder Telegram. Und es geht wahnsinnig viel verloren, wenn Menschen nicht von Angesicht zu Angesicht, sondern per Text, Sprachnachricht oder sogar Video kommunizieren.
Die Wissenschaftsjournalistin Marta Zaraska hat unzählige Studien durchforstet und weiß Erstaunliches zu berichten, was alles in unserem Körper passiert, wenn wir mit einer anderen Person im echten Leben interagieren.
„Wenn wir uns offline unterhalten, synchronisieren sich unsere Gehirnströme, wir kurbeln unsere Sozialhormone durch Berührungen an, und wir riechen sogar Emotionen mit unserer Nase – Dinge, die wir auf Plattformen wie Zoom oder Whats-App eher nicht wahrnehmen. Infolgedessen blühen in der digitalen Welt gefälschte Nachrichten und Verschwörungstheorien.“
Sogar wenn wir per Videokonferenz interagieren, einander sehen und hören, kann das die persönliche Kommunikation nicht ersetzen. Für eine Studie der Yale School of Medicine 2023 saßen Freiwillige entweder einander an einem Tisch gegenüber oder sahen sich nur über einen Bildschirm, während ihre Augenbewegungen und Gehirnaktivitäten ständig aufgezeichnet wurden.
Zahlen & Fakten
„Die Augen und Gehirne der Probanden reagierten nicht auf die gleiche Weise, wenn sie sich online oder offline sahen. Außerdem verhielten sich ihre Gehirnströme offline anders, was darauf hindeutet, dass sie in der realen Welt aufmerksamer die Gesichter der anderen lasen. Diese oberflächliche, distanzierte Art, Gesichtsausdrücke auf dem Bildschirm zu lesen, könnte natürlich zu mehr Missverständnissen führen – entweder zufällig oder absichtlich (mit anderen Worten, online könnte man leichter belogen werden). Es kann auch zur Zoom-Müdigkeit beitragen, einem inzwischen wissenschaftlich anerkannten Zustand, der besagt, dass Teilnehmer in Videokonferenzen weitaus mehr ermüden als bei denselben Sitzungen in Person.“
Wie man uns täuschen kann
Die Konsequenz: Es ist viel leichter, uns zu täuschen, wenn uns viele der Werkzeuge fehlen, die bei direkter Kommunikation helfen können, Lügen zu enttarnen oder auch einfach nur die Intention des Gegenübers besser einzuschätzen, berichtet Zaraska.
„Doch trotz ihrer Grenzen ist die digitale Welt in der Zeit nach der Pandemie für viele Menschen Realität geworden. Fernarbeit mit Zoom-Meetings und Instant Messaging ist jetzt die Norm. Während die Website von Zoom im Dezember 2019 nur 71 Millionen Besuche verzeichnete, waren es im Dezember 2023 fast 883 Millionen. Im Jahr 2022 nutzte in der EU die Hälfte aller Unternehmen mit zehn oder mehr Mitarbeitern virtuelle Meetings. Und schon vor Covid-19 war für amerikanische Teenager die bevorzugte Art der Kommunikation mit ihren Freunden die Textnachricht (2012 herrschte noch die persönliche Kommunikation vor).“
Ein Viertel aller Werbeausgaben floss bereits im Präsidentschaftswahlkampf 2020 in digitale Kanäle (knapp mehr als die Hälfte immer noch in TV-Spots); und im aktuellen Wahlkampf wird sich diese Tendenz noch steigern. Der Fokus auf digitale Kanäle führt sogar zu der absurden Situation, dass Präsident Biden ein Gesetz unterschrieben hat, das zum Verbot von TikTok in den USA führen könnte, wenn seine chinesischen Eigentümer es nicht verkaufen, aber gleichzeitig auf der Plattform (wie auch Donald Trump) präsent war.
II. Der Faktor Trump
Und dann ist da natürlich noch Donald Trump. Während er den Medien den Pauschalvorwurf macht, „Fake News Media“ zu sein, und seine eigene Social-Media-Plattform gegründet hat, die er „Truth Social“ genannt hat, nimmt er es selbst mit der Wahrheit gelinde gesagt nicht allzu genau. Etwas mehr als 30.000 falsche oder irreführende Aussagen will die „Washington Post“ im Rahmen seiner ersten Amtszeit ausgemacht haben. Bis heute behauptet er, die Wahlen im Jahr 2020 gewonnen zu haben, „The Big Lie“ wird das in den USA genannt. 63 Prozent der registrierten republikanischen Wähler und fast ein Drittel aller US-Amerikaner glauben sie. Obwohl es dafür keine seriösen Anhaltspunkte, geschweige denn Beweise gibt.
Wegen seiner oft bizarr wirkenden Aussagen wird Trump von vielen Menschen nicht ernst genommen – obwohl er bereits vier Jahre Präsident war und derzeit in vielen Umfragen vorne liegt. Für einen Teil des Publikums ist Trump immer noch ein erratischer Egomane mit unterdurchschnittlicher Intelligenz, der entgegen allen Erwartungen ins Amt gewählt wurde. Aber das verkennt die Lage, und es wird Trump auch nicht gerecht, wie der kanadische Linguist Marcel Danesi ausführt, der ihn geradezu für einen archetypischen Politiker hält:
„Als Geschäftsmann, der zum Politiker wurde, hat sich Trump als Paradebeispiel für die machiavellistische Fuchs-Löwe-Figur erwiesen. Er ist ein Fuchs, der es versteht, seine Gegner mit seinem unheimlichen Gespür für gesellschaftliche Entwicklungen zu überlisten, und er ist ein Löwe, der bei seinen öffentlichen Auftritten stark und energisch auftritt. “
Wenn du es glaubst, ist es keine Lüge
Trump lügt nicht, weil er, wie es manchmal wirkt, einfach erzählt, was ihm gerade durch den Kopf geht. Er lügt, weil es funktioniert, und er lügt, weil er damit ein Narrativ füttert, das ihm Wählerstimmen bringt. Bloß: Warum glauben ihm so viele Menschen? Danesi hat eine Antwort darauf:
„Warum seine Anhänger Trumps Lügen als Tatsachen für bare Münze nehmen? Das liegt an der Vorliebe des menschlichen Gehirns für die Konstruktion von Überzeugungen, ob sie nun wahr oder falsch sind – eine Tatsache, die durch den Spruch von George Costanza in der Sitcom ‚Seinfeld‘ aus den 1990er-Jahren auf den Punkt gebracht wird: ‚Wenn du es glaubst, ist es keine Lüge.‘“
Trump weiß, wie er Sprache einsetzen kann, um den Menschen das Gefühl zu geben, dass ihre Überzeugung auch die Wahrheit ist, wie Danesi erklärt:
„Obwohl wir Sprache routinemäßig als Kommunikationsmittel und als Werkzeug zur Erlangung neuer Erkenntnisse verwenden, kann sie auch als begriffliche Injektionsnadel eingesetzt werden, um die Physiologie des Denkens zu verändern. Sobald ein Begriff wiederholt gehört wird, neigt er dazu, zu einem begrifflichen Serum zu werden, das sich im Gehirn ausbreitet und es verändert.“
Wer definiert, was das wahre Amerika ist?
Das bedeutet nicht nur, dass die USA politisch gespalten sind, sondern auch, dass die Anhänger der beiden Lager nicht einmal mehr vernünftig miteinander reden können, weil die Worte für sie eine andere Bedeutung haben, wie Danesi fortfährt:
„Trump ist in der Lage, Wörter semantisch zu einem ‚Code‘ zu verdrehen, der zur gruppeninternen Kommunikation und Verständigung wird. Wenn Trump Ausdrücke wie ‚deep state‘ oder ‚das wahre Amerika‘ verwendet, benutzt er eine verschlüsselte Sprache, die auf einem der ältesten verschwörerischen Gedanken der Geschichte beruht – dass ‚andere‘ eine Nation wie Amerika übernehmen wollen. Sobald dieser Code von den Gläubigen verinnerlicht wurde, sind sie praktisch unempfindlich gegen Gegenargumente. Diejenigen, die sich in Trumps Lager befinden, sprechen zwar dieselbe Sprache wie die, die sich außerhalb dieses Lagers befinden. Aber die Bedeutung der Worte, die zwischen den beiden Lagern verwendet werden, wird durch den Code gefiltert, was eine sinnvolle Kommunikation unmöglich macht. “
Nicht Trump lügt, sondern die anderen
Das lässt sich passenderweise besonders gut am Begriff der Wahrheit selbst festmachen: Während Trump es mit der Wahrheit, wie schon erwähnt, alles andere als genau nimmt, macht er Medien den Pauschalvorwurf, „Fake News Media“ zu sein, und hat seine eigene Social-Media-Plattform gegründet, die er pikanterweise „Truth Social“ genannt hat. Für seine Fans heißt das: Nicht Trump lügt, sondern alle anderen.
„Jeder Gegenbeweis, der zeigt, dass Trump lügt, wird nie zu einem Umdenken führen – weil seine Anhänger glauben, dass er von jenen Feinden Amerikas erfunden wurde, die gegen Trump und seine Pseudo-Sache arbeiten. “
Das heißt auch: Jeder Versuch, nachzuweisen, dass die Präsidentschaftswahlen 2020 korrekt abgelaufen sind, ist für jene, die das Gegenteil glauben, nur ein weiterer Beweis dafür, dass es eine große Verschwörung gibt. Ein weiterer falscher Beweis, um Trump von der Präsidentschaft fernzuhalten. Am Ende bleiben zwei verhärtete Lager übrig, für die politische Diskussionen mehr und mehr an Bedeutung verlieren – weil sie einander sowieso nichts mehr glauben.
III. Nichts ist mehr wahr
Die aktuellen technologischen Entwicklungen verschärfen die Situation lediglich, das bekannteste und gefährlichste Beispiel dafür sind Deepfakes, mit denen sich Psychologe Steven Sloman ausführlich beschäftigt:
„Deepfakes sind KI-generierte Inhalte, die für die Augen des Betrachters oder die Ohren des Zuhörers echt erscheinen. Deepfakes können zu Propagandazwecken, für Betrügereien oder – ihre häufigste Anwendung – zur missbräuchlichen Erstellung von Pornos verwendet werden. Im Zuge der US-Wahlen wird ihnen besondere Aufmerksamkeit zuteil, da befürchtet wird, dass ein Deepfake am Ende eine knappe und – in den Augen vieler – sehr wichtige Präsidentschaftswahl entscheiden könnte. “
Für den Betrachter erscheinen diese Videos, wenn sie gut gemacht sind, als absolut echt. Und leider ist unser Gehirn so programmiert, dass es solche Videos auch allzu gerne als echt einschätzt, wie Sloman erklärt:
„Deepfakes sind so besorgniserregend, weil es sich dabei um Bilder, Videos und Fotos handelt und wir Menschen dafür besonders empfänglich sind, da wir sie als direkte Repräsentationen der Realität wahrnehmen. Da wir sie mit unseren eigenen Augen und Ohren wahrnehmen, ist es, als sähen wir die Realität. Sie benötigen keine tiefgreifende Interpretation, für unser Gehirn gibt es keinen Grund, an dem Wahrheitsgehalt zu zweifeln. Das macht Deepfakes mächtiger als jede andere Form von Fake News. “
Was können wir noch glauben?
Bei Fake News, die niedergeschrieben sind, denken wir viel eher darüber nach, ob sie echt sein könnten. Sehen und hören wir etwas, kommt uns viel weniger in den Sinn, dass es nicht echt sein könnte. Aber das, sagt Sloman, ist noch das kleinere Problem mit Deepfakes. Denn wenn wir rational wissen, dass alles gefälscht sein könnte: Was können und sollen wir dann überhaupt noch glauben?
„Forscher haben für dieses Phänomen den Begriff ‚Lügendividende‘ geprägt – die Angst, dass etwas gefälscht sein könnte, macht die Menschen skeptischer selbst gegenüber wahren Informationen. Das heißt auch: Selbst wenn ein Video echt ist, können Menschen behaupten, dass es das nicht ist. Die Bedrohung für die Gesellschaft ist nicht so sehr, dass sich falsche Informationen und Überzeugungen breitmachen. Es ist vielmehr das mangelnde Vertrauen in das, was wir sehen. Unsere Gesellschaft ist schon jetzt von einer großen Unsicherheit geprägt, und viele Psychologen argumentieren, dass dieser Zustand der Grund für die Zunahme von Verschwörungstheorien ist. Unsicherheit erzeugt Ängste. Und diese Ängste lassen viele Menschen empfänglich für Verschwörungstheorien werden. “
Überhaupt, sagt Sloman, würden wir der Wahrheit oft zu viel Bedeutung beimessen. Nicht in dem Sinne, dass sie nicht bedeutend wäre. Biden hat die Wahlen gegen Trump gewonnen, und das ist nicht bedeutungslos. Aber es sei Zeit, zu verstehen, dass die Wahrheit den meisten Menschen nicht besonders wichtig ist. Sloman schreibt in seinem Pragmaticus-Beitrag:
„Ihnen ist es viel wichtiger, ihre Geschichte zu erzählen oder ihren Standpunkt zu vertreten, als sich zu vergewissern, dass das, was sie verbreiten, der Wahrheit entspricht. Die Menschen neigen dazu, das zu glauben, was sie glauben wollen, unabhängig davon, ob das echt ist oder nicht. Die Vorstellung einiger – oft derjenigen, die in den Medien arbeiten –, dass die Menschen durch Fakten überzeugt werden können, ist falsch.“
Filterblasen zum Platzen bringen
Was Sloman vorschlägt, wie das Problem zu lösen sei, klingt altbekannt – was seinen Ansatz nicht unbedingt falsch macht. Wir müssen die Filterblasen zum Platzen bringen, sagt er.
„Wir müssen eine Kultur schaffen, die bereit ist, die Behauptungen zu hinterfragen. Eine Kultur, die daran interessiert ist, die Wahrheit herauszufiltern. Filterblasen stellen ein wirklich großes Problem dar, weil Menschen zunehmend nur mehr mit Menschen sprechen, die derselben Meinung sind wie sie. Wenn wir nur mit Leuten sprechen, mit denen wir übereinstimmen, werden wir niemals mit jenen Gegenargumenten konfrontiert, die notwendig sind, um herauszufinden, was wahr oder falsch ist. “
Slomans Form von Hoffnung ist im Grunde ein Schreckensszenario: dass die Lage so schlimm wird, dass wir gezwungen sind, uns eine Lösung zu überlegen, weil wir in einer Gesellschaft leben, in der wirklich niemand mehr weiß, was wahr ist und was nicht.
„Wenn Deepfakes einmal in jedermanns Händen sind und wirklich jeder überzeugende Deepfakes erstellen kann, könnten wir an einen Punkt kommen, an dem wir grundsätzlich nicht mehr glauben, was wir mit unseren eigenen Augen sehen. In diesem Fall könnten wir als Gesellschaft verstehen, dass wir eine besondere vertrauenswürdige Quelle brauchen, die wir alle akzeptieren und deren Aufgabe es ist, zu verifizieren, was wir sehen und hören. “
Derzeit sind die USA weit davon entfernt, sich auf eine Wahrheit einigen zu können, die Spaltung zwischen den beiden Lagern scheint tiefer als je zuvor. Es wirkt fast so, als wäre es die größere Motivation, jeweils den Kandidaten des anderen Lagers zu verhindern, als den eigenen gewählt zu sehen. Und es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sich das nach den Wahlen ändern könnte.
Conclusio
Täuschbar. Wenn wir uns nicht von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen, ist es leichter, zu lügen und zu täuschen. Dem Gehirn fehlen dann viele Sensoren, die es uns ermöglichen, Unwahrheiten zu spüren und zu erkennen.
Lügenbaron. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat das Lügen zur politischen Kunstform erhoben. Und seinen Anhängern ist es egal – weil Trump sehr gut darin ist, seine Lügen in Codes zu verpacken.
Gefälscht. Auch Deepfakes machen es immer einfacher, die Öffentlichkeit zu täuschen. Mit der Konsequenz, dass viele Menschen einfach gar nichts mehr von dem glauben, was sie lesen, sehen oder hören; alles könnte gefälscht sein.