Foto einer futuristisch-utopischen Welt. Eine Frau sitzt mit Kleinkind und Katze auf dem Boden vor dem Fenster ihrer Wohnung. Ein Roboter reicht ihr ein Glas Wasser. Das Bild illustriert ein Dossier zum Thema die Welt in 50 Jahren.

Die Welt in 50 Jahren

Im Jahr 2074 werden wir … ja, was eigentlich? Der Pragmaticus wagt einen Blick in die nicht ganz so nahe Zukunft, in der – wahrscheinlich – alles ganz anders sein wird als heute. Wir glauben, in fünfzig Jahren wird vieles besser sein.

Die Hindernisse für eine derart langfristige Prognose sind freilich zahlreich: Wissenschaft und Forschung haben einen sich selbst beschleunigenden technologischen Fortschritt hervorgebracht, dessen Wirkungen und Nebenwirkungen im Voraus nicht einzuschätzen sind. Die einst zumindest im Westen so stabil wirkende globale Weltordnung ist spätestens nach Russlands Angriff auf die Ukraine ins Wanken geraten. Mehrere failed states in Afrika taumeln einer ungewissen Zukunft entgegen. Und schließlich machen der Klimawandel und die Endlichkeit der Ressourcen eine neue Art der Wirtschaft notwendig.

Blick in die Kristallkugel für 2074

Trotz dieser Unwägbarkeiten haben sich zehn Expertinnen und Experten bereit erklärt, für uns tief in die Kristallkugeln ihrer jeweiligen Zunft zu blicken. Einige der Bilder, die sie dort sehen, sind überraschend hochauflösend gezeichnet. Der Weltraum-Experte (und -Enthusiast) Gernot Grömer etwa meint ziemlich genau zu wissen, welche Missionen im Jahre 2074 im All unterwegs sein werden. Schließlich haben solche Vorhaben jahrzehntelange Vorlaufzeiten.

In der Molekularmedizin wiederum passieren Fortschritte meist ungeplant. Trotzdem kann der Genetiker Markus Hengstschläger mit großer Zuversicht vorhersagen, dass 2074 mehr Krankheiten heilbar sein werden als heute.

Komplizierter ist die Sache dort, wo von Tag zu Tag gelebt wird. Menschen sind nun einmal unberechenbar (mit einer Ausnahme; dazu gleich mehr): Was werden wir zum Beispiel essen? Foodtrendforscherin Hanni Rützler sagt eine kopernikanische Wende bei unseren Essgewohnheiten voraus.

Womit werden wir unsere Rechnungen bezahlen? Finanzexperte Nikolaus Jilch ist überzeugt, dass an Bitcoin kein Weg vorbei führen wird.

Wie werden wir unsere Freizeit 2074 verbringen? Das kommt ganz auf unser Budget an, sagt Freizeitforscher Andreas Reiter.

Wer wird uns die Arbeit erleichtern? Robotik-Experte Michael Rathmair ist überzeugt, dass uns Roboter vieles abnehmen können – aber dass sie weiterhin nicht intelligent sein werden.

Und überhaupt: Welche Arbeit werden uns die Maschinen noch übrig lassen? Eventuell mehr als uns lieb ist, sagt der Arbeitsökomon Joop Schippers – auch wenn die Freizeit bis 2074 steigen wird.

Schon klar: Die eine oder andere Ansage wird sich in fünfzig Jahren als falsch erweisen, das legt der Blick auf alte Prognosen nahe, laut denen wir schon längst in fliegenden Autos über Fusionsreaktoren hinwegdüsen müssten. Dennoch ist es sinnvoll, sich den Kopf über das Überüberübermorgen zu zerbrechen. Indem wir Szenarien durchdeklinieren, können wir unsere Gestaltungsspielräume vermessen, und das kann helfen, heute Entscheidungen zu treffen, die vielleicht unbequem sind, auf lange Sicht aber überwiegend positive Auswirkungen haben. So können wir uns entscheiden, den Klima- und Artenschutz doch noch ernsthaft anzugehen, hofft Biodiversitätsforscher Henrique Pereira.

Wir können entscheiden, welche Rolle wir sozialen Medien (und ihren neuen Komplizen, den künstlichen Intelligenzen) in unseren Gesellschaften zugestehen wollen. Davon wird abhängen, ob diese Technologien uns helfen werden oder uns ruinieren, so der Technikphilosoph Mark Coeckelbergh.

Weniger beeinflussbar – und damit statistisch gut fassbar – ist laut unserem Experten Rainer Münz dagegen ein ganz zentraler Aspekt der menschlichen Existenz: wie stark wir uns als Spezies fortpflanzen. Insgesamt werden im Jahr 2074 fast 10,4 Milliarden Menschen auf diesem Planeten leben.

Weil unsere Lebenserwartung steigt, ist ein großer Teil dieser zukünftigen Bevölkerung heute schon auf der Welt. Alle gut zehn Milliarden Menschen werden von den Folgen der Entscheidungen betroffen sein, die wir jetzt und in den kommenden Jahren treffen. Zumindest diese Prognose wird sich sicher als richtig erweisen.

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