Sozialist, Muslim, Bürgermeister

Der Big Apple wird zum Red Apple. Ein Grund zum Feiern ist das nicht. Zohran Mamdanis Sieg ist eine Niederlage westlicher Werte. 

Bernie Sanders, Zohran Mamdani und Alexandria Ocasio-Cortez bei einer Wahlkampfveranstaltung. New York, 26. Oktober 2025. 
Zohran Mamdani (Mitte) mit Senator Bernie Sanders und der US-Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez bei einer Wahlkampfveranstaltung. New York, 26. Oktober 2025.  © Getty Images

Überraschung war es keine mehr: Zohran Mamdani, der sich selbst einen „demokratischen Sozialisten“ nennt, wird Bürgermeister von New York City (NYC). Künftig werden also beide Finanzzentren der westlichen Welt von linken Muslimen regiert: London und New York. Bei allen Unterschieden (Brexit!) verheißt ein Blick auf London für New Yorks Zukunft nichts Gutes. 

Ein Aspekt jedoch dürfte über die Stadt und die USA hinaus Folgen zeigen: Mamdanis Sieg markiert einen neuen Höhepunkt im Siegeszug der anti-westlichen und anti-israelischen postkolonialen Bewegung. Was als akademische Theorie begann, hat sich zu einer politischen Kraft entwickelt, die nun auch im New Yorker Rathaus einzieht. 

Ein Blick auf London

In London ist seit 2016 Sadiq Khan an der Macht. Der sunnitische Muslim setzt wie Mamdani auf soziale Gerechtigkeit, bezahlbaren Wohnraum, Klimaschutz und die Inklusion marginalisierter Gruppen. Nach fast zehn Jahren ist seine Bilanz in zentralen Bereichen der Lokalpolitik wie Wohnen und Sicherheit katastrophal. 

Von allen britischen Regionen hat London den größten Bedarf an mehr Wohnraum. Trotzdem ist der Wohnungsbau in der britischen Hauptstadt kollabiert. Im Finanzjahr 2024/25 wurden nur mehr 4.170 Wohnungen errichtet – weniger als fünf Prozent des offiziellen Ziels von 88.000 Wohnungen. Laut der Planungsberatung Molior wäre die Hälfte der Bauprojekte selbst dann unrentabel, wenn die Grundstücke kostenlos bereitgestellt würden.

Dafür sind nicht nur externe Faktoren verantwortlich, wie hohe Zinsen oder seit 2024 ein staatliches regulatorisches Umfeld, das die Errichtung von Hochhäusern mit mehr als 18 Meter Höhe erschwert. Khan hat die Wohnbaukrise durch lokale Bauvorschriften verschärft und mit einer vorgeschriebenen Quote von bis zu 50 Prozent gefördertem Wohnraum pro Projekt viele Wohnbauten unfinanzierbar gemacht. Als Folge werden im Großraum London weniger Sozialwohnungen pro Einwohner errichtet als in jeder anderen britischen Region.

Noch vernichtender fällt Khans Sicherheitsbilanz aus. Ein paar Zahlen hierzu: Insgesamt stieg die Zahl an Gewaltdelikten gegen Personen von 2016 bis 2024 von 19,8 auf 26,5 Straftaten je 1.000 Einwohner, nur Tötungsdelikte sind von 110 Morden 2016 auf 102 im Jahr 2024 leicht gesunken. Sexualdelikte sind hingegen von 1,8 auf 3 Delikte je 1.000 Einwohner gestiegen, Raubüberfälle von 2,6 auf 3,8 und Diebstähle von 42,3 auf 53,5. Die Ladendiebstähle haben sich pro Kopf mehr als verdoppelt (von 5,0 auf 10,6). In manchen Gegenden nehmen sich Banden junger Leute einfach, was sie wollen. 

Was New York mit Zohran Mamdani nun blüht

Mamdanis Wahlprogramm ist noch weiter links als jenes von Khan. Er will die Mittel für die Polizei reduzieren, was nicht nur mit Blick auf London keine prickelnde Idee ist. Ein Mietenstopp soll die Mieten für über eine Million mietregulierte Wohnungen einfrieren. Doch Mietpreisbremsen führen auf lange Sicht zu Wohnraumverknappung und damit zu höheren Mieten für Neumieter. Glücklich, wer bereits eine Wohnung hat. Arm dran sind jene, die eine Wohnung suchen. 

Andere soziale Wohltaten wie eine kostenlose Betreuung für alle Kinder unter fünf Jahren, kostenlose Busse und stadteigene Lebensmittelläden sollen über Steuererhöhungen finanziert werden. Steuern auf Einkommen über eine Million Dollar sollen um zwei Prozentpunkte erhöht werden, Unternehmenssteuern von 8,85 auf 11,5 Prozent. 

Damit würden die Einkommen der Bestverdiener in NYC von Stadt und Bundesstaat mit bis zu 16,776 Prozent besteuert. Zum Vergleich: In Houston, Texas, oder Miami, Florida, betragen die lokalen Einkommensteuern exakt 0 Prozent. Wem die Steuern gar zu niedrig vorkommen: Dazu kommt überall noch die bundesweite Einkommensteuer (Grenzsteuersatz 37 Prozent ab USD 609.351,–).

Wie das sozialistische Projekt für die Stadt und ihre Bewohner wirtschaftlich ausgeht, wird sich zeigen. Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, dass linke Politiker die Erträge aus Steuererhöhungen überschätzen, weil sie die Mobilität von Menschen und Unternehmen unterschätzen. 

Wie der Vater, so der Sohn

Zohran Mamdani hat nicht nur seine Wähler glücklich, sondern auch seinen Vater sehr stolz gemacht. Mahmood Mamdani, Anthropologieprofessor an der Columbia-Universität, ist einer der engsten intellektuellen Gefolgsleute von Edward Said, dem Begründer der postkolonialen Theorie. In der postkolonialen Geschichtsbetrachtung geht alles Übel dieser Welt auf den Westen zurück, der den „globalen Süden“ immer schon unterjocht habe. 

Der Historiker Heiko Heinisch charakterisiert den Versuch der postkolonialen Bewegung, die Geschichte der Menschheit entlang der ideologischen Prämisse, der Westen sei an allem schuld, umschreiben zu wollen, als Frontalangriff auf Freiheit und Demokratie. Mamdanis jüngstes Buch Slow Poison bestätigt Heinischs Befund. Darin deutet Mamdani den Schlächter von Uganda, Idi Amin, zum antikolonialen Kämpfer um. 

Der antisemitische Zeitgeist, der seit zwei Jahren durch die Universitäten weht, weht künftig auch durch das Rathaus jener Stadt, in der die meisten Juden außerhalb Israels leben.

Und weil der Apfel nicht weit vom Stamm fällt, übernahm Zohran die Lehren seines Vaters eins zu eins in seinem Wahlkampf. Israel soll als jüdischer Staat nicht mehr existieren, sondern ein Staat wie jeder andere werden, in dem Juden nur mehr als Minderheit leben. An 9/11 rührt ihn der Gedanke an eine Verwandte, die sich mit ihrem Kopftuch in der U-Bahn am Tag nach dem Anschlag unwohl fühlte. Und natürlich unterstützt er die antisemitische BDS-Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions) jene von palästinensischen Gruppen initiierte Kampagne, die Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren will. 

Der antisemitische Zeitgeist, der seit zwei Jahren durch die Universitäten weht, weht künftig auch durch das Rathaus ausgerechnet jener Stadt, in der die meisten Juden außerhalb Israels leben. Doch New York ist nicht Amerika. In Virginia und New Jersey gewannen zwei Demokratinnen die Gouverneurswahlen, die mit dem linksextremen Kurs Mamdanis nichts am Hut haben. 

Wenn die Demokratische Partei auch im Präsidentschaftswahlkampf auf einen Kandidaten des linken Randes der Partei aus dem Umfeld von Alexandria Ocasio-Cortez, Ilhan Omar und Rashida Tlaib setzt, kann es gut sein, dass sie damit den Sieg der Republikaner besiegelt. Oder der Zeitgeist weht weiter gegen den Westen. Wir leben in spannenden Zeiten. 

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