Illustration zweier Elektroautos, wobei das eine europäische und das andere die chinesische Autoindustrie darstellt. Im Hintergrund ist ein Rettungsring zu sehen, der ein Überholverbots-Schild im Inneren hat. Das Bild illustriert ein Dossier zum Thema Verbrenner-Verbot der EU.

Wird das Verbrenner-Verbot überleben?

Wie es sich für ein Drama gehört, hat auch dieses mehrere Akte: Nachdem die Produktion von Textilien, Stahl, Elektronik, Konsumwaren aller Art und zuletzt auch von Photovoltaik nach China abgewandert war, wurde die Autoindustrie zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige Europas.

Die einst mit weitem Abstand führenden US-Hersteller verloren nach der Jahrtausendwende an Bedeutung, europäische Marken eroberten die Weltmärkte. Besonders die deutschen Premiumhersteller schwangen sich zu Technologieweltmeistern und Exportkaisern auf.

2015 kam dann mit dem Dieselskandal der Super-GAU für die erfolgsverwöhnten Hersteller; vor allem den VW-Konzern traf es schwer. Öko-Lobbys und ähnlich gesinnte Politiker nutzten die Gunst der Stunde und setzten ein Verbrenner-Verbot ab 2035 durch, das in seinen Details weitaus strikter ist als die Maßnahmen der großen Konkurrenten in Japan, China und den USA.

In Europa wurde die Entwicklung neuer Verbrennermodelle weitgehend eingestellt. Alle konzentrierten sich auf E-Mobilität. Trotzdem gelang es in den vergangenen Jahren nicht, den Technologievorsprung von Tesla und den chinesischen Herstellern auf dem Gebiet der Batterietechnik und Software aufzuholen. Der unerfreuliche Status quo: Im traditionellen Sektor ist die einstige Technologieführerschaft gefährdet. Der Elektromobilität gehört die Zukunft, da sind sich so gut wie alle Experten einig. Deutlich in Frage gestellt wird inzwischen aber das Tempo des Wandels.

Der große Konkurrent China ging anders vor und ließ sich alle Türen offen. Zwar wird die Elektromobilität in der Volksrepublik stark gefördert, ein Verbrenner-Verbot gilt dort aber erst ab 2060 – 25 Jahre später als in der Europäischen Union.

Rütteln am Verbrenner-Verbot

Langsam beginnen sich in Europa die wirtschaftlichen Folgen abzuzeichnen, in vielen EU-Ländern ist die Stimmung am Kippen. Manfred Weber, Vorsitzender der größten Fraktion im EU-Parlament, geht mit einer Reform des Verbrenner-Verbots in den EU-Wahlkampf.

Nebenbei wird es auch höchste Zeit, praktikable Lösungen für das bisher eher vernachlässigte Thema Batterie-Recycling zu finden. Die Verfahren und deren Rentabilität müssen rasch geklärt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass alte E-Autos einfach als „Gebrauchtwagen“ den EU-Raum verlassen, im schlimmsten Fall ohne jede Kontrolle über das Recycling, weiß die Leiterin der F&E-Abteilung der Saubermacher, Astrid Arnberger.

Die fragwürdige Praktik der Afrika-Exporte existiert ja bereits heute. Einige Aspekte der bisher so erfolgreichen Autowirtschaft müssen also neu gedacht werden.

Zwar führt langfristig gesehen an der Elektromobilität kein Weg vorbei, wenn man den Kampf gegen den Klimawandel ernst nimmt. Jedoch sind Elektroautos nur dann umweltfreundlich, wenn der Strom aus erneuerbaren Quellen stammt, sind einige EU-Länder wie Polen und Deutschland noch stark von fossilen Brennstoffen abhängig. Die schnelle Elektrowende hat die Position asiatischer Hersteller gestärkt, die nun globale Marktanteile erobern. Wieso das Verbrenner-Verbot ein fataler Fehler war, weiß Professor an der TU Wien, Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik, Bernhard Geringer.

Dass die europäische Autoindustrie vor großen Herausforderungen steht, bestätigt auch Jürgen Pieper, freier Analyst mit Schwerpunkten Automobil- und Transportindustrie. Trotzdem sei die Umstellung auf Elektromobilität eher als langfristiger Prozess zu sehen, der somit auch Chancen zur Anpassung biete. Denn trotz guter aktueller Gewinne der großen Autokonzerne liegt der E-Auto-Anteil unter zehn Prozent. Zudem hängt die Zukunft der EU-Autoindustrie nicht nur von Antriebssystemen, sondern auch vom jeweiligen Markenwert ab.

Auch WIFO-Chef Gabriel Felbermayr bezweifelt, dass das Verbrenner-Verbot in seiner heutigen Form halten wird, sieht jedoch durchaus Zukunftschancen für europäische Autohersteller. So werde sich in Deutschland und Österreich die Struktur der Beschäftigung ändern. So werden zwar in der Autoindustrie Arbeitsplätze verloren gehen, andererseits herrscht ein enormer Fachkräftemangel in allen Bereichen, die mit Umbaumaßnahmen für den Klimaschutz zu tun haben. Das gesamte Interview lesen sie hier: