Die Illustration zeigt den österreichischen Adler, der eine Frau und einen Mann mit seinen Krallen kopfüber hält. Aus ihren Taschen fallen dabei Münzen und Geldschiene. Das Bild illustriert ein Dossier über die hohe Steuerlast in Österreich.

Das Steuer-Ungeheuer Österreich

Es ist schon eine seltsame Debatte: Da steht ein Land ganz weit oben auf der Liste der Länder mit den höchsten Steuerbelastungen, doch in den öffentlichen Diskussionen geht es stets darum, den Menschen zusätzliches Geld abzuknöpfen. Darf’s ein bisschen mehr sein? Irgendjemand zahlt ja immer zu wenig, weshalb man die Abgabenschraube bitte noch etwas anziehen möge, tönt es gebetsmühlenartig aus diversen politischen und ökonomischen Kreisen – mit lautem Widerhall in den Medien. Dabei sollte man sich einmal genauer ansehen, was der Staat so alles abzwackt und wofür der Staat die vielen Milliarden verwendet.

Arbeit wird bestraft

Die Fakten sprechen eine klare Sprache: Das Steuersystem ist viel zu kompliziert, ein immer kleiner werdender Kreis von Zahlern wird immer stärker belastet, und die Finanzierung des Sozialsystems bestraft alle, die arbeiten. Das ist zwar kein ganz neuer Befund, allerdings hat die Dringlichkeit des Problems deutlich zugenommen. Der Arbeitskräftemangel könnte durch einen Anstieg der Erwerbstätigkeit ebenso entschärft werden wie die tickende Zeitbombe im Pensionssystem. Wenn man nur wollte. Für mehr Beschäftigung ist eine deutliche Senkung der Lohnsteuer und Sozialbeiträge eine Voraussetzung, denn derzeit werden Menschen bestraft, die Vollzeit arbeiten.

Die Ökonomen Dénes Kucsera und Jan Kluge der Agenda Austria haben sich den Raubzug im Detail angesehen: Rechnet man Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Abzüge zusammen, holt sich der Staat fast die Hälfte der beim Unternehmer anfallenden Kosten. Vom kargen Nettolohn müssen dann Lebensmittel gekauft, die Miete bezahlt und viele andere Aus gaben getätigt werden. Berücksichtigt man die dabei anfallende Umsatzsteuer, steigt der tatsächliche Steuersatz für einen Durchschnittsverdiener schon auf 54 Prozent. Dabei sind die vielen Extras – von Mineralölsteuer über Tabaksteuer bis zur Normverbrauchsabgabe – noch gar nicht berücksichtigt.

Mehrarbeit erst recht

Dass sich Arbeit nicht oder zu wenig lohnt, liegt auch am Sozialsystem. Viele Haushalte, speziell solche in unteren Einkommensschichten, kommen dank diverser staatlicher Zuschüsse ganz gut über die Runden. Mehr zu arbeiten oder überhaupt einen Job anzunehmen zahlt sich vielfach nicht aus, weil Transferzahlungen dann wegfallen würden und höhere Steuersätze greifen. Wie stark diese Falle wirkt, zeigen die Experten Judith Köberl und Franz Prettenthaler anhand zweier Familien. Spoiler: Der deutlich besser verdienende Haushalt steigt unter dem Strich schlechter aus als der mit niedrigerem Bruttoeinkommen. Das ist kein konstruierter Einzelfall, sondern Teil eines Systems, das negative Anreize für Mehrarbeit setzt.

Dabei fragt man sich, wofür all diese Abgaben gebraucht werden. Natürlich wollen wir gute Schulen, Spitäler, Straßen oder Universitäten. Aber haben wir die auch? So lala, könnte man sagen. Klar ist nur: Gemessen an den hohen Kosten sind die staatlichen Leistungen bescheiden. Die Ökonomin Monika Köppl-Turyna analysiert, warum andere Länder besser haushalten.

Pragmaticus-Umfrage: Den Steuerzahlern reicht’s

Doch wie stehen die Österreicher zu den hohen Abgaben? Entgegen der Annahme verteufelt die österreichische Bevölkerung Steuern nicht grundsätzlich, wie die aktuelle Der Pragmaticus-Umfrage ergab: So ist ihnen öffentliche Versorgung etwas wert, und es gibt sogar eine gewisse Bereitschaft, für gewisse Bereiche mehr Abgaben zu zahlen: z.B. auf Tabak oder Alkohol, Flugreisen und sogar auf Fleisch. Doch insgesamt zwackt der Staat einfach viel zu viel ab. Das betrifft vor allem die Löhne: Ganze 84 Prozent wünschen sich eine Reduktion der Abgabenlast.

Man sieht, Österreich ist ein teures Pflaster – vor allem für Menschen, die einen Job haben. In kaum einem anderen Land wird Arbeit so hoch besteuert wie bei uns. Schon Niedrigverdienern greift der Staat tief in die Brieftasche. Aber es gibt auch Lösungen.

Eine solche Lösung sieht der Ökonom Jan Kluge in einer Ausgabenbremse, wie sie Schweden in den 1990ern eingeführt hat. Im Unterschied zur deutschen Schuldenbremse verhindert diese nämlich auch eine Erhöhung der Einnahmen oder die Aufnahme neuer Schulden, weil dies das Budget für Ausgaben nicht vergrößern würde. Mehr dazu hat Jan Kluge im Podcast erläutert.

Unser Newsletter

Zum Magazin-Abo

Fakten gibt’s jetzt im Abo.

10 Mal im Jahr unabhängige Expertise, bequem in Ihrem Briefkasten. Die großen Fragen unserer Zeit, beantwortet von führenden Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.

Jetzt abonnieren