Kehren Masern und Polio zurück?

Im Schatten der Corona-Pandemie bahnen sich neue Desaster an: Die Impfraten bei alten Infektionskrankheiten sinken.

Illustration von einem Arzt und einer Ärztin, die eine Spritze tragen
Unter der Pandemie leiden die Impfraten gegen andere Krankheiten, etwa gegen Diphterie, Masern oder Polio. © Getty Images
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Auf den Punkt gebracht

  • Fehlender Schutz. Wegen der Pandemie erhalten weniger Kinder Routineimpfungen – zum ersten Mal seit zwanzig Jahren sinkt die Impfrate.
  • Gravierende Folgen. Diese Nebenwirkungen der Pandemie könnten schlimmer sein als die Pandemie selbst, warnt die WHO.
  • Eine Erfolgsgeschichte. Impfprogramme retteten Millionen von Menschenleben und trugen dazu bei, tödliche Krankheiten in vielen Regionen der Welt ganz auszurotten.
  • Problemkind Masern. Vor allem die Zahl der Masernfälle steigt rapide. 2019 gab es weltweit die höchste Zahl an Infektionen seit 23 Jahren.

Impfungen haben in den vergangenen vierzig Jahren einen Siegeszug hingelegt: Hatten 1980 nur zwanzig Prozent der Kinder weltweit Zugang zu Impfungen, sind es heute, etwa bei Diphterie, Tetanus und Keuchhusten, 87 Prozent. Die Impfkampagne gegen Covid-19 sorgt nun aber dafür, dass die Durchimpfungsraten bei anderen lebensbedrohliche Krankheiten auf das Niveau der 1990er-Jahre zurückfallen. Zum einen, weil nicht genug Impfstoff produziert und geliefert werden kann und zum anderen, weil die medizinische Grundversorgung in der Pandemie leidet. Hochansteckende Krankheiten wie Masern und Polio verbreiten sich wieder und stecken mehr Menschen an. 

„Das vermeidbare Leid und der Tod von Kindern, die Routine-Impfungen nicht erhalten, könnte viel schlimmer sein als jenes von Covid-19 selbst“, warnt Tedros Adhanom Ghebreyesus, Chef der Weltgesundheitsorganisation WHO. Vorläufige Daten der WHO sowie jene des Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) zeigen bereits einen Rückgang der Immunisierung infolge der Covid-19-Krise bei der sogenannten DTP3-Impfung. Die Kombinationsimpfung immunisiert gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten gleichzeitig und gilt als Schlüsselindikator für den Zugang zu Routineimpfungen weltweit. 

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Zahlen & Fakten

Die Kombinationsimpfung DTP3 ist eine von insgesamt fünf Impfungen, die mindestens 85 Prozent der Einjährigen weltweit erhalten: 

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Zahlen & Fakten

Wie groß war der Fortschritt bei diesen Krankheiten in den vergangenen vier Jahrzehnten? Wie erfolgreich waren Kampagnen zur Immunisierung in einzelnen Weltregion? Schlugen sich die Erfolge in geringeren Sterberaten nieder? Dieser Überblick fasst die fünf erfolgreichsten Impfungen zusammen.  

1. Diphtherie, Tetanus, Pertussis (Keuchhusten)

Diphtherie: Bakterien befallen die Schleimhäute von Mund, Rachen und Kehlkopf und produzieren dabei ein Gift. Dieses wird über die Blutbahn im ganzen Körper verteilt und kann auch andere Organe schädigen. Bei einem schweren Verlauf kommt es zu Atemnot, Herz-Kreislauf-Störungen, Lähmungen und Nierenschädigungen. Jeder fünfte Fall endet tödlich. 

Tetanus: Wundstarrkrampf entsteht durch eine Infektion mit Tetanus-Bakterien aufgrund einer Verletzung. Ein typisches Symptom sind Spasmen im Gesicht, die zu einem Gesichtsausdruck führen, der einem fixierten Lächeln ähnelt; der Mund kann nicht vollständig geöffnet werden. Außerdem kann es zu plötzlichen schmerzhaften Krämpfen bei ganzen Muskelgruppen kommen. Todesursachen bei Tetanus sind vor allem respiratorische Insuffizienz und Komplikationen an den Herzgefäßen. Bei einer modernen Intensivtherapie liegt die Sterblichkeit bei zehn bis zwanzig Prozent – sonst ist sie erheblich höher. Kinder unter fünf Jahren sind am häufigsten von der Krankheit betroffen. 

Pertussis (Keuchhusten): Keuchhusten gilt als hochansteckend und ist besonders für Säuglinge gefährlich. Die Hustenattacken können in Atemstillstände übergehen. Auch Lungenentzündungen sind eine häufige Komplikation. Ein hoher Anteil aller Krankenhaus­behandlungen und fast alle Todesfälle betreffen junge, ungeimpfte Säuglinge unter sechs Monaten. Keuchhusten kann mehrere Wochen bis Monate andauern, eine Therapie ist nur zu Beginn der Krankheit möglich. Übertragen wird die Krankheit über Tröpfchen bei engem Kontakt mit einer infektiösen Person durch Husten, Niesen oder Sprechen. 

Gegen alle drei Krankheiten gibt es eine gemeinsame wirksame Impfung – DTP3. Im Jahr 2019 hatten rund 185 Länder eine Durchimpfungsrate von 85 Prozent. Vor allem in Südostasien gab es den vergangenen vier Jahrzehnten große Fortschritte: 1980 waren lediglich sechs Prozent der Einjährigen immunisiert, nun sind es über 85 Prozent. Damit einher ging ein drastischer Rückgang der Todesfälle weltweit: 

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Zahlen & Fakten

Allerdings gibt es selbst in Europa ein Land, das bei der Immunisierung vor kurzem schlagartig zurückfiel: die Ukraine. Nicht zuletzt bedingt durch den militärischen Konflikt mit Russland im Jahr 2014 fiel der Anteil geimpfter Kleinkinder auf 19 Prozent zurück. Verantwortlich dafür waren die schlechte Versorgung mit den drei Impfdosen, Korruption im Gesundheitssystem und Misstrauen gegenüber Impfungen im Allgemeinen. Mittlerweile erhalten wieder vier von fünf Kindern (Impfrate 2019: 80 Prozent) alle drei Impfdosen.  

2. Tuberkulose

Bacille Calmette-Guérin (BCG) ist die einzige Impfung, die zur Bekämpfung von Tuberkulose zugelassen ist – und sie ist seit 1921 im Einsatz. Der Impfstoff wurde in den einhundert Jahren über vier Milliarden Menschen verabreicht. Dennoch stellt die Tuberkulose eine der größten Bedrohungen für die Gesundheit von Millionen Menschen dar: Rund ein Drittel der Weltbevölkerung soll Schätzungen zufolge mit dem Mycobacterium tuberculosis infiziert sein. Jährlich treten 10,4 Millionen neue Fälle auf. Aber nur etwa fünf bis zehn Prozent der Infizierten erkranken im Laufe ihres Lebens tatsächlich. Betroffen sind besonders Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder mit genetisch bedingter Anfälligkeit. Die Übertragung erfolgt üblicherweise durch Tröpfcheninfektion. Rund 1,1 Millionen Menschen starben 2019 an der Erkrankung. Tuberkulose gilt damit als die tödlichste Infektionskrankheit weltweit.

Bestimmte Formen der Tuberkulose sind resistent gegen die Behandlung – das macht es schwierig und kostenintensiv, sie zu bekämpfen. Selbst in einem optimalen Umfeld, wo Impfstoff, Diagnostik und Antibiotika verfügbar sind, liegt der Rückgang der Erkrankungen bei lediglich fünf Prozent pro Jahr. Im weltweiten Durchschnitt ist ein Minus von 1,5 Prozent pro Jahr zu beobachten. Das von der WHO ausgerufene Ziel, die Erkrankungsrate bis 2030 auf 20 Fälle je 100.000 Einwohner zu reduzieren, ist mit dieser Rate nicht zu erreichen.

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Zahlen & Fakten

Weil die Tuberkulose zu langsam zurückgedrängt wird, forschen Wissenschaftler an neuen Werkzeugen, um sie zu bekämpfen: Ihre größte Hoffnung liegt in einer effektiven Impfung für Erwachsene. Denn während die aktuelle Impfung Kinder gut schützt, ist unklar, wie lang die Immunisierung bei Erwachsenen anhält. Ein zusätzliches Problem ist, dass die BCG-Impfung nicht gegen Lungentuberkulose wirkt. Zudem kann die Impfung die weitere Verbreitung nicht verhindern: Sie schützt nämlich nicht vor der Infektion selbst. Wer geimpft ist und sich infiziert, wird zwar nicht krank, kann die Krankheit aber weiterhin verbreiten. Im besten Fall könnte die neu entwickelte Impfung auch die Verbreitung unterbinden und die mehr als einhundert Jahre alte BCG-Impfung ablösen.  

3. Poliomyelitis (Kinderlähmung)

Fieber, Übelkeit, Kopf- und Gliederschmerzen – so beginnt es. Die schlimmsten Fälle enden am Beatmungsgerät mit einer Atemlähmung und am Beatmungsgerät. Poliomyelitis, auch bekannt als Kinderlähmung, ist eine hochinfektiöse Viruserkrankung. Sie wird durch Verunreinigungen mit Fäkalien übertragen und verläuft bei 95 Prozent der Infizierten unbemerkt und asymptomatisch. Kommt es jedoch zu einem Ausbruch, reichen die Symptome von schweren Rücken- und Muskelschmerzen bis hin zur Lähmung der Gliedmaßen und des Zwerchfells. Ist das Zwerchfell gelähmt, kann der Erkrankte nicht mehr selbstständig atmen. Die Krankheit tritt vor allem, aber nicht nur, im Kindesalter auf.

Eine Impfung gegen die Krankheit gibt es seit 1955. Die WHO schätzt, dass rund 86 Prozent der Unter-Einjährigen weltweit gegen Kinderlähmung geimpft sind. Es gibt eine Injektionsimpfung (IPV) und eine oral verabreichte Schluckimpfung (OPV). Die Injektionsimpfung enthält inaktivierte, also abgetötete, Stämme der drei Typen von Poliovirus, die es gibt. Durch die Impfung werden somit Antikörper gegen alle drei Typen gebildet. Im Falle einer Infektion verhindern die Antikörper die Ausbreitung des Virus auf das zentrale Nervensystem und schützen vor Lähmung. Die IPV verhindert aber nicht die Übertragung des Virus.

Die orale Impfung (OPV) besteht aus aktiven, abgeschwächten Poliovirus-Stämmen von mindestens einem der drei Typen. Diese Schluckimpfung war für den weltweiten Erfolg gegen Polio essenziell, weil ihre Verabreichung kein geschultes Gesundheitspersonal erfordert. Über die Jahrzehnte schrumpfte die Zahl der schweren Fälle um 99 Prozent. 

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Zahlen & Fakten

Trotz ihres Erfolges wird der Einsatz der oral verabreichten Polio-Impfstoffe seit 2016 schrittweise beendet. Die OPV hat im Vergleich zu den injizierten Impfstoffen zwei Nachteile: 

  • In extrem seltenen Fällen (etwa ein Fall pro 2,7 Millionen Dosen des Impfstoffs) kann das abgeschwächte Virus im Impfstoff zu einer Lähmung führen. Man vermutet, dass diese Polio-Fälle durch eine Immunschwäche ausgelöst werden. Es ist ein Impf-Risiko, das von Gesundheitsbehörden in Kauf genommen wird, denn ohne die Schluckimpfung gäbe es jährlich Tausende Kinder mit Lähmungen. 
  • In seltenen Fällen mutiert das Virus im Impfstoff und zirkuliert dann in der neuen Form in der Bevölkerung. Seit 2000 gab es bei zehn Milliarden Impfdosen 24 solcher Mutationen. Sie zogen rund 760 Polio-Erkrankungen nach sich. Sie traten dort auf, wo die Durchimpfungsrate generell niedrig war.  

Während wohlhabendere Länder bereits in den 1950er-Jahren mit Impfkampagnen starteten und die Krankheit früh ausrotten konnten, kam es in Entwicklungsländern noch in den 1980er-Jahren zu größeren Polio-Ausbrüchen. Polio wütete damals noch in 125 Ländern. 1988 reagierte die WHO mit einer weltweiten Kampagne zur Bekämpfung der Kinderlähmung. Die „Global Polio Eradication Initiative" ist heute noch die größte weltweite Impfkampagne und konnte nach eigenen Angaben 16 Millionen Fälle von paralytischer Polio verhindern: Der amerikanische Kontinent gilt seit 1994 als poliofrei. 2000 wurde das Virus im westpazifischen Raum ebenso für ausgerottet erklärt, in Europa war es 2002 soweit. In Österreich wurden zuletzt 1980 Polio-Wildviren entdeckt. Heute sind Afghanistan und Pakistan die beiden letzten Staaten, in denen es noch zu Polio-Ausbrüchen kommt.

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Zahlen & Fakten

Polio ist also noch nicht besiegt. Als Enterovirus, das von infizierten Personen im Stuhl ausgeschieden wird, kann es sich sehr leicht verbreiten. Viele Personen, die sich infizieren, sind nicht klinisch krank, sodass sie ungehindert reisen können. Würden die Impfprogramme beendet, bevor die Erkrankung tatsächlich ausgerottet ist, gäbe es innerhalb weniger Jahre eine ungeschützte Bevölkerungsgruppe. Diese könnte für eine rasche Verbreitung sorgen, wenn der Erreger eingeschleppt wird.

Die „Global Polio Eradication Initiative“ konzentriert sich deshalb heute darauf, Polio vollständig auszurotten – obwohl dies mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden ist. Für das Monitoring des Virus in Pakistan und Afghanistan und für Impfkampagnen vor Ort hat die Initiative zwischen 2013 und 2018 sieben Milliarden Dollar ausgegeben. Das Kalkül dahinter: Die Krankheit auszurotten, verursacht zwar kurzfristig höhere Kosten, aber eine Kontrolle der Krankheit wäre langfristig teurer. 

4. Hepatitis B 

Geschätzte zwei Milliarden Menschen weltweit sind mit dem Virus HBV infiziert. Dieses Virus ist der Verursacher von Hepatitis B, einer viralen Infektion, bei der die Leber angegriffen wird. Die Krankheit beginnt mit Gliederschmerzen, Fieber, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen. Danach kommt es zur Gelbsucht. Die typischen Anzeichen dafür (Verfärbung der Augen, dunkler Harn) fehlen aber bei jedem dritten Erkrankten – so kann die Krankheit unbemerkt bleiben. Bei jedem zehnten erkrankten Menschen kommt es zu einer dauerhaften Erkrankung und bei jedem vierten davon später zu Leberzirrhose oder zu Leberkrebs.

Die WHO geht davon aus, dass rund 257 Millionen Menschen weltweit mit einer chronischen Hepatitis-Erkrankung leben. Je früher man sich mit Hepatitis B infiziert, desto größer ist das Risiko eines chronischen Verlaufs. Steckt sich etwa ein Säugling mit Hepatitis B an, entwickelt sich in neun von zehn Fällen eine dauerhafte Erkrankung. Der Erreger kann während der Geburt von der Mutter auf das Kind übertragen werden, weitere Übertragungswege sind ungeschützte Sexualkontakte, der Gebrauch infizierter Nadeln beziehungsweise ganz allgemein Blut und Körperflüssigkeiten. 

Eine Impfung gegen Hepatitis B schützt zu 95 Prozent vor einer Erkrankung und gilt damit als sehr effektiv. Ende 2014 war in rund 184 Ländern eine Immunisierung gegen Hepatitis B im Impfplan für Kinder vorgesehen. Noch 1992, als das erste Mal im Rahmen einer WHO-Versammlung die Hepatitis-B-Impfung empfohlen wurde, waren es lediglich 31 Länder gewesen. 1982 waren die ersten wirksamen und sicheren Impfungen auf den Markt gekommen. 

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Zahlen & Fakten

Während weltweit 85 Prozent der Kleinkinder bis zu ihrem ersten Geburtstag drei Impfdosen erhalten haben, liegt die Abdeckung bei Neugeborenen bei 39 Prozent. Wissenschaftler schätzen, dass rund 84 Prozent der mit Hepatitis-B verbundenen Todesfälle vermieden werden könnten, wenn neun von zehn Neugeborenen unmittelbar eine Impfdosis erhalten würden. Jährlich sterben nach WHO-Berechnungen rund 554.000 Menschen an mit der Krankheit verbundenen Folgen. 

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Zahlen & Fakten

Bei Hepatitis B gehen die Todesfälle im Vergleich zu anderen Krankheiten langsamer zurück. Das liegt daran, dass zwischen der Infektion mit dem Virus als Kleinkind – zu Zeiten, als es noch keine umfassenden Impfprogramme gab – und der Diagnose Leberkrebs Jahrzehnte vergehen. Bei unter Zehnjährigen ist nun ein deutlicher Rückgang der mit Hepatitis B verbundenen Krankheiten zu beobachten. 

5. Masern

Masern sind eine der ansteckendsten Krankheiten der Menschheit: Selbst bei kurzem Kontakt mit dem Virus kommt es bei ungeschützten Personen zu einer Übertragung. Die Krankheit beginnt mit Fieber, Schnupfen, Husten und weißen Flecken auf der Mundschleimhaut. Die bräunlich-rosafarbenen Flecken folgen bis zu vier Tage nach den ersten Symptomen. Nach einer Woche sinkt das Fieber der Patienten. Danach sind Erkrankte ihr Leben lang immun. Nach Angaben der WHO liegt die Sterblichkeitsrate bei Masern in entwickelten Ländern zwischen 0,01 und 0,1 Prozent. In Ländern mit verbreiteter Mangelernährung, starkem Vorkommen anderer Infektionskrankheiten und bei Personen mit Immunschwäche kann sie höher sein. 2019 starben nach den Erhebungen des „Global Burden of Disease“ rund 90.000 Menschen an Masern ­­– vor allem Kinder. 

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Zahlen & Fakten

Vor Einführung der Impfung gegen Masern zu Beginn der 1960er Jahre wurden Masernepidemien alle zwei bis drei Jahre beobachtet. Jährlich traten weltweit geschätzt zwei bis drei Millionen masernbedingte Todesfälle auf. Schätzungen ergaben, dass zwischen 2000 und 2017 weltweit rund 21 Millionen Todesfälle durch Impfungen gegen Masern verhindert werden konnten. 

Masern ist eine der wenigen durch Impfschutz vermeidbaren Krankheiten, bei der weltweit ein Anstieg der Erkrankungsfälle zu beklagen ist. 2019 ist das Jahr mit der höchsten Zahl an Infektionen seit 23 Jahren. Dieser Anstieg zeigt sich weltweit. 

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Zahlen & Fakten

Ursächlich für den Anstieg bei den Masernfällen sind eine mangelnde Abdeckung mit der notwendigen zweiten Dosis der Impfung genauso wie die Tatsache, dass es immer mehr Menschen gibt, die eine Impfung ablehnen. Dabei wären Masern durch eine Impfung ebenso wie Polio zu besiegen. Masern sind "ausrottbar". Die prinzipielle Ausrottbarkeit einer Erkrankung wird durch die „International Task Force for Disease Eradication (ITFDE)“ festgestellt, für die Einstufung ist relevant, ob es effektive Impfungen oder andere Behandlungsmethoden gibt und ob ausreichend politische oder finanzielle Unterstützung für die Ausrottung zur Verfügung steht. Bis dato gelang eine vollständige Ausrottung erst bei zwei Krankheiten: Pocken und die Rinderpest (die nicht den Menschen befiel).

Die WHO geht davon aus, dass die Masern realiter derzeit nur in einzelnen Weltregionen ausgerottet werden können. Um Masernepidemien zu verhindern, müssten in jeder Region mehr als 95 Prozent der Bevölkerung sowohl die erste als auch die zweite Impfdosis erhalten. Erst dann wäre Herdenimmunität gegeben. Allerdings stagniert die Abdeckung für die erste Dosis weltweit bei 85 Prozent, für die zweite Dosis bei 71 Prozent.

Die Vorzeichen für eine Verbesserung der Situation stehen schlecht: Wegen der Covid-19-Pandemie wurden in rund 26 Staaten die Kampagnen zur Immunisierung gestoppt. 94 Millionen Menschen können deshalb nicht geimpft werden, schätzt die WHO.„Bevor wir eine Coronakrise hatten, hatten wir eine Masern-Krise", sagte Henrietta Fore, Direktorin des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF). Diese Krise wurde nicht überwunden. Nur verdrängt.

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Conclusio

Durch die Corona-Pandemie sinken die Durchimpfungsraten bei Standardimpfungen – und das könnte gravierende Konsequenzen haben. Wird diese Entwicklung nicht gestoppt, könnten auch vermeintlich fast ausgestorbene Krankheiten ein Comeback feiern. Das Ziel von Impfungen ist jeweils die so genannte Herdenimmunität: Sie bedeutet, dass so viele Menschen immunisiert sind, dass sich die Krankheit nicht weiter ausbreiten kann. Dieses Ziel wurde noch nicht bei allen Krankheiten erreicht.