Das ewige Duell: Iran gegen Israel
Die Gefahr eines Atomkriegs im Nahen Osten steigt rapide. Aber selbst wenn der Iran eine Atombombe baut, bleibt klar, wer David und wer Goliath in der Region ist.
Auf den Punkt gebracht
- Gefährliches Patt. Der Streit zwischen Israel und dem Iran dauert schon 43 Jahre. Eine nukleare Eskalation wird mit jedem Tag, an dem der Iran aufrüstet, realer.
- Blutige Stellvertreterkriege. Schon in Palästina, dem Libanon oder Syrien unterstützte der Iran terroristische Akteure, um Israel zu schwächen.
- Ultimativer Kulturkampf. Dem Iran geht es um die Vorherrschaft der schiitischen Vorstellung des Islam und um eine Herausforderung der westlichen Werteordnung.
- Menetekel Ukraine. Womöglich hätte Russland die Ukraine nicht angegriffen, hätte sie über Atomwaffen verfügt. Das bestärkt den Iran in seinen Atomwaffen-Plänen.
Das Verhältnis zwischen Israel und dem Iran ist ein dauerhaft schwelender, weitgehend einseitig getriebener Konflikt eines fanatischen Regimes. Der ultimative Ausbruch wurde bisher nur durch die Tatsache verhindert, dass die beiden Länder über keine gemeinsame Grenze verfügen und etwa 2.000 Kilometer Luftlinie zwischen Jerusalem und Teheran liegen.
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Die 1979 im Rahmen einer Revolution gegen den Schah an die Macht gekommenen Ajatollahs weigern sich, die Legitimität Israels anzuerkennen. Mit dem Ziel, den Staat zu schwächen, bewaffnete der Iran im Libanon die Hisbollah und unterstützte sie finanziell; auch im Rahmen des syrischen Bürgerkriegs wurden schiitische Milizen zusammengestellt, die als Basis für den Terror gegen Israel dienen sollten. Im Gegenzug führt Israel verdeckte und offene Operationen durch, um Angriffe zu vereiteln und zu verhindern, dass die vom Iran über Syrien verschickten Präzisionsraketen die Hisbollah erreichen und so zum Einsatz kommen können.
Staatsziel des Iran ist die Vernichtung Israels
Zudem konnte Israel seine Beziehungen mit anderen Nachbarn in der Region in den letzten zwei Jahren dramatisch verbessern. Das Abraham-Abkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain ist in seiner Bedeutung kaum zu unterschätzen. Diese Länder sind wiederum nicht die größten Freunde des Iran...
In der iranischen Propaganda gilt das Ende des jüdischen Staates als Zwischenschritt zum größeren Kampf zwischen dem schiitischen Islam und dem imperialistischen Westen und dessen demokratischer und materiellen Kultur. In seiner Beschützerrolle gelten die USA als Hindernis auf dem Weg des Irans zur regionalen Hegemonie. Naturgemäß stößt diese Phantasie auf Widerstand. Die internationale Gemeinschaft versucht seit Jahrzehnten, den Aufstieg des Iran zur Atommacht zu verhindern oder wenigstens so effektiv wie möglich zu bremsen. Israel werden Hunderte von Operationen inklusive ausgeklügelter Cyberkriegsführung zugeschrieben, die auf nukleare Infrastrukturen im Iran abzielen.
Zahlen & Fakten
Kräftemessen im Nahen Osten: Iran gegen Israel
Quellen: Atomic Archive, Global Firepower Index 2023
Nah an der Bombe: Iran gegen Isreal
So weit, so bekannt. In den letzten Wochen und Monaten passierte allerdings eine gefährliche Zuspitzung. Laut der Internationalen Atomenergie-Organisation soll der Iran nun über 33 Kilo hochangereichertes Uran mit bis zu 60 Prozent Reinheitsgrad verfügen. Ein US-Spitzendiplomat sprach davon, dass nur noch „eine Handvoll Wochen“ vergehen würden, bis genügend Material für den Bau einer Bombe vorhanden wären. Falls es soweit kommt, bleibt zu hoffen, dass das Ajatollah-Regime nach dem fragwürdigen Vorbild Nordkoreas die Bombe nur als politische Waffe und Druckmittel einsetzen will – und von ihrem tatsächlichen Einsatz Abstand nimmt.
Der Krieg in der Ukraine wird wahrscheinlich dazu führen, dass der Iran noch hartnäckiger als bisher seine Ziele verfolgt, während Washington sich mehr denn je wünschen wird, den Nahen Osten und seine Probleme endlich hinter sich lassen zu können. Der Ausgang dieses geopolitischen Machtpokers wird uns noch lange beschäftigen und bleibt vorerst höchst ungewiss.
Conclusio
Der seit Jahrzehnten schwelenden Spannungen im Nahen Osten laufen immer klarer auf die Konfrontation der beiden militärischen Machtblöcke Israel und Iran hinaus. Dabei zielt der radikal-religiöse Iran auf die Vernichtung Israels – als Zwischenschritt zur Herausforderung der westlichen Welt generell. Laut hochrangigen Diplomaten steht Teheran unmittelbar vor der technischen Machbarkeit einer funktionierenden Kernwaffe. Nach dem Angriff Russlands auf die Atomwaffen-freie Ukraine stehen die Zeichen noch stärker auf Sturm. Künftig wird es neben den Atom-Gesprächen mit dem Iran in Wien auch eine internationale Vermittlung im Konfliktfeld zwischen Jerusalem und Teheran brauchen, um die Lage nachhaltig zu entschärfen.