Abenteuer Gasthaus

Zutritt mit Code, Speisen in der Fabrik, Exklusivität hinter Graffiti: Diese 18 Restaurants und Bars zeigen, wie die moderne Gastronomie den Krisen trotzt.

In der ehemaligen Siefenfabrikshalle reihen sich lange festlich gedeckte Tafeln unter Rohren und Stahlträgern. Eine Gruppe diniert und bestaunt eine Akrobatin, die kunstvoll in der Luft an einem Seil turnt.
Dinner and a Show: In der Seifenfabrik Dr. Thompson's in Düsseldorf. © Eugen Shkolnikov

Die gute Nachricht zuerst: Das klassische Wirtshaus gehört nicht zu den gefährdeten Arten. Allerdings sind die Betreiber gefordert, ihr Angebot auf der Höhe der Zeit zu halten. Dazu gehören eine moderne Atmosphäre genauso wie vegane Angebote und glaubwürdig beworbene Regionalität und Nachhaltigkeit. Einige moderne Gastronomen tun noch mehr: Ihre Ideen gehen weit über gutes Essen (oder Cocktails) hinaus. 18 Beispiele aus Deutschland und Österreich.

1. Der Nobelheurige: LeBüsch

Gastgarten des Nobel-Heurigen le Büsch mit Pölstern, Tischen und Lampions.
Gastgarten des Linzer Nobel-Heurigen LeBüsch. © le Büsch

Heinz Hanner galt über viele Jahre als einer der besten Köche des Landes, bis geschäftlich einiges schief ging. Nun feiert er mit einem interessanten Konzept ein Comeback. Das „LeBüsch“ in Linz hebt den altbekannten Buschenschank oder Heurigen auf eine völlig neue, unbedingt luxuriöse Stufe. Im Gegensatz zu den schlichten Wurzeln ist das Ambiente freundlich und hell, die Speisekarte raffinierter als in diesem Metier üblich.

2. Die Restaurant-Club-Bar: Enter the Dragon

Der Asiate Enter the Dragon: unter rosa Laminions und Plastikblumen erstreckt sich aufgeschnittener Holzstamm als Loungetisch. Eine Frau wird von zwei Kellnern mit Drinks versorgt.
Essen, Singen, Tanzen: Enter the Dragon in München. © Enter the Dragons

Beim Münchner ­Asiaten „Enter the Dragon“ kann man gut essen – und noch vieles mehr. Wenn das Restaurant schließt, verwandelt sich das Lokal in einen Nachtklub, dazu gibt es eine Sonnenterrasse, eine Karaoke-Bar, einen exklusiven Speakeasy-Bereich und einen Schnellimbiss.

3. Die Fusionierer: Mochi

Ansicht des Mochi-Shops o.m.k: ein elegantes Holzregal mit Delikatessen und Zutaten der japanischen Küche. gegenüber Lehnt ein Mitarbeiter mit Schürze.
Das Mochi, hier o.m.k 1010 im ersten Bezirk in Wien (o.m.k. steht für Omochikaeri, take away), bietet Zutaten und Imbisse für die japanische Fusion-Küche. © Mochi

Japanische Fusionsküche („asiatisch divers“), dazu ein sehr schickes Interieur: Das „Mochi“ gibt es im ersten und im zweiten Bezirk von Wien und beide treffen den Zeitgeist punktgenau. Neben dem Restaurant gibt es auch noch einen Laden und fantasievoll gestalteten Webshop. Im Angebot sind hier alle Zutaten, die fürs Mochi-Feeling gebraucht werden.

4. Die Vereinsmeier: Stadtflucht Bergmühle

Garten der Stadtflucht Bergmühle: Auf einem Rasen stehen zwei lange festlich gedeckte Tafeln, die Sessel sind einen kunterbunte Mischung. Im Hintergrund taucht eine Metallskulptur eines rosa U-Boots scheinbar aus dem Rasen auf.
Im Garten der „Stadtflucht Bergmühle“ im Weinviertel. © Stadtflucht Bergmühle

Wo es kein Gasthaus mehr gibt, könnte die Gemeinde aktiv werden, eine passende Immobilie auf eigene Kosten renovieren und dann zum Nulltarif verpachten. Im Weinviertel versteht sich die „Stadtflucht Bergmühle“ als „Verein für Kochen und Muße im Grünen“, ist also bereits mehr Ausflugsziel als Wirtshaus. Sogar selber garteln können die Gäste hier.

5. Die Überflieger: Ikarus im Hangar 7

Hangar 7 in Salzburg: Im Vordergrund die Carpe Diem Lounge mit Flechtkorb-Sesslen und -Sofas, im Hintergrund hängt von der Hallendecke die Threesixty Bar.
Hangar 7 in Salzburg: Im Vordergrund die Carpe Diem Lounge, im Hintergrund hängt von der Hallendecke die Threesixty Bar. Der Hangar beherbergt zudem das Spitzenlokal Ikarus. © Helge Kirchberger

Ein Pionier der Themenrestaurants war Red Bull-Gründer Dietrich Mateschitz mit dem „Ikarus“ in Salzburg. Es gehört zu den Pionieren unter den Themenrestaurants. Spitzenköche aus aller Welt wechseln sich im Monatsrhythmus ab und präsentieren ihr Menü. Zum erstklassigen Essen bekommen die Gäste – gleichsam als Beilage – die geballte Flug- und Motorsport-Atmosphäre des Hangar 7 serviert, wo weitere Lokale wie die „Carpe Diem Lounge“ und die inmitten der Hallendecke schwebende „Threesixty Bar“.

6. Die Tiefgründigen: Cahoots

Blick in den Gästebereich des Londoner Lokals Cahoots, das in einem alten, roten Waggon der U-Bahn eingerichtet wurde.
In dieser U-Bahn sind Speisen erlaubt: Das Londoner Lokal Cahoots. © Johnny Stephens

Die Londoner Cocktailbar „Cahoots“ in Soho ist in einer aufgelassenen U-Bahn-Station zu finden. Wer hier bei Swing-Klängen Cocktails genießen will sollte reservieren. Alles im Cahoots atmet den Geist des London der 1940er Jahre. Die gesamte Ausstattung wie die U-Bahn-Waggons sind natürlich original.

7. Die Retros: Fitzcarraldo und Plus43

Das Speakeasy Fitzcarraldo: Messing, türkiser Samt und Pflanzen dekorieren den Barraum.
Streng geheim: Fitzcarraldo in Wien. © Adrian Almasan

In so genannten Speakeasys wurde bekanntermaßen das Alkoholverbot in den USA während der Prohibitionszeit (1920 bis 1933) umgangen. Die Lokale waren versteckt, die Gäste mussten für den Eintritt ein Passwort kennen. Heute gibt es Speakeasys wie das „Fitzcarraldo“ und das „Plus43“ in Wien um der geheimnisvollen Atmosphäre willen, die Exklusivität ist geblieben.

Der Innenraum des Speakeasy Plus43: Marmorbar, indirektes Licht von der Gewölbedecke und ein halbrunder Spiegel hinter den Spirituosen der Bar.
Die versteckte Bar: Um im Plus 43 in der Westbahnstraße in Wien Cocktails genießen zu dürfen, muss man den Türcode kennen. © Maximilian Roeder

8. Die Macher: 100/200

Das Hamburger Spitzenlokal 100/200: Im Zentrum steht die offene Küche aus gebürstetem Edelstahl, sie wird umringt von rustikalen jedoch modernen Holztischen.
Offene Küche im Hamburger Spitzenlokal 100/200. © Rene Flindt

Im Hamburger Luxusrestaurant „100/200“ ist die Küche in das loftartig gestaltete Lokal integriert. Den Gästen bringt das einen interessanten Blick hinter die Kulissen, von der Küchenmannschaft erfordert das Konzept eine extrem disziplinierte Arbeitsweise – umso mehr als Küchenchef Thomas Imbusch zwei Michelin-Sterne erkocht hat.

9. Die Kombinierer: Coucou Food Market

Filiale der Imbisskette Cou Cou Foodmarket: Eine weiße Theke mit französischen Bäckereien fließt nahtlos in eine mit Terracotta verflieste Theke für italienische Pinsa, daneben eine grüne Theke für asiatische Bowls.
Für jeden etwas dabei: eine Filiale der Imbisskette Cou Cou Food Market. © Daniel Schvarcz

Länderspezialitäten liegen voll im Trend und die Münchner Imbisskette „Coucou Food Market“ geht dabei auf Nummer sicher. In den Lokalen werden auf engstem Raum in drei optisch getrennten Bereichen die Produkte eines französischen Cafés, einer Bowl-Küche und einer Pinseria (die Pinsa Romana ist eine Pizza-Variante, die zum Teil erst nach dem Backen belegt wird) angeboten.

10. Die Essensarbeiter: DasProvisorium

In einer schlichten Halle auf Pflastersteinboden sitzen Gäste an gedeckten Tischen im Zürcher Coworkingspace Das Provisorium.
Veranstaltungsort, Büro und Küche in einem: DasProvisorium in Zürich. © Stephan Rappo

Warum nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden? Der Züricher Verein „DasProvisorium“ entstand aus der Idee, die Freude am Kochen mit dem Bedarf an Büroarbeitsplätzen zu verbinden. Aus einer ehemaligen Bäckerei und Konditorei wurde ein Coworking Space, in dem man auch kochen kann.

11. Das Scheingeschäft: 893 Ryotei

Fassade einer ehemaligen Schlecker-Filiale, komplett mit Graffiti beschmiert. Dahinter verbirgt sich der Nobel-Japaner 893 Ryotei, wie eine kleine Neonschrift über dem Eingang verkündet.
Getarter Nobel-Japaner: das 893 Ryotei in Berlin. © John Bauer

Außen herrscht totales Understatement: Hinter der von Graffiti verschmierten Fassade einer ehemaligen Schlecker-Filiale verbirgt sich das „893 Ryotei“, einer der edelsten und teuersten Japaner Berlins. Die Innen­einrichtung des Restaurants ist dafür umso schicker.

Innenraum des japanischen Restaurants 893 Ryotei: schön gedeckte, dunkle Holztische reihen sich neben den grafittibeschmierten Auslagenfenstern der einstigen Schleckerfiliale.
Innenraum des 893 Ryotei in der aufgelassenen Schleckerfiliale. © John Bauer

12. Die Stylisten: Deli Sülz

Außenansicht des Delikatessen-Geschäfts Deli Sülz, in schwarz glänzenden Kacheln gehalten. Davor sitzt einer der Eigentümer auf deinem Lastenrad mit dem Logo des Lokals.
Liefern lassen per Lastenrad: das Deli Sülz in Köln. © Deli Sülz

Unter Delis versteht man in den USA die Kombination aus einem hochwertigen Lebensmittelgeschäft, das auch fertige – meist levantinische – Speisen verkauft und einem Imbiss. Die Macher von „Deli Sülz“ in Köln interpretieren dieses Konzept neu, indem sie ein sehr breit gefächertes Angebot für jede Tageszeit in stylischem Ambiente anbieten.

13. Die Systemiker: Big Mamma Group

Der Innenraum des Coccodrillo ist schräg, opulent und stylisch: dunkler Parkett und Zebra-Teppich kombiniert mit roten Decken und Vorhängen, gepaart mit ausladenden Kugelleuchten, Neonschildern und weißen Schalensesseln.
Das Restaurant Coccodrillo der Kette Big Mama Group beschreibt sich selbst als „sexy Trattoria.“ © Gerome Galland

Die internationale „Big Mamma Group“ betreibt Edel-Italiener nach den Regeln der Systemgastronomie. Die Lokale (unter anderem in London, Paris, München, Madrid, Monaco) sind individuell und aufwendig-schräg gestaltet, dazu wird sehr gute Küche versprochen. Sehr hip derzeit.

14. Essen auf Rädern: DinnerHopping

Ein Kellner mit weißen Hemd, Krawatte und grauer Schürze trägt vier reich beladene Teller an einen kleinen Tisch zu den Gästen. All das geschieht auf engstem Raum in einem umfunktionierten und fahrenden Schulbus.
Höchste Kellnerkunst: Service im fahrenden Bus bei Dinnerhopping. © Dinnerhopping

Bei einem kurzen Städtetrip darf keine Zeit vergeudet werden. In München kann man mit „DinnerHopping“ eine Stadtrundfahrt in einem alten amerikanischen Schulbus machen, während man ein komplettes Menü serviert bekommt. Damit auch es auch in Punkto Nachhaltigkeit passt, wurde der alte Diesel-Motor auf Elektroantrieb umgerüstet.

15. Wie geschmiert: Dr. Thompson’s Seifenfabrik

In der ehemaligen Siefenfabrikshalle reihen sich lange festlich gedeckte Tafeln unter Rohren und Stahlträgern. Eine Gruppe diniert und bestaunt eine Akrobatin, die kunstvoll in der Luft an einem Seil turnt.
Dinner and a Show: In der Seifenfabrik Dr. Thompson's in Düsseldorf. © Eugen Shkolnikov

Es war einmal eine heruntergekommene Fabrik, die kurz vor dem Abriss stand. Mit kreativer Gastro wurde daraus ein hochfrequentierter Lifestyle-Treffpunkt. In „Seifenfabrik Dr. Thompson’s“ gibt es neben klassischer Gastronomie auch Events, Tagungen, Großhochzeiten und Partys.

16. Die Kleinsten: Ernst

Schlichte Eleganz im kleinen Lokal Ernst: Acht Hochstühle reihen sich um die Holztheke.
Klein aber fein: Das Ernst in Berlin. © Staffan Sundström

Das Berliner „Ernst“ bietet nur acht Sitzplätze, dementsprechend schwierig ist es, eine Reservierung zu ergattern. Ist das allerdings geschafft, erwartet den Gast eine Parade vom Besten und Exklusivsten: Das Restaurant gilt als das teuerste der Stadt, es werden 25 und mehr Mikro-Gänge serviert, darunter sehr eigenwillige Kreationen.

17. Die Aufgedrehten: Eatrenalin

Gäste des Eatrenalin sitzen in modernen Loungesessel vor Couchtischen. Wände und Decke ähneln einer Unterwasser-Grotte. Eine Wand wird großflächig mit Unterwasserszenen samt leuchtender Quallen bespielt.
Unterwasser-Dinner: Das Eatrenalin im deutschen Rust. © HaasimStudio.de

In Rust in Baden-­Württemberg geht das „Eatrenalin“ ganz neue Wege: Die Gäste werden während des  Essens in fahrbaren Sesseln durch sechs Räume chauffiert, die verschiedene Traumwelten vermitteln sollen – vom Tiefseeabenteuer bis zum Sonnen­untergang am Strand. Ebenso aufwändig wie das wechselnde Ambiente ist das kulinarische Angebot.

18. Die Elektrischen: Hiro

Im Wiener Sushi-Restaurant Hiro fährt ein Service-Roboter mit Speisen zu den Gästen. Der smarte E-Kellner sieht aus wie ein rollender Tabletthalter mit vier Etagen und einem Screen als Gesicht.
Kellner 2.0 im Hiro in Wien. © Hiro Wien

­Serviceroboter zum Preis eines Kleinwagens befinden sich bereits auf dem Markt. Vorläufig dienen sie aber eher als Gag und weniger zu echter Produktivitätssteigerung. Dieser Hightech-Ober arbeitet im Restaurant „Hiro“ in Wien.

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