Abenteuer Gasthaus
Zutritt mit Code, Speisen in der Fabrik, Exklusivität hinter Graffiti: Diese 18 Restaurants und Bars zeigen, wie die moderne Gastronomie den Krisen trotzt.

Die gute Nachricht zuerst: Das klassische Wirtshaus gehört nicht zu den gefährdeten Arten. Allerdings sind die Betreiber gefordert, ihr Angebot auf der Höhe der Zeit zu halten. Dazu gehören eine moderne Atmosphäre genauso wie vegane Angebote und glaubwürdig beworbene Regionalität und Nachhaltigkeit. Einige moderne Gastronomen tun noch mehr: Ihre Ideen gehen weit über gutes Essen (oder Cocktails) hinaus. 18 Beispiele aus Deutschland und Österreich.
1. Der Nobelheurige: LeBüsch

Heinz Hanner galt über viele Jahre als einer der besten Köche des Landes, bis geschäftlich einiges schief ging. Nun feiert er mit einem interessanten Konzept ein Comeback. Das „LeBüsch“ in Linz hebt den altbekannten Buschenschank oder Heurigen auf eine völlig neue, unbedingt luxuriöse Stufe. Im Gegensatz zu den schlichten Wurzeln ist das Ambiente freundlich und hell, die Speisekarte raffinierter als in diesem Metier üblich.
2. Die Restaurant-Club-Bar: Enter the Dragon

Beim Münchner Asiaten „Enter the Dragon“ kann man gut essen – und noch vieles mehr. Wenn das Restaurant schließt, verwandelt sich das Lokal in einen Nachtklub, dazu gibt es eine Sonnenterrasse, eine Karaoke-Bar, einen exklusiven Speakeasy-Bereich und einen Schnellimbiss.
3. Die Fusionierer: Mochi

Japanische Fusionsküche („asiatisch divers“), dazu ein sehr schickes Interieur: Das „Mochi“ gibt es im ersten und im zweiten Bezirk von Wien und beide treffen den Zeitgeist punktgenau. Neben dem Restaurant gibt es auch noch einen Laden und fantasievoll gestalteten Webshop. Im Angebot sind hier alle Zutaten, die fürs Mochi-Feeling gebraucht werden.
4. Die Vereinsmeier: Stadtflucht Bergmühle

Wo es kein Gasthaus mehr gibt, könnte die Gemeinde aktiv werden, eine passende Immobilie auf eigene Kosten renovieren und dann zum Nulltarif verpachten. Im Weinviertel versteht sich die „Stadtflucht Bergmühle“ als „Verein für Kochen und Muße im Grünen“, ist also bereits mehr Ausflugsziel als Wirtshaus. Sogar selber garteln können die Gäste hier.
5. Die Überflieger: Ikarus im Hangar 7

Ein Pionier der Themenrestaurants war Red Bull-Gründer Dietrich Mateschitz mit dem „Ikarus“ in Salzburg. Es gehört zu den Pionieren unter den Themenrestaurants. Spitzenköche aus aller Welt wechseln sich im Monatsrhythmus ab und präsentieren ihr Menü. Zum erstklassigen Essen bekommen die Gäste – gleichsam als Beilage – die geballte Flug- und Motorsport-Atmosphäre des Hangar 7 serviert, wo weitere Lokale wie die „Carpe Diem Lounge“ und die inmitten der Hallendecke schwebende „Threesixty Bar“.
6. Die Tiefgründigen: Cahoots

Die Londoner Cocktailbar „Cahoots“ in Soho ist in einer aufgelassenen U-Bahn-Station zu finden. Wer hier bei Swing-Klängen Cocktails genießen will sollte reservieren. Alles im Cahoots atmet den Geist des London der 1940er Jahre. Die gesamte Ausstattung wie die U-Bahn-Waggons sind natürlich original.
7. Die Retros: Fitzcarraldo und Plus43

In so genannten Speakeasys wurde bekanntermaßen das Alkoholverbot in den USA während der Prohibitionszeit (1920 bis 1933) umgangen. Die Lokale waren versteckt, die Gäste mussten für den Eintritt ein Passwort kennen. Heute gibt es Speakeasys wie das „Fitzcarraldo“ und das „Plus43“ in Wien um der geheimnisvollen Atmosphäre willen, die Exklusivität ist geblieben.

8. Die Macher: 100/200

Im Hamburger Luxusrestaurant „100/200“ ist die Küche in das loftartig gestaltete Lokal integriert. Den Gästen bringt das einen interessanten Blick hinter die Kulissen, von der Küchenmannschaft erfordert das Konzept eine extrem disziplinierte Arbeitsweise – umso mehr als Küchenchef Thomas Imbusch zwei Michelin-Sterne erkocht hat.
9. Die Kombinierer: Coucou Food Market

Länderspezialitäten liegen voll im Trend und die Münchner Imbisskette „Coucou Food Market“ geht dabei auf Nummer sicher. In den Lokalen werden auf engstem Raum in drei optisch getrennten Bereichen die Produkte eines französischen Cafés, einer Bowl-Küche und einer Pinseria (die Pinsa Romana ist eine Pizza-Variante, die zum Teil erst nach dem Backen belegt wird) angeboten.
10. Die Essensarbeiter: DasProvisorium

Warum nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden? Der Züricher Verein „DasProvisorium“ entstand aus der Idee, die Freude am Kochen mit dem Bedarf an Büroarbeitsplätzen zu verbinden. Aus einer ehemaligen Bäckerei und Konditorei wurde ein Coworking Space, in dem man auch kochen kann.
11. Das Scheingeschäft: 893 Ryotei

Außen herrscht totales Understatement: Hinter der von Graffiti verschmierten Fassade einer ehemaligen Schlecker-Filiale verbirgt sich das „893 Ryotei“, einer der edelsten und teuersten Japaner Berlins. Die Inneneinrichtung des Restaurants ist dafür umso schicker.

12. Die Stylisten: Deli Sülz

Unter Delis versteht man in den USA die Kombination aus einem hochwertigen Lebensmittelgeschäft, das auch fertige – meist levantinische – Speisen verkauft und einem Imbiss. Die Macher von „Deli Sülz“ in Köln interpretieren dieses Konzept neu, indem sie ein sehr breit gefächertes Angebot für jede Tageszeit in stylischem Ambiente anbieten.
13. Die Systemiker: Big Mamma Group

Die internationale „Big Mamma Group“ betreibt Edel-Italiener nach den Regeln der Systemgastronomie. Die Lokale (unter anderem in London, Paris, München, Madrid, Monaco) sind individuell und aufwendig-schräg gestaltet, dazu wird sehr gute Küche versprochen. Sehr hip derzeit.
14. Essen auf Rädern: DinnerHopping

Bei einem kurzen Städtetrip darf keine Zeit vergeudet werden. In München kann man mit „DinnerHopping“ eine Stadtrundfahrt in einem alten amerikanischen Schulbus machen, während man ein komplettes Menü serviert bekommt. Damit auch es auch in Punkto Nachhaltigkeit passt, wurde der alte Diesel-Motor auf Elektroantrieb umgerüstet.
15. Wie geschmiert: Dr. Thompson’s Seifenfabrik

Es war einmal eine heruntergekommene Fabrik, die kurz vor dem Abriss stand. Mit kreativer Gastro wurde daraus ein hochfrequentierter Lifestyle-Treffpunkt. In „Seifenfabrik Dr. Thompson’s“ gibt es neben klassischer Gastronomie auch Events, Tagungen, Großhochzeiten und Partys.
16. Die Kleinsten: Ernst

Das Berliner „Ernst“ bietet nur acht Sitzplätze, dementsprechend schwierig ist es, eine Reservierung zu ergattern. Ist das allerdings geschafft, erwartet den Gast eine Parade vom Besten und Exklusivsten: Das Restaurant gilt als das teuerste der Stadt, es werden 25 und mehr Mikro-Gänge serviert, darunter sehr eigenwillige Kreationen.
17. Die Aufgedrehten: Eatrenalin

In Rust in Baden-Württemberg geht das „Eatrenalin“ ganz neue Wege: Die Gäste werden während des Essens in fahrbaren Sesseln durch sechs Räume chauffiert, die verschiedene Traumwelten vermitteln sollen – vom Tiefseeabenteuer bis zum Sonnenuntergang am Strand. Ebenso aufwändig wie das wechselnde Ambiente ist das kulinarische Angebot.
18. Die Elektrischen: Hiro

Serviceroboter zum Preis eines Kleinwagens befinden sich bereits auf dem Markt. Vorläufig dienen sie aber eher als Gag und weniger zu echter Produktivitätssteigerung. Dieser Hightech-Ober arbeitet im Restaurant „Hiro“ in Wien.
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